Prophezeiung

Jahr. Ruf ihn noch mal an und definiere zeitnah als bis dreizehn Uhr, und zwar heute.« Er lächelte dünn. »Um eins im Salon«, sagte Milett, »das ganze Team.«
    Er nickte und wandte sich zum Gehen. In der Tür stehend, wandte er sich noch einmal nach Mavie um. »Oh. Mademoiselle. Eine Ausnahme in Sachen Kontaktsperre. Falls Sie unauffällig herausfinden können, von wo aus diese Gaias operieren, tun Sie uns einen großen Gefallen. Denn bislang scheitern Goran und seine Leute beim Versuch, diese Saboteure zu lokalisieren. Und das müssen wir. Zeitnah. «

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    35 Mavie sah sich den neuen SOS -Clip der Gaias auf Philipps iPad an, auf dem Bett in ihrem Zimmer sitzend, während ihr Begleiter, endlich aufgewacht, ausgiebig duschte. Als er aus dem Badezimmer trat, ein Handtuch um die Hüften geschlungen und gegen seinen offensichtlichen Kater anknurrend, hatte sie sich zudem einen raschen Überblick über die Nachrichtenlage verschafft und war verblüfft, mit welcher Geschwindigkeit sich sowohl Miletts Warnung als auch der Katastrophenclip von Diego Garcia um die Welt verbreiteten, nicht nur in jenen zivilisierten Regionen, in denen jede Nachricht rund um die Uhr binnen Minuten ihr Ziel erreichte. Die Amerikaner machten es wie die Europäer – die meisten zögerten noch, alles stehen und liegen zu lassen und ihre Habe dem Regen oder Plünderern zu überlassen, aber viele begannen auch, sich in Bewegung zu setzen, nach Süden. Die Inder, deren gesamte Versorgung mit Lebensmitteln das prognostizierte Ausbleiben des Monsuns förmlich vernichten würde, reagierten ein bisschen langsamer, aber das lag nicht zuletzt daran, dass sie nicht über Transportmöglichkeiten verfügten, mit denen sie sich rasch und in großer Zahl in Sicherheit hätten bringen können. Zudem lag »Sicherheit« für sie in fast unerreichbarer Ferne.
    Für die Menschen in Nordafrika lagen die Dinge geringfügig anders. Die Bilder und Meldungen ähnelten sich, ob sie aus Rabat, Algier, Agadez oder Monrovia kamen. In allen Hafenstädten und Durchgangsstationen in Richtung Mittelmeer sorgten Uniformierte für Ruhe und Ordnung – oder versuchten es zumindest.
    Mavie wechselte einen Blick mit Philipp. Seiner sprach von Kopfschmerzen, ihrer offenbar andere Bände.
    »Was hast du denn gefrühstückt?«, fragte er. »Lachs von letzter Woche?«
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, mir ist nur schlecht vom Leben.«
    »Kann ich nicht mithalten, mir ist nur schlecht von den Scheißrussenkartoffeln.« Er ließ sich aufs Bett fallen, direkt neben sie, und schaute auf den Schirm. »Was sagt die Journaille?«
    »Bislang im Großen und Ganzen das, was Milett ihnen gestern diktiert hat. Wir können die Welt noch retten. Aber Diego und seine Leute sehen das wohl anders, der neue Clip schreit einfach nur ›Armageddon‹, obwohl er fast ohne Worte auskommt. Da können wir nur hoffen, dass die Leute in den bedrohten Regionen vernünftig bleiben …«
    »Nicht sehr wahrscheinlich.«
    » … und Englisch verstehen.«
    »Erst recht nicht wahrscheinlich.«
    »Weil sie sonst nur die Gaias verstehen.«
    »Ja.«
    »Na, herrlich. Sag dem Nobelpreisangeber, er soll seine Leute einen Comic malen lassen, fürs Netz. Irgendwas Nettes, ohne Sprechblasen, mit einem Superhelden aus dem hohen Norden, der angeflogen kommt und eine Regenwolke über Afrika zieht.«
    Mavie nickte. »Ja, Milett selbst, als Thor. Schöne Idee. Zumal er sich offenbar selbst so sieht.«
    »Hä?«
    »Er will einen Vulkan sprengen.«
    »Aha. Na, das kann man ja mal machen. Und wieso?«
    Sie erklärte es ihm, in gebotener Kürze. Das Sonnenlicht zurück ins Weltall zu reflektieren, um die Erwärmung der Erde zu stoppen, war keine neue Idee, es hatte diverse Ansätze und Überlegungen gegeben, wie das zu bewerkstelligen sei. Mit Space Mirrors, Abertausenden von reflektierenden Spiegeln im Orbit, mit Sonnensegeln, Sunshades von zehn Meilen Durchmesser oder mit künstlichen Wolken aus Millionen Aluminiumschnipseln. Aber etliche Wissenschaftler waren überzeugt, die wirksamste Geoengineering-Methode zur Beeinflussung des Weltklimas sei jene, die Stratosphäre mit Schwefeldioxid zu »impfen«, da der Pinatubo-Ausbruch bewiesen hatte, dass diese Impfung tatsächlich etwas bewirkte.
    Wie das zu bewerkstelligen sei, war allerdings strittig, denn diemeisten Vorschläge waren entweder wissenschaftlich nicht ausreichend fundiert, unbezahlbar oder beides. Zwar konnte man theoretisch alljährlich 50 000