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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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dem Fenster, in den Regen, durch den Regen hindurch. Am Straßenrand standen die Autos dicht an dicht geparkt, in zweiter und dritter Reihe, warnblinkend, und Menschen gingen und liefen durch die Pfützen, um in unregelmäßigen Abständen Schlangen unter Regenschirmen zu bilden, vor den wenigen Lebensmittelgeschäften, die hier, citynah, überhaupt noch zu finden waren und nicht längst hinausgezogen waren auf die grünen Wiesen, die man nur mit dem Auto erreichte. Mavie wollte sich nicht vorstellen, was dort los sein mochte, in den Gewerbegebieten, auf rappelvollen Parkplätzen im Dauerregen, vor leeren Regalen. Kamen die Glücklichen, die Schnelleren unter den Schweizern, die es dort noch schafften, ihre Einkaufswagen zu füllen, heil über die Parkplätze bis zu ihren Autos?
    In den Straßen zwischen Flughafen und Kongresszentrum schafften es offenbar nicht alle. Es gab hier und da Handgemenge vor den Läden, ein Mann landete keine drei Meter von Mavies vorbeirollendem BMW im Rinnstein, und vor mehreren Läden schützten Polizisten die Fahrer von Kleinlastern, die ihre kostbare Fracht an protestierenden Mitbürgern vorbei auf Ladeflächen schafften.
    Auch die neutralen Schweizer hatten offenbar längst begriffen, dass die Katastrophe diesmal nicht an ihnen vorbeiziehen würde.
    Als sie vor dem Kongresszentrum ausstiegen und mit den Insassen des anderen Wagens die Treppen hinaufstiegen zum Foyer des CCV , hörte Mavie Jean-Baptiste zu Milett sagen, die Nachrichtenlage gefalle ihm ganz und gar nicht. Die Unruhen weiteten sich aus, nicht nur in den afrikanischen Hafenstädten, sondern auch in den amerikanischen und europäischen Metropolen. Verglichen mit dem, was in London, New York und Moskau anFluchtbewegung, besonders aber an Verteilungskämpfen begonnen hatte, war Genf offenbar ein äußerst beschauliches und kultiviertes Pflaster. All das beginnende Chaos habe aber die amerikanischen Mainstream-Medien nicht davon abgehalten, den Schuldigen für die Katastrophe eindeutig auszumachen, nämlich China, den Weltklimafeind No. 1. Obamas Ansprache an die Nation war hart und klar gewesen. Man werde diese Krise gemeinsam meistern, aber niemand solle glauben, die Verantwortlichen würden nicht danach von der Weltgemeinschaft zur Rechenschaft gezogen werden.
    Die chinesische Reaktion ging in den westlichen Medien weitgehend unter. Das ZK wies jede Verantwortung für die Katastrophe energisch als konstruiert zurück und warnte die USA vor einer Fortsetzung ihres »menschenverachtenden Propagandafeldzuges«. Diese nicht besonders kluge Formulierung allerdings lud die hervorragendsten der amerikanischen wie europäischen Kommentatoren ein, das Wesentliche endgültig aus dem Auge zu verlieren und sich stattdessen sarkastisch zu verbitten, ausgerechnet von China wegen »menschenverachtender Propaganda« gemaßregelt zu werden.
    Milett unterbrach Jean-Baptistes Vortrag mit einem Knurren. Die Nachrichtenlage gefalle ihm ebenso wenig wie seinem am Puls der Zeit klebenden Mitreisenden, aber das müsse sie auch nicht. Man sei schließlich nicht hier, um Nachrichten zu konsumieren, sondern um neue Nachrichten zu machen.
    »Mit Verlaub«, sagte Jean-Baptiste, »das ist alles gut vorbereitet.«
    »In der Tat«, sagte Milett. »Aber wer auch immer den Chinesen das alles in die Schuhe schieben will, hatte ja auch sechs Monate Zeit, seine gesamten Seilschaften zu instruieren und alle Leitartikel und Reden schon im Vorweg schreiben zu lassen. Wir sind erst seit drei Tagen im Spiel, und wir arbeiten wesentlich effektiver, mein Freund.«
    Im Foyer mussten sie den ersten Security-Check über sich ergehen lassen, man bat sie alle durch einen Nacktscanner, tastete sie sicherheitshalber zusätzlich von Kopf bis Fuß ab und durchsuchte ihre Aktenkoffer und Taschen.
    Der zweite Sicherheitscheck fand direkt vor den Türen des Versammlungssaales statt, durchgeführt von drei Männern in dunkelblauen Anzügen, die nicht viel sagten. Milett und seinen nun akkreditierten Begleitern wurden Keycards ausgehändigt, und man erklärte ihnen, ohne die kämen sie nirgendwohin. Weder in die Waschräume noch zurück in den Versammlungssaal. Man solle die Karten daher bei sich tragen, die ganze Zeit, und sicherstellen, dass sie nicht verloren gingen.
    Milett ging voraus. Er öffnete die hohe Tür zum Versammlungssaal, seine Begleiter folgten. Lediglich Filmore ließ Mavie den Vortritt, mit einer galanten Geste.
    Der Geräuschteppich, in den sie traten, war

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