Psalms of Isaak 01. Sündenfall
schlossen jeglichen Handel für einen großen Teil des Jahres aus, und sie hatten schnell gemerkt, dass ein Wasserweg vonnöten war, wenn man wirklich vorhatte, die Benannten Lande während ihres Bestehens in der Neuen Welt zu behüten.
Es bereitete ihm keine Schwierigkeiten, dem Gesuch zuzustimmen und einen Befehl an Sethbert zu erteilen, dass er die Mechoservitoren unter seiner Obhut freigeben sollte. Aber er konnte es nicht tun, ohne sich selbst auszurufen, und er war nicht bereit, diese Lüge abermals zu akzeptieren und sich in den Dienst eines rückwärtsgewandten Traums zu stellen.
Bereit oder nicht, Petronus wusste, dass ihm nicht viel Zeit blieb.
Neb
Nachdem sie ihren Eintopf gegessen hatten, führte das Mädchen Neb zurück in die Höhle des Sumpfkönigs. Sie reichte ihm einen Stapel zerschlissener Decken und zeigte auf eine Ecke in dem feuchten, lehmigen Raum. Er rollte sich in einem Winkel zusammen und sah zu, wie sie ihm gegenüber dasselbe tat. Das Götzenbild glühte matt in der Finsternis, gab Licht und Hitze ab. Von seinem Platz aus konnte er sehen, dass das Götzenbild einen Spiegel in der Hand hielt. Mit nachdenklichem Gesicht mahnte die Büste des P’Andro Whym zur Selbsterkenntnis.
Als das Mädchen unter die Decken gekrochen war, stützte es den Kopf auf eine Hand und blickte zu ihm herüber. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie es gewesen ist«, sagte sie mit leiser Stimme.
Neb war nicht sicher, was sie meinte, aber er hatte eine Ahnung und schluckte das plötzliche Entsetzen, das ihn packte, hinunter. Er spürte ein Ziehen in seiner Leiste, einen drückenden Schmerz. Am liebsten hätte er sich übergeben.
Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. »Es tut mir leid, Nebios ben Hebda. Ich hätte nichts sagen sollen.«
Nebios ben Hebda. Ein Sümpflername. »Schon gut. Ich kann nur noch nicht darüber sprechen.« Sein Magen verkrampfte sich noch einmal. »Du glaubst nicht, dass mich der Sumpfkönig dazu zwingen wird, darüber zu reden, oder?« Plötzlich wollte er so weit von diesem Lager weglaufen, wie er nur konnte.
Sie schüttelte langsam den Kopf. »Der Sumpfkönig würde so etwas nicht erzwingen. In den Sumpflanden gibt es Gnade.«
Bisher waren die Sümpfler in keiner Weise das gewesen, was er erwartet hatte. In den Teilen der Großen Bibliothek, in denen er hatte lernen dürfen, war nur sehr wenig über sie zu erfahren gewesen. Sie waren nicht die halbverrückten Wilden, als die die Legenden sie darstellten. Gewiss pflegten sie seltsame Gebräuche, aber sie waren – zumindest soweit er sehen konnte – nicht die irren Kinder, die aus dem Zeitalter des Lachenden Wahnsinns übrig geblieben waren. Kinder, die ihren gewalttätigen Wahnsinn von einer Generation an die nächste weitergaben, wenn man den Lehrern und Texten der Waisenschule Glauben schenkte, deren König sich von einer Büste des P’Andro Whym die Zukunft weissagen ließ und diese dann unter dem Turm des Mondhexers in die Welt hinausbrüllte.
Sie waren ein komplexes und spirituelles Volk.
Er musterte das Mädchen noch einen Augenblick, dann fiel ihm auf, dass er keine Ahnung hatte, wie sie hieß. Er fragte nach ihrem Namen, und sie lachte über ihn.
»Ich habe keinen Namen wie die euren«, sagte sie. »Du wirst lachen, wenn du ihn hörst.«
Er lächelte sie an und schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht lachen.«
Sie legte sich auf die Seite, ihm zugewandt, ihr Haar floss um das mit einem grauen Schleier überzogene Gesicht. »Mein Name ist Winters.«
»Winters?«
Sie nickte. »Eigentlich Winteria. Ich habe mir den Namen nicht selbst gegeben.«
Neb wechselte das Thema, da seine Gedanken rasch zum nächsten Tag zurückkehrten. »Worüber, denkst du, will er, dass ich spreche?«, fragte er.
Sie runzelte die Stirn und dachte darüber nach. »Ich nehme an, dass er dich fragen wird, was du über das Lager der Totengräber weißt, über Sethberts Lager, ob du König Rudolfo schon gesehen hast oder einen Hinweis auf seine Späher.« Sie wälzte sich in ihren Decken herum und Neb war überrascht, eine bloße Schulter darunter aufblitzen zu sehen. Er spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg. »Er wird auch erfahren wollen, was du über den Metallmann und die edle Dame Jin Li Tam weißt.« Sie hielt inne, und ihre Stimme wurde weich. »Aber ich bin sicher, er wird dich nicht über die andere Sache ausfragen«, sagte sie.
Er seufzte. »Und anschließend wird er mich gehen lassen?«
Sie lachte wieder und rollte sich
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