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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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nicht auf zu regnen, die Keller laufen voll, der Strom fällt hier und da aus. Unschön. Da geht dann unsere kleine Story fast unter, aber sie verändert sich trotzdem. Am Tag danach, als wir hier waren, war alles noch ganz einfach: Gasexplosion im New York, zuerst waren es angeblich drei Opfer, dann zwei Tote und ein Verletzter, dann doch nur zwei Opfer, beide tot, ein Ehepaar aus Deutschland, unbestätigt, Ursache unklar. Aber am nächsten Tag ging die Geschichte dann plötzlich ganz anders: Keine Todesopfer, nur noch ein Verletzter, keine Gasleitung, sondern ein Anschlag. Und zwar auf?«
    Sie sah ihn fragend an.
    »Na, die Gäste, die da oben gebucht hatten. Also erstens den Schotten«, sagte er. »Du erinnerst dich, der Abgesagte. Deshalb hatten wir das Zimmer.«
    Sie nickte verwirrt. Und sah ihn weiter fragend an.
    »Malcolm McVee. Interessanter Mann, Vorstandsmitglied von SSE – Energiekonzern, Kernkraft, viel Wind. McVee sollte wegen eines Vortrages in Rotterdam sein …«
    Sie sah ihn entsetzt an, aber er hob die Hand. »Warte – McVee musste kurzfristig absagen, wegen einer schweren Grippe. Die er definitiv hat, seine CNN -Statements am zweiten Tag danach waren eindeutig verschnupft, in jeder Hinsicht. Aber der Anschlag galt ja nicht nur ihm, sondern auch seinem Zimmernachbarn. Eisele.«
    »Was ist mit Eisele?«, fragte sie.
    »Laut CNN «, sagte Philipp, »hat er überlebt, schwer verletzt, befindet sich in Behandlung oder im Wachkoma und konnte sich noch nicht äußern. Aber McVee war ja zum Glück nicht in seinem Zimmer und konnte Interviews geben. Im Ergebnis habenwir jedenfalls keinen Gasunfall, sondern einen feigen Anschlag sowie einen Sachschaden in einem schönen Rotterdamer Wahrzeichen. Und ein Bekennerschreiben.«
    Mavie schüttelte vorsichtig den Kopf und wollte nur dringend wieder einschlafen dürfen. Nichts von dem, was Philipp sagte, ergab irgendeinen Sinn.
    » Gaia Guardians. Kein Scherz, so nennen die sich. Und der Anschlag galt laut deren Gaga-Bekenntnisvideo dem Raubtierturbokapitalimus und der Kernenergie, aber auch allen, die Rinder essen, dicke Autos fahren und eklige Windräder ins Meer pflanzen wollen, weil die nämlich Vögel töten.« Er schüttelte den Kopf. »Völlig irre, krauses Zeug. Ich hab’s runtergeladen, lies es, wenn du willst, die Typen sind einfach nur krank.«
    Mavie schloss die Augen. »Lass mich schlafen«, sagte sie.
    »Ich bin gleich fertig«, sagte er. »Der Fall ist klar, die Sachlage sowieso. McVee hat einfach Glück gehabt, Eisele hoffentlich auch, die ganze Welt schickt Genesungsgebete. Und die Ökoterroristen haben sich keinen Gefallen getan, denn das New York war ja wirklich ein hübsches Hotel. Also haben sie eine wirklich beschissene Presse – und man möchte eigentlich sofort ein Atomkraftwerk bauen. Sowie mindestens ein Windrad, gegen die Friedenstauben.«
    »Das ist doch alles totaler Unsinn«, murmelte Mavie und glitt dankbar ins Dunkel.
    Als sie erwachte, war es Nacht. Aus den Fußleisten neben den Betten glomm schwaches Licht auf den Teppichboden, die Vorhänge waren zugezogen. Sie sah nach links, sah Philipp, der auf dem anderen Bett lag, angezogen, auf der Bettdecke, mit geschlossenen Augen.
    Die Braunüle in ihrem Handrücken war nicht mehr mit dem Schlauch verbunden. Der Plastikbeutel hing halb leer im Tropfständer, das kleine grüne Rad stand blockiert. Sie versuchte sich zu erinnern, was er gesagt hatte. Was geschehen war, Philipp zufolge.
    Nichts davon stimmte. Nichts ergab Sinn.
    Sie sprach ihn an, er reagierte nicht. Sie versuchte es noch einmal, lauter, hörbar diesmal, und er kam langsam zu sich. Öffnete die Augen, sah sie an. Und lächelte.
    »Hey«, sagte er. Sah auf seine Armbanduhr, ließ den Arm sinken und fügte sich, weiterhin lächelnd, in sein Schicksal. »Hunger, Durst?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Fragen.«
    Er nickte bloß.
    »Wie spät?«, fragte sie.
    »Vier. Das war leicht. Nächste?«
    »Wo ist Beck?«
    Er seufzte, nachsichtig. »Ich dachte, das war nur Teil deines Morphiumtrips.«
    »Beck war da. In dem Zimmer. Mit mir.«
    »Okay«, sagte er vorsichtig, das »ay« leicht betont und in die Länge gezogen, fragend, höflich, aber vor allem skeptisch.
    »Das habe ich nicht geträumt. Er hat bestätigt, dass die Prognose stimmt, und er hat mir die Zusammenhänge erklärt. Und wollte mir noch irgendwas erklären, aber dazu ist er nicht mehr gekommen. Als er seinen Rechner rausgeholt hat, ist der Sprengsatz

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