Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
Vom Netzwerk:
erholte er sich gerade von einem längeren Koma nach einem Attentat, und zweitens sollten sie aufhören, Kreditkartendaten zu hacken, um herauszufinden, wo der Mann steckte. Aber sie kam nicht einmal dazu, den Gedanken als »jetzt nicht so wichtig« zu verwerfen, denn Eisele streckte strahlend die Arme in Miletts Richtung aus, von seinem Platz an der Querseite des U aus, und erhob laut, jovial und hocherfreut seine schöne Stimme.
    »I couldn’t agree more, my dear Professor!« In perfektem Englisch fuhr er fort, und was er sagte, ließ Mavie das restliche Blut in den Adern stocken. »Sie haben, in der Tat, das wesentliche Ergebnis unserer Sitzung vorweggenommen, und ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das getan haben. Denn wir haben keine Zeit zu verlieren. Ich weiß um Ihre Expertise auf diesem Gebiet, und mir ist sehr wohl bewusst, dass Sie bereits die besten Fachleute um sich geschart haben und sämtliche Szenarien durchgegangen sind.«
    Filmore und die beiden anderen Sprengstoffexperten wechselten einen fragenden Blick, Jean-Baptiste schoss einen Seitenblick in die gleiche Richtung wie Mavie. Auf Goran, der den Fehler machte, niemanden anzusehen, und damit alle Fragen beantwortete.
    Mavie sah wie betäubt wieder zu Eisele, der weitersprach.
    »Sie waren, wie stets, allen anderen eine Länge voraus, auch mir – noch ehe ich selbst Gelegenheit hatte, die Herren anzusprechen, und glauben Sie mir, teurer Freund, ich reagiere sehr schnell, besonders in globalen, epochalen Krisensituationen wie der, in der wir alle uns befinden. Und so war ich kolossal erleichtert zu erfahren, dass Sie uns führen werden, dass Sie die Marschrichtung vorgeben. Gestatten Sie mir also, Ihnen mit Inbrunst recht zu geben: Ja, der Emi Koussi ist unser neuer Pinatubo.«
    Die Blicke der Anwesenden wanderten von Eisele, der immer noch stand, direkt in der Mitte des unteren Endes des U, zu Milett, der ihm direkt gegenübersaß, auf dem Podest. Es war eine wunderbare Aufstellung für eine Konfrontation.
    Aber die blieb aus.
    Denn Milett nickte. Und lächelte gütig.
    Mavie glaubte nicht, was sie erlebte. Was Milett tat. Oder zu tun im Begriff war.
    Er musste doch aufstehen. Und den Zeigefinger in Eiseles Richtung ausfahren, wie Zeus persönlich, und mit donnernder Stimme den Mann aus dem Raum fegen, ja, am besten gleich pulverisieren, den Mann, den er zu Recht verabscheute, der diese Katastrophe mit verschuldet hatte und dafür über Leichen gegangen war.
    Doch Milett lächelte bloß gütig, und die Einzige, die wie vom Donner gerührt dastand, war Mavie.
    Aber nicht lange.
    Sie war überrascht, wie laut ihre Stimme klang. Aber sie war zufrieden mit dem Klang, denn der war fest und ausreichend zornig, ohne auch nur im Geringsten hysterisch zu klingen.
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst!«, rief sie, und mehrere Hundert Köpfe wandten sich gleichzeitig in ihre Richtung, überrascht, verdutzt – und fragend.
    Sie trat vor, aus der Reihe der Helfer, und ging ein paar Schritte auf Eisele zu. Der sie erkannte. Der aufhörte zu lächeln und sie mit einem Blick bedachte, der so voller Gift war, dass man ganze Völker damit hätte ausrotten können.
    »Dieser Mann ist ein Mörder«, sagte sie laut, den Blick fest in Eiseles Augen gerichtet. »Lassen Sie sich nicht täuschen. Sie kennen ihn als honorigen Professor, aber dieser Mann ist das IICO . Ist genau das Institut, das die Information über diese Katastrophe monatelang zurückgehalten hat. Auf sein Geheiß sind mehrereMenschen ermordet worden, und dass wir bis vor wenigen Tagen nichts vom dem wussten, was auf die Welt zukommt …«
    »… war, junge Dame«, unterbrach Eisele sie, noch etwas lauter als sie und ebenso fest und kühl in seinem Zorn, »eine Entscheidung der Vernunft und, weiß Gott, nicht allein die meinige. Für wie naiv halten Sie die ranghöchsten Mitglieder unserer Geheimdienste? Für wie dumm? Die informierten Vertreter der europäischen Regierungen befanden sich, wie ich selbst, in einem entsetzlichen moralischen Dilemma, aber wir wussten frühzeitig, dass wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, selbst unter allergrößten Anstrengungen, keinerlei Aussicht haben würden, die Katastrophe zu verhindern.«
    »Sie können nicht …«, sagte Mavie, aber Eisele sprach weiter.
    »Glauben Sie denn, wir hätten nicht alles versucht? Wir hätten nicht alles durchkalkulieren lassen, alle Szenarien, alle Modelle, von Fachleuten und nicht von hysterischen Erstsemestern? Sind Sie

Weitere Kostenlose Bücher