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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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zurücklassen – nicht mit ihrem Wissen um Sethberts geistigen Zustand. Schnellen Schrittes eilte sie ihm nach.
    Als sie ihn überholte, packte sie ihn an der Schulter, wirbelte ihn herum und warf ihn zu Boden. Sie stürzte sich auf ihn. »Ich weiß nicht, was du vorhast«, flüsterte sie, »aber dort, wo du hinwillst, erwartet dich nichts Gutes.«
    Er wehrte sich gegen sie, sein Mund ging auf und zu, und er rollte mit den Augen.
    Ich hätte ihn betäuben und tragen sollen, dachte sie. Es geht ihm schlechter, als ich angenommen hatte.
    »Ich denke«, sprach eine neue Stimme leise an ihrem Ohr, »dass Ihr den Jungen jetzt loslassen und langsam aufstehen solltet.« Sie spürte eine kalte, stählerne Messerspitze, die gegen ihre Rippen drückte, ungefähr dort, wo sich die Rückseite ihres Herzens befand.
    Sie ließ den Jungen los und tat, was man ihr befahl. Schattenhände ergriffen den Jungen und zogen ihn auf die Beine. Andere Hände packten sie und hielten sie von ihm fern.
    Ein Schattengesicht beugte sich über ihres. Sie konnte die blonden Stoppeln auf dem Kinn erkennen und das gebratene Schweinefleisch in seinem Atem riechen. Ein einzelnes blaues Auge nahm nur wenige Fingerbreit vor ihrem eigenen Auge Gestalt an.
    Ein weiteres Flüstern zischte durch die Dunkelheit, trieb durch den Wald heran. »Was hast du da, Deryk?«
    Jin blieb ruhig.
    »Eine Frau und einen Jungen.« Das blaue Auge blinzelte. »Sie ist magifiziert.«
    Ein weiterer Schatten glitt auf die Lichtung. Jin Li Tam blickte sich aufmerksam um. Sie konnte drei Abdrücke im weichen Waldboden erkennen, wo sich die Stiefel der Späher befanden – oder zumindest befunden hatten. Sie konnte die zarte Brise fühlen, wenn sie sich um sie herum bewegten. Aber die Magifizienten wirkten noch, und wenn sie mehr als nur einen halben Schritt von ihr entfernt standen, konnte sie sie nicht mehr sehen. Dennoch ließen die Standardtaktiken der Akademie darauf schließen, dass sie von einem Halbtrupp umzingelt war.
    Sie blickte auf den Jungen. Er schien sich nicht zu fürchten. Der Beutel, den er ihr abgenommen hatte, war nirgends zu sehen, und sie fragte sich, ob er ihn in seinem Hemd verborgen hielt. Wenn dem so war, würden sie ihn früh genug finden.
    »Der Junge kommt mir bekannt vor«, sagte die Stimme wieder. »Bist du nicht der Bursche, den wir aus den Hügeln vor der Stadt hergebracht haben? Der mit dem Wagen?«
    Der Junge nickte.
    Die Stimme bewegte sich nun über die Lichtung auf Jin zu. Hände tasteten an der Kapuze ihres Umhangs herum. »Und wen haben wir hier?«
    Ein weiteres Auge erschien vor ihrem Gesicht – dieses Mal ein braunes, das mit Grün gesprenkelt war. Es wurde groß, und der Späher stieß ein Keuchen aus. »Nun, das ist aber eine Überraschung.« Ein Lächeln erschien in den Schatten.
    »Ihr würdet gut daran tun, uns nun loszulassen und Euch um Eure eigenen Angelegenheiten zu kümmern«, sagte Jin Li Tam. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    Der Hauptmann der Späher lachte. »Ich glaube nicht, dass Ihr uns dazu bringen könnt, edle Dame Tam – ganz gleich, wie überzeugend Eure Kurtisanenmethoden auch sein mögen.«
    Jin Li Tam ließ die Muskeln in Schultern und Armen locker und zwang ihre Beine dazu, sich zu entspannen. »Ich kann sehr überzeugend sein.«
    Der Himmel wurde inzwischen violett, und sie wusste, dass das bisschen, das von der Spähermagie noch übrig war, nur noch halb so gut wirken würde, wenn die Sonne aufging. Angesichts ihrer momentanen Zwangslage blieb nicht genug Zeit, bevorzugte Strategien anzuwenden.
    »Ich bin sicher, dass Ihr …«
    Sie ließ sich fallen, ehe er den Satz zu Ende sprechen konnte, und während sie auf die Knie fiel, drehte sie das Handgelenk und spürte, wie der Griff des kleines Dolches in ihre Handfläche fiel. Sie beugte sich nach vorn und fuhr mit der Klinge einmal um die Rückseite seines Stiefels, während sie sich zu dem Jungen herumrollte. Als sie wieder nach oben kam, zuckte ihre Hand durch die Luft, der Dolch schlüpfte unter Stoffkleidung und glitt wieder heraus, während sie dort zustach, wo die magifizierten Späher sich befinden sollten, wenn sie sich an ihre eigenen Feldhandbücher hielten. Die Schreie bewiesen ihr, dass sie nicht weit danebenlag.
    Der eine hinter ihr – derjenige, der ihr sein Messer in den Rücken gedrückt hatte – knurrte und sprang nach vorne, wobei er sie umwarf. Und dann bestand sie nur noch aus Knien und Ellbogen, schwang ihren Umhang um seine

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