Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
Dissonanz. Bern: Huber
Wie Sie durch Essen abnehmen und wie Sie einen Flugzeugabsturz überleben
Mit der gedächtnispsychologischen Imagination können Sie sich auf Erfolg programmieren
Die Mandel-Marzipan-Nougat-Schokolade mit einem Anteil echter frischer Sahne – lecker lächelt sie uns an in der Auslage der Kantine, direkt an der Kasse platziert. Und lecker schaut sie auch noch aus in unseren Gedanken, wenn wir schon längst wieder zurück in unserem Büro sind. So lecker, dass uns das Wasser im Mund zusammenläuft, bis wir schließlich aufgeben und noch mal schnell in die Kantine laufen. Kurz vor drei, sie hat gerade noch auf, wir schieben erleichtert gleich zwei Tafeln der Mandel-Marzipan-Nougat-Schokolade mit dem Anteil echter frischer Sahne zum Kassierer. Damit sich der Weg gelohnt hat.
Doch das war gestern. Heute soll uns das nicht passieren! »Gar nicht erst den Gedanken an Essen aufkommen lassen«, haben wir in dem fliederfarbenen Kasten mit den »10 Tipps für die Bikinifigur – so klappt’s diesmal wirklich« in einer Zeitschrift gelesen. Und die Bikinifigur wollen wir natürlich. Und zwar pünktlich.
Also denken wir tunlichst nicht an die Schokolade, lenken unsere Aufmerksamkeit auf Dinge, die uns auf den Boden der Tatsachen zurückbringen sollen, weit weg von jeder Süßigkeit: auf das verdreckte Katzenklo der Nachbarn zum Beispiel oder das nässende Fuß-Furunkel der Oma.
(Liebe Männer, wenn Ihnen die Geschichte nicht bekannt vorkommt: Ersetzen Sie »Mandel-Marzipan-Nougat-Schokolade mit einem Anteil echter frischer Sahne« durch »800-Gramm-T-Bone-Steak mit einer dreifachen Portion Kräuterbutter« und »Bikinifigur« durch »Waschbrettbauch«.)
Doch für Männer wie Frauen gilt: Wir sollten eigentlich nicht weniger, sondern viel mehr an das gute Essen denken, wenn wir weniger essen wollen …
Richtig ist zunächst: Der Gedanke an gutes Essen steigert den Appetit. Stellen wir uns vor, wie gutes Essen aussieht, duftet, wie wir es serviert bekommen, auf dem Teller liegen haben, dann läuft uns tatsächlich das Wasser im Mund zusammen. Und das Verlangen steigt.
Unseren Appetit können wir aber wieder zügeln, wenn wir an diesem Punkt nicht aufhören, an das Essen zu denken – sondern erst richtig anfangen : Wenn wir uns in allen Farben, Düften und Geschmacksrichtungen ausmalen, wie wir die Mandel-Marzipan-Nougat-Schokolade mit einem Anteil echter frischer Sahne (oder das 800-Gramm-T-Bone-Steak mit einer dreifachen Portion Kräuterbutter) in den Mund führen, kauen, schlucken, genießen.
Wenn Sie das machen, werden Sie in Wirklichkeit weniger essen! Das ist experimentell nachgewiesen: Man lässt Menschen einer Versuchsgruppe sich vorstellen, wie sie hintereinander 30 Schokobonbons essen. Eine andere Gruppe isst in Gedanken nur drei Schokobonbons; eine dritte Gruppe denkt an etwas ganz anderes, das gar nichts mit Nahrung zu tun hat. Danach serviert man allen Probanden Schokobonbons, von denen sie so viele essen können, wie sie wollen. Das Ergebnis: Wer in Gedanken bereits 30 Schokobonbons verspeist hat, lässt die Hälfte der echten Bonbons zurückgehen. Er isst weniger als jemand, der vorher nur drei imaginäre Schokobonbons verspeist hat, und viel weniger als jemand, der vorher gar nicht an Schokobonbons gedacht hat. Wichtig ist, dass sich die Probanden in allen Einzelheiten vorstellen, wie sie die Schokobonbons tatsächlich essen – nicht nur, wie sie appetitlich vor ihnen liegen.
Den Grund für dieses Verhalten haben wir bereits in dem Kapitel »Warum Sie sich bei schönen Dingen öfter mal unterbrechen lassen sollten« kennengelernt: die Habituation. Sie führt auch beim Essen dazu, dass der erste Biss der schönste ist und alle weiteren Bissen immer weniger attraktiv werden. Das Experiment zeigt: Schon die bloße – realistische – Vorstellung, etwas zu tun, hat einen Gewöhnungseffekt. Stellen wir uns etwas nur oft genug vor, so ist es bereits weniger interessant geworden, bevor wir es überhaupt zum ersten Mal tatsächlich tun. Auf diese Erkenntnis kann man einen schönen Diätplan aufbauen.
Die Erkenntnis hilft aber auch Menschen, die ihr Essverhalten gar nicht beeinflussen wollen. Wir hatten ja schon festgestellt, dass die Habituation auch eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass wir lernen können. Können wir den Gewöhnungseffekt also bereits gedanklich erzielen, können wir ein bestimmtes Verhalten allein dadurch erlernen, dass wir es uns nur oft genug und genau
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