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Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie

Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie

Titel: Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kitz Manuel Tusch
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90 Jahre alt geworden.« Diese Argumente wiegen den Missklang auf – ich kann weiterrauchen und bin mit mir und der Welt im Einklang.
    Folgendes Experiment verdeutlicht sehr schön den Mechanismus dieser Dissonanzreduktion: Man lädt zwei Gruppen von Versuchspersonen zu einer Gruppendiskussion über Sexualität ein. Im Vorfeld muss jeder Proband eine Art »Aufnahmeprüfung« absolvieren. In der einen Gruppe ist diese »Prüfung« schwierig: Die Versuchspersonen sollen dem Versuchsleiter Anzüglichkeiten vorlesen – jedoch ohne zu stocken und zu erröten. In der anderen Gruppe hingegen ist sie leicht: Die Versuchspersonen sollen harmlose Worte vorlesen. Im Anschluss daran nehmen beide Gruppen über Lautsprecher an einer »Diskussion« zum Thema Sexualität teil. Diese Diskussion ist absichtlich so uninteressant und langweilig wie nur irgend möglich gestaltet, gewissermaßen reine Zeitverschwendung. Danach sollen die Kandidaten die Diskussion bewerten. Was glauben Sie – wer fand sie schlechter?
    Der Alltagsverstand würde sofort sagen: Diejenigen mit der schweren Aufnahmeprüfung ärgern sich am meisten über die vergeudete Zeit und bewerten die Diskussion am schlechtesten.
    Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Probanden mit der schwierigen Aufnahmeprüfung haben den größten Missklang, die stärkste Dissonanz in ihrem Kopf. Sie wissen: »Ich habe eine schwierige Aufnahmeprüfung absolviert und wurde mit einer langweiligen Diskussion ›gestraft‹.« Die Prüfung ist nicht mehr rückgängig zu machen, die Diskussion hingegen kann jederzeit neu bewertet werden. Also sagen sie sich innerlich: »Die Prüfung war wirklich schwierig, aber ich wurde durch eine spannende und interessante Diskussion dafür entschädigt.« Und schon herrscht wieder gedankliche Harmonie.
    Die Personen mit der leichten »Aufnahmeprüfung« hingegen empfinden erst gar keinen Missklang. Sie wissen: »Ich habe nicht viel investiert, ich habe nicht viel bekommen – völlig okay so.«
    Dieses Phänomen nennen wir in der Fachsprache auch die »Rechtfertigung des Aufwandes«. Je mehr wir in etwas investieren, desto stärker entwickelt sich unsere Wertschätzung für das entsprechende »Objekt«. Alltagssprachlich ist uns die »Rechtfertigung des Aufwandes« unter der Formulierung »Was nichts kostet, ist nichts wert« geläufig.
    Beobachten lässt sich das Phänomen auch bei strengen Numerus-Clausus-Studiengängen, bei denen man nur mit sehr guter Abiturnote oder sehr vielen Wartesemestern einen Studienplatz bekommt. Wie gut die Note sein muss, richtet sich aber allein nach Angebot und Nachfrage, also danach, wie viele Bewerber es pro Studienplatz gibt. Je größer der Andrang, desto stärker wird ausgesiebt und desto besser muss die Note sein – ohne dass dies in irgendeinem Zusammenhang damit stünde, wie anspruchsvoll das Studium ist und ob man wirklich ein Einser-Abitur braucht, um es erfolgreich absolvieren zu können (selbstverständlich braucht man das nicht …). Trotzdem empfinden diejenigen, die nach diesen harten Kriterien einen Studienplatz ergattern, ihr Studium dann nicht selten auch als besonders anspruchsvoll.
    Auch in der Familie rechtfertigen wir den »Aufwand« oft, indem wir kognitive Dissonanz reduzieren – und gerade Partnerschaften und Kinder verlangen uns ja oft ganz erhebliche Investitionen ab. Für Frau Schneider ist es einfacher, ein bisschen an ihren Gedanken zu drehen, anstatt sich scheiden zu lassen: »Was soll ich mit einer Bohnenstange – ist doch viel besser, er hat was auf den Rippen, da hat man wenigstens was zum Anfassen«, denkt sie. Schon ist die Welt wieder in Ordnung. »Und unsere Kleinen – die sind ja sooo süß«, reden wir uns gut zu. Erspart uns den Gang zum Adoptionsbüro. Das Gleiche gilt für unseren Chef und die Kolleginnen.
    Und was raten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser? Verdrängen Sie ganz schnell, was Sie hier gelesen haben. Diese Informationen sind gefährlich und können Ihr Weltbild ins Wanken bringen! Sonst liegen Sie schneller auf der Couch, als Ihnen lieb ist …

    PS: Mehr zum Thema »Weltbild«
    Aronson, E. & Mills, J. (1959): The effect of severity of initiation on liking for a group. Journal of Abnormal and Social Psychology, 59, 177–181
    Egan, L. C., Santos, L. R. & Bloom, P. (2007 ):The Origins of Cognitive Dissonance. Evidence From Children and Monkeys. Psychological Science, 18, 978–983
    Festinger, L., Irle, M. & Möntmann, V. (1978): Theorie der kognitiven

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