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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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Transport, richtig?«
    Sie nickte. Hörte ihn sprechen wie durch eine Wattewand. Und sah lauter Sterne, die sie nicht sehen wollte.
    »Und das ist dann mein Teller «, sagte er, »und deiner. Ich hab nicht geschlafen, die letzten Tage. Ich hab telefoniert, nicht nur wegen dieser ganzen Firmen, die im IICO drinhängen – was übrigens tierisch nervt und ungefähr so lustig ist wie Bettwanzen sortieren –, ich hab auch mit Hannah gesprochen. Keine Sorge, alles ist noch im Rahmen. Das Wasser steigt, die Stimmung sinkt, aber die Leute machen sich immer noch nicht genug Sorgen, angeblich hört das ja nächste Woche wieder auf, sagt das heute journal. Hannah ist cool. Aber ich bin nicht cool. Entweder schaffe ich’s, sie unauffällig zu einem Ortswechsel Richtung Berge zu animieren, oder ich fahre hin und klemme sie mir persönlich unter den Arm. Denn wenn du recht hast, dass das alles wahr ist und dass es Beck tatsächlich gibt, hab ich weder hier noch sonst wo was verloren, außer bei meinen Kindern.«
    Mehr Sterne. Mehr Schwarz. Jemand schien die Nachtbeleuchtung zu dimmen, und Mavie fühlte sich entsetzlich allein. Hilflos ausgeliefert seinem Reden. Jemand musste ihr helfen, aussprechen, was sie meinte, wollte, klarer, als sie es momentan konnte.
    »Tu mir einen Gefallen«, sagte sie müde. »Sei so lieb.«
    »Was?«
    »Ruf meinen Vater an.« Sie diktierte ihm die Nummer von Edwards neuem Handy, zweimal. »Ruf ihn an und rede mit ihm. Sag ihm, was passiert ist. Sag ihm, was ich will. Und sag ihm, dass ich nicht nach Hause komme. Das ist die Prämisse. Ich brauche eine Idee.«
    Sterne. Schwarz. Widerspruchslos schweben. Erleichtert ließ sie sich fallen.
    Als sie erwachte, war es Tag. Die Vorhänge waren geöffnet und wieder gelb, nicht mehr dunkelgrau, der Himmel nicht mehr schwarz, sondern ein dunkelgrauer Vorhang, regenbewegt.
    Ein Mann stand neben ihr, über ihr, und lächelte sanft aus braunen Augen. Ein nettes Gesicht. Braune Haare mit feinen grauen Strähnen, rasiert, feine Züge, höchstens Mitte vierzig. Das Weiß stand ihm gut. Auf dem Schild an seinem Revers stand »Dr. A. Ronand«.
    »C’est bien que vous allez mieux, Mademoiselle.«
    Sie nickte, lächelte und sagte ihm auf Französisch, ihr Französisch sei lausig.
    Ronand lächelte zurück. »Mein Deutsch ist es auch«, sagte er, fast akzentfrei.
    Philipp tauchte an ihrer anderen Seite auf. Auf dem Tisch standen eine Kaffeekanne, zwei Becher und, wahrhaftig, Croissants, Brötchen und ein Marmeladenglas. Kein Graubrot, keine Aluschälchen. Die Zeitung hatte er zusammengefaltet und auf den Stuhl gelegt, als er aufgestanden war.
    Der Arzt nickte ihm freundlich zu, dann sah er wieder Mavie an. »Herr von Schenck sagte mir, sie wollten … auschecken. «
    »Oh«, sagte sie und versuchte sich vorzustellen, sie würde aufstehen. »Ja, wenn er das sagt?«
    »Können Sie aufstehen?«
    Sie nickte. Und nahm sich zusammen. Tat, als fiele es ihr leicht, die Beine nach links zu bewegen und über die Bettkante nach unten fallen zu lassen. Richtete sich auf, gegen den höllischen Schmerz in der Brust, verzog nicht das Gesicht und stand im nächsten Moment vor ihm.
    Er nickte zufrieden. Zog seine Taschenlampe aus dem Revers, leuchtete ihr behutsam in die Augen, von oben, in die Ohren und befühlte dann mit beiden Händen ihren Hals und Nacken.
    »Alles noch dran?«, fragte sie.
    Er nickte. »Sie haben Glück gehabt mit Ihrem … Gasherd. Wir hatten Sorge, wegen eines möglichen Aneurysmas, deshalb haben wir Sie ruhiggestellt. Die Schwellung ist weitgehend abgeklungen, Sie werden vermutlich noch Kopfschmerzen haben. Und die Rippen werden Ihnen noch länger Schmerzen bereiten, aber das heilt nur die Zeit. Die Schwestern geben Ihnen ein Rezept mit.«
    Er sah Philipp an. Höflich fragend.
    »Ich komme gleich zu Ihnen«, sagte Philipp.
    Sie wartete, bis Dr. Ronand den Raum verlassen hatte, dann setzte sie sich vorsichtig wieder hin. Die Sterne lauerten immer noch, nicht weit entfernt.
    »Wegen?«, sagte sie.
    »Wegen der Rechnung«, sagte er. »Die nehmen Bargeld.«
    »Verstehe. Aber dafür waren wir auch nie hier?«
    »Frau Hartmann vielleicht«, sagte er achselzuckend und wandte sich dem Tisch zu. »Ich habe mir erlaubt, dir was zum Anziehen zu besorgen.«
    Sie sah an ihm vorbei und entdeckte auf dem zweiten Stuhl eine Jeans und einige Verpackungen und Kartons. Vor dem Stuhl standen ein Schuhkarton und eine Tragetasche.
    »Die Auswahl war nicht besonders groß«, sagte er

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