P.S. Ich liebe Dich
Gemeinsamkeit, eine Zeit, in der sie sich von dem Arbeitsstress erholten, sich entspannten, mit Freunden und Familie trafen oder einfach ihre traute Zweisamkeit genossen. Jetzt vermisste sie Gerry so sehr, dass ihr flau im Magen war.
Am Morgen hatte sie ihn zum ersten Mal seit dem Begräbnis auf dem Friedhof besucht, um ihm fröhliche Weihnachten zu wünschen. Der Morgen war anstrengend gewesen. Kein Päckchen unter dem Baum, kein Frühstück im Bett, kein Trubel – nichts.
Gerry hatte sich einäschern lassen, und sie musste sich, um mit ihm zu reden, an die Mauer stellen, in die sein Name eingraviert war. Und es fühlte sich auch an, als redete sie mit einer Wand. Trotzdem hatte sie ihm ausführlich vom vergangenen Jahr berichtet, dass Sharon und John einen kleinen Jungen erwarteten und dass sie ihn Gerry nennen wollten. Sie erzählte ihm, dass sie Patin des kleinen Gerry und Denises erste Brautjungfer sein würde. Sie beschrieb Tom, weil Gerry ihn ja nicht kannte, und sie sprach über ihren neuen Job. Nur Daniel erwähnte sie nicht. Es war ein sonderbares Gefühl, so mit sich selbst zu plaudern. Eigentlich wollte sie sich ganz hineinvertiefen, dass Gerry bei ihr war und ihr zuhörte, aber die trostlose graue Mauer drängte sich immer wieder in ihr Bewusstsein.
Sie war nicht allein. Auf dem Friedhof wimmelte es von Besuchern: Familien begleiteten alte Mütter oder Väter zu ihren verstorbenen Ehepartnern, junge Frauen und junge Männer wanderten wie Holly alleine umher … Sie beobachtete eine junge Mutter, die vor den Augen ihrer beiden erschrockenen und völlig ratlosen Kinder auf einem Grabstein zusammenbrach. Das Kleinere der beiden war vielleicht drei Jahre alt. Eilig wischte die Frau sich dann die Tränen wieder ab, und Holly war dankbar, dass sie es sich leisten konnte, egoistisch zu sein und sich ausschließlich um sich selbst zu kümmern. Die Frage, woher diese Frau die Kraft nahm, mit zwei kleinen Kindern Tag für Tag weiterzumachen, ging ihr immer wieder durch den Kopf.
»Fröhliche Weihnachten, mein Schatz!«, rief auch Elizabeth, die gerade aus der Küche kam und die Arme ausbreitete, um ihre Tochter zu umarmen. Prompt fing Holly an zu weinen. Auf einmal fühlte sie sich wie das kleine Kind auf dem Friedhof. Sie brauchte ihre Mami. Elizabeths Gesicht war von der Hitze in der Küche gerötet, und ihre Wärme wärmte auch Hollys Herz.
»Tut mir Leid«, flüsterte sie. »Das wollte ich nicht.«
»Ist ja gut«, beruhigte Elizabeth sie und drückte sie noch fester an sich. Sie brauchte nichts mehr zu sagen, ihre bloße Anwesenheit genügte.
Die Woche vorher hatte Holly ihre Mutter besucht, als sie völlig panisch wegen Daniel gewesen war. Elizabeth, die normalerweise keine große Bäckerin war, hatte gerade den Weihnachtskuchen fürs Fest vorbereitet, mit teigverschmiertem Gesicht, die Ärmel bis zu den Ellbogen aufgerollt und Mehl in den Haaren. Die Arbeitsplatten in der Küche waren mit verirrten Rosinen dekoriert, überall waren Mehl, Teig, Backformen und Alufolie verstreut. Die Küche war wie immer um diese Zeit bunt und üppig geschmückt, und ein wunderbarer festlicher Duft lag in der Luft.
Als Elizabeth ihre Tochter sah, wusste sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie setzten sich an den Küchentisch. Hier lagen Berge von roten und grünen Weihnachtsservietten mit Santa Claus und seinen Rentieren drauf. Es gab Schachteln mit Knallbonbons, Schokoladenkekse, Bier und Wein, das volle Programm … Hollys Eltern hatten sich gut für den Weihnachtsbesuch der restlichen Familie Kennedy vorbereitet.
»Was hast du denn auf dem Herzen, Liebes?«, fragte Hollys Mutter und schob Holly den Teller mit den Schokoladenkeksen hin.
Hollys Magen knurrte zwar, aber ihr war nicht nach Essen zumute. Sie holte tief Luft und erzählte ihrer Mutter, was zwischen ihr und Daniel vorgefallen war. Geduldig hörte ihre Mutter zu.
»Und wie fühlst du dich ihm gegenüber?«, fragte sie schließlich und blickte ihrer Tochter prüfend ins Gesicht.
Ratlos zuckte Holly die Achseln. »Ich mag ihn, Mum, ich mag ihn wirklich, aber … « Wieder zuckte sie die Achseln und brach ab.
»Fühlst du dich noch nicht bereit für eine Beziehung?«, fragte ihre Mutter sanft.
Holly rieb sich heftig die Stirn. »Ich weiß es nicht, Mum, ich habe das Gefühl, dass ich überhaupt nichts mehr weiß.« Eine Weile schwieg sie nachdenklich. »Daniel ist ein wunderbarer Freund. Er ist immer für mich da, er bringt mich zum Lachen, ich fühle
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