Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Nolan
Vom Netzwerk:
er von Gott aufgefordert worden war.
    Die Menge jubelte als Reaktion auf Sebastians langatmigen Bericht von irgendeiner Reise, die er unternommen hatte, und von den wunderbaren Leuten, denen er dabei begegnet war.
    Warum liegt den Menschen so viel an diesem falschen Propheten und seinen Lügen? Warum geben sie ihm ihr Geld?
    Während Sebastian seine Propaganda verbreitete, holte Eddie tief Luft, zog Handschuhe über, beugte sich hinunter und holte den Koffer unter den Sitzen hervor.
    Er ließ die Doppelschlösser aufspringen und öffnete den Koffer.
    Oben auf seiner Plattform sagte Sebastian gerade: »Hier sehen wir einen Mann, der behinderte Kinder in der Krisenregion Mittlerer Osten kostenlos mit medizinischen Hilfsmitteln versorgt. Er will nichts anderes, als das Leiden dieser Kinder zu
lindern, die zu Krüppeln gemacht wurden und Arme und Beine verloren haben.«
    Eddie nahm die einzelnen Waffenteile heraus und fügte sie aneinander – den Schaft mit Kolben und montierter Zieloptik, den Lauf mit seinem Schalldämpfer –, bis das Präzisionsgewehr zusammengebaut war.
    »Es gab mal eine Zeit«, fuhr Sebastian fort, »als ich, der Führer einer religiösen Organisation, euch überredet habe, mir Geld zu spenden, damit ich die Botschaft von Evo-Love weiterverbreiten konnte. Ich schäme mich, es zuzugeben, aber eine ganze Menge von diesem Geld wurde für Luxusgüter für mich und meine Mutter ausgegeben. Aber heute Abend erbitte ich keine Spenden für mich selbst – im Gegenteil, ich bitte euch inständig, euer Geld jemand anderem zu geben.«
    Das Herz hämmerte wie verrückt in Eddies Brust, als er das Magazin füllte und einpasste und dann das Gewehr so leise wie möglich entsicherte. Das metallische Klicken klang furchtbar laut in seinen Ohren, aber niemand auf den Rängen unter ihm schien etwas bemerkt zu haben. So weit, so gut. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, hob das Gewehr und postierte es auf der Brüstung vor sich. Es dauerte einen Moment, bis er sein Ziel erfasst hatte, aber als er Sebastian erst einmal im Fadenkreuz hatte, war klar, dass nur ein Schuss nötig sein würde.
    Etwas bewegte sich am unteren Rand seines Gesichtsfelds und er senkte das Gewehr. Scheiβe! Ein Wachmann schlenderte nur zehn Reihen tiefer vorbei. Eddie nahm das Gewehr vorsichtig herunter und legte es auf den Boden. Dann hörte er ungeduldig zu, wie Sebastian, dessen Podest langsam wieder in die Höhe stieg, von irgendeiner Klinik in Chicago, irgendeinem Typen aus Alabama, einer Lehrerin und Kindern in Asien und so weiter faselte.
    Was für ein überzeugender Betrüger! Es klingt fast, als würde er wirklich glauben, was er da sagt!
    Eddie sah, dass Sebastians sich drehendes Podest erneut den höchsten Stand erreicht hatte, und die Menge einschließlich des Wachmanns, der zehn Reihen unter ihm stehen geblieben war, begann zu jubeln und zu klatschen, während die Musik dröhnte, die Lichter erloschen und rote, grüne, orange, purpurne und blaue Laserstrahlen aufflammten und durch die Dunkelheit der Arena schnitten. Eddie hob das Gewehr auf, postierte es erneut auf der Brüstung, schloss das linke Auge und legte das rechte Auge an das Zielfernrohr.
    Die Laserstrahlen waren eine Ablenkung, aber Eddie ging seit Jahren unter allen möglichen Bedingungen auf die Jagd und war gut geschult.
    Das Fadenkreuz folgte dem Aufstieg der sich drehenden, weiß gekleideten Gestalt.
    Und dann betätigte Eddie vorsichtig ... sehr vorsichtig  ... den Abzug.

1
    Vier Monate vorher
Ein Dienstagabend im September
     
    »Versprich mir, dass du nicht lachst«, hauchte Reed ins Telefon, »aber ich glaube ... ich glaube, Brandon wird mich heute Abend fragen. Ich glaube, er wird mir die groβe Frage stellen.« Sie musterte ihr Gesicht im Spiegel und wünschte zum tausendsten Mal, ihre Nasenspitze wäre ein bisschen kleiner. Vielleicht sollte ich das mal machen lassen.
    »Bist du sicher?« Ellies elektronisch übertragene Stimme klang zurückhaltend. »Warum denkst du das?«
    »Warum glaubst du, dass er nicht fragen wird?«
    »Du weißt, wie ich zu ihm stehe.«
    »Also«, begann Reed, »wir sind jetzt seit über zwei Jahren sehr glücklich miteinander, Brandon und ich. Es ist mein letztes Jahr an der Uni und er hat gerade einen fantastischen Job bei Google in Seattle bekommen. Heute Morgen hat er zu mir gesagt, er müsse etwas Wichtiges mit mir besprechen, also kommt er um sieben vorbei und ich mache uns beiden etwas zu essen. Ellie, ich glaube,

Weitere Kostenlose Bücher