P.S. Ich liebe Dich
Taschentuch.
»Ach, das bin ich ja auch nicht«, erwiderte sie und putzte sich die Nase.
»Hast du schon mal den Spruch gehört: Man muss Angst haben, um tapfer sein zu können?«
Holly dachte darüber nach. »Aber ich fühle mich nicht tapfer, ich habe nur Angst.«
»Wir haben alle Angst. Das ist vollkommen in Ordnung, und es wird der Tag kommen, da hast du keine Angst mehr. Schau dir doch nur mal an, was du alles geschafft hast!« Er machte eine ausladende Geste über Hollys Büro. »Das ist alles ein Zeichen dafür, wie tapfer du bist.«
Holly lächelte. »Ich liebe meinen Job.«
»Das ist großartig, aber du musst lernen, noch andere Dinge zu lieben außer deinem Job.«
Sie runzelte die Stirn. Hoffentlich war das nicht die Sorte Gespräch, das auf das Motto hinauslief: Lach dir einen neuen Mann an, dann vergisst du den alten schon.
»Ich meine, du musst lernen, dich selbst zu lieben, dich selbst und dein neues Leben. Nicht alles dreht sich um die Arbeit. Es gibt noch mehr.«
Aha, dachte Holly. Und das ausgerechnet von Chris!
»Ich weiß, dass ich dafür nicht gerade ein glänzendes Beispiel abgebe«, nickte er, als hätte er Hollys Gedanken gelesen. »Aber ich lerne auch noch … « Er legte eine Hand auf den Tisch und wischte nachdenklich imaginäre Krümel weg. »Ich hab gehört, dass du nicht zu diesem Ball gehen möchtest.«
Holly war zutiefst beschämt, dass er das Gespräch mitbekommen hatte.
»Als Maureen gestorben ist, gab es ungefähr eine Million von Orten, die ich nie wieder sehen wollte«, fuhr Chris fort. »Sonntags sind wir immer im Botanischen Garten spazieren gegangen, und ich konnte da nicht mehr hin. Jede Blume und jeder Baum, alles bestand aus unendlich vielen kleinen Erinnerungen. Die Bank, auf der wir uns immer ausruhten, ihr Lieblingsbaum, der Rosengarten, den sie am liebsten mochte – einfach alles erinnerte mich an sie.«
»Bist du irgendwann wieder dort gewesen?«, fragte Holly und spürte, wie der Tee sie von innen her wärmte.
»Ja, vor ein paar Monaten«, antwortete er. »Es ist mir unglaublich schwer gefallen, aber ich hab es überlebt, und jetzt gehe ich wieder jeden Sonntag dort spazieren. Du musst dich der Realität stellen, Holly, und positiv denken. Ich sage mir, hier haben wir gelacht, geweint und gestritten, und wenn ich dort bin und mich an die schönen Zeiten erinnere, dann fühle ich mich ihr viel näher. Dann kann ich die Liebe feiern, statt mich vor ihr zu verstecken.«
Allmählich schlugen seine Worte Holly in ihren Bann.
Chris beugte sich vor und sah ihr fest in die Augen. »Manche Menschen gehen durchs Leben und suchen ihren Seelenpartner, aber sie finden ihn nie. Du und ich, wir haben ihn gefunden, auch wenn wir ihn leider nur für eine kurze Zeit behalten durften. Das ist traurig, aber so ist das Leben! Wenn du zu diesem Ball gehst, Holly, dann feierst du die Tatsache, dass du einen Menschen geliebt hast und dass er dich geliebt hat und dass ihr wunderschöne Jahre zusammen verbracht habt. Lass dir das nicht entgehen!« Er schwieg.
Tränen rannen über Hollys Gesicht, denn sie wusste, dass Chris Recht hatte. Sie musste sich an Gerry erinnern und glücklich sein über die Liebe, die sie gehabt hatten und die sie noch immer fühlte, statt sich nach all den Jahren mit ihm zu sehnen, die nun nie mehr kommen würden, und darüber zu weinen. Sie dachte an den Satz, den Gerry ihr in einem seiner Briefe geschrieben hatte: »Vergiss unsere gemeinsamen Erinnerungen nicht, aber hab keine Angst davor, neue hinzuzufügen.« Sie musste Gerry loslassen, um die Erinnerung an ihn zu bewahren.
Ihr Leben ging weiter, auch nach seinem Tod.
Vierunddreißig
»Es tut mir so Leid, Denise«, entschuldigte sich Holly bei ihrer Freundin. Sie saßen im Pausenraum von Denises Boutique, umgeben von Schachteln mit Kleiderbügeln, von Kleiderständern, von überall verstreuten Tüten und Accessoires. Die an der Wand installierte Sicherheitskamera starrte auf sie herunter und nahm gewissenhaft ihr Gespräch auf.
Holly suchte eine Reaktion in Denises Gesicht, sah, wie ihre Freundin den Mund verzog und wild mit dem Kopf nickte, als wollte sie Holly wissen lassen, dass alles wieder in Ordnung war.
»Nein, es ist nicht okay«, beharrte Holly und rutschte auf ihrem Stuhl nach vorn. Es war ihr wichtig, die Sache richtig zu besprechen. »Ich wollte nicht so durchdrehen am Telefon. Nur weil ich zurzeit so überempfindlich bin, gibt mir das noch lange nicht das Recht, es an dir
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