Psychoid - Der Feind in Oliver
zusammen, so als wü rde ich ihm leidtun. Jedenfalls sagte er das.
» Sie meinen David brachte sich um, damit er Ihre Gruselgeschichten nicht mehr hören musste?«
Das hatte einen bi tteren Nachgeschmack. Ich fühlte mich ein wenig verschaukelt, weil ich dachte, der Doc macht sich lustig über mich. Dabei war gar nichts lustig.
» Ich war traurig. David war ja ein Teil von mir. Ein guter Kerl. Ich habe diesen Dreckskerl sehr gemocht. Als er weg war, fühlte ich mich gut, glaube ich. Wenn er doch tot sein wollte, und es dann war, so hat David doch alles richtig gemacht. Dachte ich mir. Es war in Ordnung. Und wenn meine Mutter nicht ständig nach David gebrüllt hätte, wäre es auch für sie in Ordnung gewesen.«
» Warum hat sich David umgebracht?«
» Ich weiß nicht. Er hatte wohl genug vom Leben. Von dem Leben, das er hatte. Er hatte es schön. Das wusste er. Es war alles so ganz anders als bei mir. Doch für Neid war ich mir zu schade. Das gibt‘s bei mir nicht.«
Ich beobachtete die Kamera in der Ecke und ü berlegte, wer wohl dahinter steckte. Es störte mich nicht mehr, dass fremde Augen zuschauten. Von so einem wie mir konnte man noch was lernen. Ich wollte grinsen, doch die Gedanken, die dabei entstehen würden, konnte ich jetzt nicht gebrauchen.
Also grinste ich nicht.
Kapitel 13
Es musste wohl der glü cklichste Tag in meinem Leben gewesen sein. Nachdem ich meine Dosis bekommen hatte, es waren, glaube ich, 70Milligramm, hatte mir der Doc ein Versprechen gemacht. Dr. Klein sagte, wir würden auf eine Reise gehen. Dass ein breiter Typ uns begleiten würde, störte mich nicht. Ich könnte mir ja einen Weg in Richtung Freiheit verschaffen. Dann könnte ich wieder ausflippen und komische Dinge machen, das kann bei einem Psychopathen schon mal vorkommen. Ich hatte schon Gewissensbisse, weil ich ständig etwas vom Doc wollte. Aber er war nett, das wusste ich. Und fragen konnte man doch, der Doc machte es ja auch ständig.
» Eine Bitte.«
» Ja, Oliver?«
» Würden Sie fragen, ob ich ihn in weiß bekäme?«
» In weiß?«
» Ja, meinen Anzug, Dr. Klein. Ich möchte einen weißen Anzug. Keinen schwarzen mehr. Und ein paar Schuhe, mit Wollsocken über Straßen zu laufen, sähe albern aus.«
Der Doc war heute gut gelaunt, denn er lachte. So richtig, aus vollem Herzen. Ich war ihm nicht bö se, er meinte es nicht so. Er hatte sich sicherlich nicht lustig über mich gemacht. Ihm war ganz einfach danach so zu lachen.
» Natürlich bekommen Sie ein paar Schuhe, wenn Sie wollen, aber Sie haben doch selbst welche. Wissen Sie noch, Oliver, die Schuhe Ihres Vaters. Da stehen sie.«
Dr. Klein hatte wohl vergessen, dass mir die Schuhe meines Vaters viel zu klein gewesen waren. Aber wenn ich ihr imponieren wollte, musste ich diese Schuhe tragen. So wie ich es bei Fräulein Carla getan habe.
» Da haben Sie ein Problem weniger, Dr. Klein. Und mein Anzug?«
» Sie sind scheinbar in guter Stimmung. So in Schwarz sehen Sie aus, als wären Sie in Trauer, Oliver. Ich werde sehen, was ich tun kann.«
Immer wenn er das sagte, war ich glü cklich. Denn damit meinte der Doc eigentlich, dass er es besorgen würde.
» Na, sind Sie schon aufgeregt?«
Das war die erste sinnlose Frage, die der Doc mir stellte. Ich war nichts anderes ger ade.
» Es geht schon. Weiß sie denn Bescheid?«
» Ja, weiß sie.«
» Könnten Sie mir ein paar Kaugummis besorgen?«
» Mache ich, Oliver. Jetzt kümmere ich mich um Ihren Anzug. Soll doch alles passen, oder?«
Ich wusste gar nicht , dass Dr. Klein so grinsen konnte. Schon fast wie ich es konnte.
Das gefiel mir sehr.
Als er gegangen war, dachte ich darüber nach, was wohl passieren würde. Ich müsste mich zusammenreißen. Schließlich war Elisabeth eine Nonne. Ich musste mir etwas zurechtlegen. Ein Mann von Welt, wie ich es war, sollte Eindruck machen. Da würde der weiße Anzug allein nicht genügen. Vielleicht aber doch. Vielleicht ist Elisabeth eine alte Schachtel, und hässlich obendrein? Ich werde den weißen Anzug dann wohl für mich tragen, wie es eben gerade zu mir passt. Es ist mir egal, ob es Elisabeth gefallen wird oder nicht. Ich brauchte es in Weiß.
Ich hoffte nur , es würde nicht lange dauern, bis wir im Kloster ankamen. Lange Autofahrten konnte ich nicht vertragen. Da wurde mir übel. Und ich wollte ja keinesfalls meinen neuen Anzug versauen. Ich hoffte wirklich, wir wären schnell da, denn ich konnte es nicht mehr erwarten. Die letzte Frau, die
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