Propaganda
ein Argument aufzwingen und ihnen damit auf die Nerven gehen, während sie ganz andere Sorgen haben. Stattdessen bekämen sie in seiner Sendung die Antwort auf ihre spontanen Fragen und Sorgen, die er selbst durch entsprechende Lenkung hervorgerufen hat.
Wie wichtig es ist, die gesamte Weltöffentlichkeit einzukalkulieren, wenn man ein wichtiges Ereignis plant, zeigt sich am geschickten Handeln von Thomas Masaryk, damals Provisorischer Präsident und heute Präsident der Republik Tschechoslowakei.
Die Tschechoslowakei wurde am Montag, dem 28. Oktober 1918 zum freien Staat, und nicht schon am Sonntag, dem 27. Oktober 1918, weil Professor Masaryk sich darüber bewusst war, dass die Völker der Welt an einem Montag weit mehr Informationen über dieses Ereignis zu lesen bekämen und empfänglicher wären für die Nachricht der Staatsgründung als an einem Sonntag – aus dem einfachen Grund, dass montags mehr und umfangreichere Zeitungen erscheinen.
Bevor er seine Entscheidung traf, diskutierte Professor Masaryk mit mir darüber und stellte fest: »Ich würde in den Medien Geschichte machen, wenn ich das Datum der Staatsgründung der Tschechoslowakei auf den Montag verschiebe .« Geschichte wird von den Nachrichtenagenturen geschrieben und der Termin deshalb verschoben. Dieser Fall verdeutlicht sehr gut, welche Bedeutung die moderne Technik für die Propaganda hat.
Man könnte natürlich vermuten, dass zunehmende Kenntnis der Öffentlichkeit über die Mechanismen der Propaganda diese Mechanismen dementsprechend immer weniger wirksam machte. Meiner Meinung nach besteht diese Gefahr jedoch nicht. Die einzige Propaganda, deren Wirkung durch eine klügere Welt schwächer werden wird, ist Propaganda, die unwahr ist oder dem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
Es wird außerdem der Einwand erhoben, Propaganda werde genutzt, um politische Führungspersönlichkeiten künstlich aufzubauen. Dabei steht zur Diskussion, ob es der Anführer ist, der Propaganda macht, oder ob die Propaganda überhaupt erst den Führer macht. Nach weit verbreiteter Überzeugung kann ein guter Presseagent einen Niemand zur Persönlichkeit aufblasen.
Mein Kommentar dazu ist derselbe wie zu der Frage, ob die Zeitungen schreiben, was die Öffentlichkeit denkt, oder ob umgekehrt die Öffentlichkeit denkt, was die Zeitungen schreiben: Um erfolgreich sein zu können, brauchen der Politiker und seine Ideen einen fruchtbaren Nährboden – aber der Führer muss auch die richtige Saat sähen. Um ein anderes Bild zu gebrauchen: Es muss beidseitig Bedarf geben, bevor sich auf einer Seite Wirkung entfalten kann. Propaganda ist dem Politiker nur dann von Nutzen, wenn er auch etwas zu sagen hat, was die Wähler, sei es bewusst oder unbewusst, hören möchten.
Aber selbst wenn man davon ausginge, dass manche Propagandakampagnen nicht ganz ehrlich sind oder mit unwahren Behauptungen operieren, dürfen deshalb nicht die Methoden der Propaganda als solche verdammt werden. Denn Propaganda wird in irgendeiner Form immer zum Einsatz kommen, wenn politische Führer die Unterstützung des Wahlvolks gewinnen müssen.
Durch Propaganda werde die Rolle des Präsidenten der Vereinigten Staaten überhöht und seine Person heroisiert, wenn nicht gar vergöttlicht, ist eine häufig zu hörende Kritik. Dies trifft meiner Ansicht nach zu. Aber wie soll man einen Effekt verhindern, der sich offensichtlich mit einer Sehnsucht weiter Bevölkerungsteile deckt? Das amerikanische Volk hat ein ganz richtiges Gespür dafür, welch herausragende Bedeutung dem Präsidentenamt zukommt. Wenn die Menschen im Präsidenten ein heroisches Symbol dieser Macht sehen, dann ist das kein Fehler der Propaganda, sondern es spiegelt einfach das Verhältnis zwischen Amt und Volk wider.
Der Einsatz von ein bisschen irrationalem Getöse, um einem Mann die für dieses Amt nötige Statur zu verleihen, ist vermutlich immer noch vernünftiger als ein Zustand ohne oder mit falsch eingesetzter Propaganda. Man betrachte nur das Beispiel des Prince of Wales. Bei seinem Amerika-Besuch konnte der junge Mann zwar stapelweise Zeitungsmeldungen verbuchen, aber kaum einen nachhaltigen Erfolg, weil er nämlich schlecht beraten worden war. Für das amerikanische Volk gab er das Bild eines gut gekleideten, charmanten, sportbegeisterten, tanzenden, vielleicht etwas leichtsinnigen Jugendlichen ab. Erst am Ende seines Aufenthalts wurde versucht, seinem Image auch Würde und Prestige zu verleihen. Der Prinz unternahm
Weitere Kostenlose Bücher