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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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er gehört hatte, war Sethbert genauso paranoid und ebenso schwierig wie der Mann, der ihn aufgezogen und ihn für seine heutige Rolle ausgebildet hatte. Petronus hatte Aubert einmal unter den wachsamen Augen der Grauen Garde aus der päpstlichen Residenz werfen lassen, weil er den Empfangsstab des Papstes bedroht und ihnen die verschiedensten Arten von Verrat vorgeworfen hatte.
    Natürlich ließ sich dieselbe Theorie auch auf Rudolfo anwenden. Er hatte den Vater nur zu gut gekannt. Jakob war ein gerechter, wenn auch unbarmherziger Mann gewesen, der seine Neun Häuser der Neun Wälder mit einer Mischung aus androfranzinischer Vernunft und einer kompromisslosen Achtung vor den Gepflogenheiten der Bundschaft angeführt hatte. Er hatte sich nicht gescheut, Ketzer in den Foltertrakt bringen zu lassen … Aber genauso wenig war er bereit gewesen, dem Orden den Zugang zu diesen Gefangenen zu gestatten.
    Petronus nahm an, dass auch Rudolfo aus ähnlichem Holz wie sein Vater geschnitzt war. Er war noch ein kleiner Junge gewesen, als Petronus die Veränderungen eingeleitet hatte, die schließlich zu seinem Rücktritt von der Macht führten. Aber wenig später war Jakob gestorben, und dieser Junge hatte früh zum Mann werden müssen, nachdem er den Turban seines Vaters an sich genommen hatte. Petronus hatte hier und dort etwas aufgeschnappt. Am bemerkenswertesten war, dass Rudolfo den Freigütern der Smaragdküsten zu Hilfe geeilt war, als sie die Entscheidung getroffen hatten, die Stadtstaaten mit einer Handelssperre zu belegen, nachdem diese die Annexion des Golfs von Shylar und seiner Freistädte verkündet hatten. Rudolfo hatte sich während der darauffolgenden Kämpfe einen Ruf als brillanter Stratege und fähiger Schwertkämpfer erworben.
    Petronus trug das Wenige zusammen, das er über beide Männer wusste, um es in der Zukunft einsetzen zu können.
    Selbst jetzt, sagte er sich, im Angesicht dieser Verwüstung, schmiedest du Ränke und Pläne, alter Mann. Aber weshalb? Er hatte mit eigenen Augen sehen müssen, dass die Stadt verschwunden war. Er hatte nicht auf Vögel und andere Boten warten können – keine Beschreibung, ob sie nun schriftlich oder mündlich erfolgte, wäre ausreichend gewesen. Er hatte es selbst sehen müssen.
    Was für eine Rolle spielte es darüber hinaus? Zwei Könige, die beide Bundschaft mit der gefallenen Stadt hielten, würden gegeneinander ins Feld ziehen. Und beide Männer waren fähige – wenn auch sehr unterschiedliche – Anführer.
    Du hast gesehen, was du sehen wolltest. Geh jetzt heim. Kehre zu deinem Boot und deinen Netzen und deinem ruhigen Leben zurück.
    Er wandte sich von der verwüsteten Ebene ab, nahm die Zügel in die Hand und drehte sich um.
    »Hier gibt es nichts, was ich tun kann«, sagte Petronus laut vor sich hin. »Es ist nicht meine Angelegenheit.«
    Aber in seinem Herzen begriff er, dass das eine Lüge war.
    Jin Li Tam
    Jin Li Tam wusste, dass sie schon sehr nahe waren, als der Junge anhielt. Die Magifizienten hatten nicht nur ihre Geschwindigkeit und Kraft erhöht, sondern auch ihren Seh- und Geruchssinn verstärkt. Der Nachteil war das Summen in ihren Ohren und der aufwallende Kopfschmerz. Ihr Vater hatte dafür gesorgt, dass sie in Täuschungsmanövern jeglicher Art ausgebildet wurde, was auch das Benutzen von Magifizienten zur Tarnung einschloss, obwohl es für einen Adligen als ungehörig galt, die Wege der Älteren Tage zu beschreiten.
    Nachdem er angehalten hatte, wandte sie sich zu dem Jungen um, und was sie sah, ließ die feinen Haare auf ihren Unterarmen zu Berge stehen. Wellen von Zorn und Erleichterung liefen über sein Gesicht, immer wieder blickte er sich um und zog dabei an der Schnur.
    »Wir sind fast da«, sagte sie mit leiser Stimme. »Geh weiter.«
    Dann tat er das Unerwartete. Seine Hand schnellte hervor, griff nach dem Beutel mit den Magifizienten, der von ihrem Hals baumelte, und zog so fest daran, dass die Kordel riss. Mit der anderen Hand durchtrennte er die Seidenschnur, die sie aneinanderband. Sie griff nach ihm, um ihn zu packen, aber er rannte bereits zurück zum Lager.
    Mit einem unterdrückten Fluch folgte ihm Jin Li Tam. Sie wusste, dass sie ihn mit Leichtigkeit einholen konnte, aber der Himmel über ihr kündigte an, dass die Nacht schon an der Schwelle zum Morgen stand, und jede Minute, die sie auf dem Weg in die falsche Richtung verlor, war eine Minute mehr, in der man sie erwischen konnte. Aber sie konnte den Jungen nicht

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