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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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Kopf. Schon als er den Namen Crutzen genannt hatte, war ihr klar gewesen, worauf er hinauswollte, aber das ergab keinen Sinn. Der Pinatubo, ein fast 1500 Meter hoher Vulkan auf der Philippinen-Insel Luzon, war 1991 nach einer mehr als 600-jährigen Ruhephase ausgebrochen. Die Eruption hatte weite Landstriche verwüstet und fast 900 Menschenleben gekostet, zudem aber hatte die gewaltige Eruptionssäule aus dem Vulkan der »Big Ass«-Kategorie über Stunden und Tage Asche bis auf eine Höhe von 34 Kilometern hinauf in die Stratosphäregeschleudert. Die aus fast zwanzig Millionen Tonnen Schwefeldioxidpartikeln, Staub und Aerosolen bestehende gewaltige Wolke, die sich nach dem Ausbruch bildete, verteilte sich über den gesamten Erdball und hatte im Folgejahr für eine merkliche Abkühlung des globalen Klimas gesorgt sowie die Sonnenlichteinstrahlung um fast fünf Prozent reduziert.
    »Das ist nicht sein Ernst«, sagte Mavie.
    »Doch«, sagte Reveilliere. »Aber glauben Sie mir, es ist gar nicht so einfach, den richtigen zu finden. Denn mit einem normalen Vulkan kommen wir nicht weit, der bläst die Asche ja höchstens in die Troposphäre, und dann ist sie eine Woche später wieder unten …«
    »Den richtigen was zu finden?«
    »Einen zweiten Pinatubo.«
    »Was nützt uns ein zweiter Pinatubo, der wird doch nicht einfach auf Wunsch ausbrechen …« Mavie verstummte, weil sie plötzlich begriff.
    Reveilliere nickte. »Um es mit Lees Worten zu sagen: Wer hätte gedacht, dass einige unserer zigtausend Nuklearköpfe Millionen Menschenleben retten werden. We’re gonna kick some Big Ass. «
    Er sah Mavie an, müde und fast entschuldigend.
    »Wenn Sie eine bessere Idee haben, raus damit. Mir sind heute Nacht die Argumente ausgegangen, denn natürlich finde ich sämtliche andere Ansätze klüger – besonders den von Caldeira und seinen Intellectual Ventures, aber den kriegen wir so kurzfristig nicht mehr realisiert, dafür ist es zu spät, die Zeit läuft uns weg. Nur glauben Sie mir«, fügte er hinzu und deutete auf seinen Laptop, »der richtige Vulkan an der richtigen Stelle, einer, an die wir mit den Sprengköpfen erstens überhaupt herankommen und den wir zweitens sprengen können, ohne schon bei der Zündung ein paar Hunderttausend Menschen zu töten, das ist wirklich eine Aufgabe: Wir suchen den dicken Hintern im Heuhaufen.«
    Mavie schüttelte den Kopf und kam bis zum »Aber«, dann wurde sie unterbrochen. Und zwar durch den Hausherrn, der eintrat, ohne anzuklopfen, Reveilliere mit einem lauten, energiegeladenen »Bonjour, JB !« begrüßte, dann Mavie bemerkte, kurz stutzte und danach umso breiter lächelte.
    »Ah! Und bonjour, Mademoiselle Heller! Die Frauenbeauftragte der ganzen Welt!« Er lachte, laut und freundlich, und Mavie begriff, dass Philipp recht haben musste. Milett waren die Strapazen der Nacht nicht anzusehen, er wirkte, als habe er gerade einen Kuraufenthalt hinter sich. Er hatte offenbar andere Medikamente als nur Vitamin C und Aspirin in seinem Medizinschrank. Und offenbar auch im Blut.
    »Sie!«, sagte Milett und schlug mit seinem Zeigefinger einen gespielt vorwurfsvollen Takt in Mavies Richtung. »Sie kommen mit. Sie haben mir das alles eingebrockt. Gespräche mit Beamten wie Sarkozy, Cameron und Merkel. Dafür bezahlen Sie, Sie kommen mit nach Genf! Und Sie helfen Jean-Baptiste. Aber: stillschweigend, nach außen. Damit wir uns nicht missverstehen: Ihre verrückten Gaia-Freunde spielen nicht auf unserer Seite, die müssen entfernt werden aus dem Spiel, und das möglichst umgehend, denn sonst besteht die Gefahr, dass sie enormen Schaden anrichten.«
    Mavie nickte. »Ein wunderbares Stichwort, Sir: Schaden.«
    Milett sah sie verdutzt an. »Bitte?«
    »JB war so nett, mir eben schon klarzumachen, dass Sie die Prioritäten durcheinandergebracht haben, aber das kann ja mal passieren im Eifer einer nächtlichen Sitzung. Was ist mit den eigentlichen Maßnahmen? Denen zur Evakuierung und Versorgung der Millionen, die andernfalls demnächst verdursten?«
    Miletts Blick blieb verwirrt. Nicht verärgert, sondern bloß erstaunt, unter hochgezogenen Augenbrauen. Dann schüttelte er den Kopf, als wäre das, was sie gesagt hatte, aus dem Radio eines vorbeifahrenden Autos geweht, und sah wieder Reveilliere an. »Kandidaten?«
    »Auf der Suche«, sagte Reveilliere. »Holmgren kümmert sich von Kopenhagen aus darum, van Mool schickt seine Einschätzung … zeitnah.«
    » Zeitnah heißt bei van Mool noch in diesem

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