Proust 1913
Monument und einem Theater beschenkt hat und dessen Werk eines Tages von allen anerkannt und gefeiert werden wird, die Güte hatte, mir diesen so schmeichelhaften und bewegenden Brief zu schreiben. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Und wenn Sie die Güte hätten, dieses einzige Exemplar der ersten Auflage, das mir bleibt, gegen jenes auszutauschen, in dem Sie sich die Mühe genommen haben, die Fehler zu unterstreichen, würde mir das unendlich hilfreich sein für die unmittelbar bevorstehende vierte Auflage.« ( XII , 383 ) Einige Tage später hat Astruc fertig gelesen und schickt Proust das gewünschte Exemplar, zusammen mit einem Brief: »Cher Monsieur, voilà! Ich habe
Du côté de chez Swann
zu Ende gelesen. Ganz unbewusst habe ich nach und nach meinen ersten Beruf, den eines Lektors (Ollendorff, 1883 ), wieder ausgeübt. In meinem Feuereifer bin ich zu weit gegangen, und mehr als ein Mal, Sie werden es sehen, zeugen gewisse Bemerkungen von dem alten Beckmesser, der ich bin. Doch angenommen, der ›Aufpasser‹ hat manchmal recht, was soll’s dann. In einem Buch wie
Swann
hat trotzdem immer der Autor recht, wie unser Debussy Herr ist über seine Harmonien, seine Dissonanzen und seine Gewagtheiten./Am Rand finden Sie meine albernen, indiskreten und schlecht geschriebenen Anmerkungen. Ich habe sie für mich allein notiert, doch wage ich nicht zu behaupten, dass ich nicht auch an den Autor dachte, der mich bezaubert hat und dessen Sensibilität meiner eigenen unzählige Ideenbereiche eröffnet hat. Gehört er Ihnen oder mir, dieser Band mit den formlosen Anmerkungen? Ich weiß es nicht. Doch ich kann sagen, dass er nur Ihnen oder mir gehören kann. […] Jetzt aber geben Sie uns schnell die beiden Bände, die Sie unserer Ungeduld schulden. Nach der Lektüre von
Swann
fühle ich mich wie verlassen, und ich finde den ganzen Jammer wieder, den das Buch anästhesiert hat.« ( XII , 385 ) Beim Lesen von Astrucs Anmerkungen kann auch Proust die Nöte, die ihn in diesen Tagen bedrücken, für einen Augenblick vergessen. Er schreibt: »Cher Monsieur … et ami (voulez-vous?), mit tiefer Dankbarkeit und etwas traurig, mich davon trennen zu müssen, schicke ich Ihnen diesen Band zurück, in dem ich der Spur gefolgt bin, die Verstand und Gefühl hinterlassen haben./Ich durchlebe im Augenblick die schmerzlichste Zeit meines Lebens seit dem Tod meiner Mutter. Und all das Gute, das mein Buch, wie Sie die Güte haben zu sagen, Ihnen angetan hat, verschafft es mir nicht. Sein Erfolg, wenn dieser überhaupt eintritt, kann mir kein Vergnügen bereiten, weil meine Seele unfähig ist, auch nur die geringste Freude zu verspüren, genau so wie der Gaumen eines Fieberkranken an einem noch so gut zubereiteten Gericht keinen Geschmack findet./Doch das Vergnügen, das mein Buch mir nicht bereitet hat, haben mir Ihre Anmerkungen beschert. Auf jeder Seite, wo ich sie vorfand, hatte ich das Gefühl, eine Freundeshand, jene, die diese Zeichen gesetzt hat, umfasse die meine und suche, mich zu trösten …« ( XII , 386 – 387 ) In der Folge bestätigt Proust die Anmerkung Astrucs, hinter Swann stehe Charles Haas, betont aber, er habe seine Figur mit einer anderen menschlichen Substanz erfüllt, und es gebe in seinem Buch kein einziges Porträt. Im folgenden Brief bedankt sich Proust für die Erwähnung des »adorable
Swann
« in einem am 15 . November in
Gil Blas
erschienenen Artikel Astrucs. Nachdem er sich dann das Exemplar mit den Anmerkungen ein weiteres Mal ausgeliehen hat, schreibt er: »Cher Monsieur et ami (ich setze beharrlich
ami
hinzu, doch Sie scheinen nicht zu wollen, ich finde keine Spur dieses Wortes in Ihren Briefen), ich bin kränker und unglücklicher denn je. Deshalb bedanke ich mich nur kurz. Welch ein Gefühl, in diesem Exemplar zu blättern, welch eine Aufklärungsarbeit! Claude Monet, das ist ja Wahrsagerei. An ihn hatte ich tatsächlich gedacht.« ( XII , 290 ) Um 1913 hinter Prousts Seerosen in der Vivonne Monets Seerosenteiche zu entdecken, braucht man wahrlich kein Wahrsager zu sein. Es genügt, die Ausstellungen von 1900 und 1909 in der Galerie Durand-Ruel gesehen zu haben. Doch Proust will dem
diable d’homme
ein Kompliment machen. Es folgen Bemerkungen und Erklärungen zu weiteren in den Randbemerkungen genannten Malern (Manet, Stevens, Gervex), an die Proust angeblich nicht gedacht hat, zu einem von Astruc als etwas unklar empfundenen Satz und zu einem für Astruc undeutlichen Vergleich. Der Brief und mit
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