Psychologische Venentherapie
Polidocanol und selten auch sogar bei der Kochsalztherapie der Fall, meistens aber zu vernachlässigen. Phenol aber kann intensive dunkelbraune Flecken machen, die nie mehr verschwinden. Also hat man sich in Amerika weitgehend der chirurgischen Sanierung von Krampfadern verschrieben.
Die Methode, die man in den 1960er Jahren zunehmend auch in Europa anwendet, stammt schon vom Beginn des 20. Jahrhunderts und wurde etwas gleichzeitig mit der Kochsalztherapie erfunden. Es war der amerikanische Chirurg William Wayne Babcock
(1872 – 1963), der damit weltweite Berühmtheit erlangt hat. Babcock hat im Jahr 1907 das Herausreißen der großen Saphena (Rosenvene) empfohlen und auch genau beschrieben, wie man das macht. Diese chirurgische Methode ist damals revolutionär, weil Babcock als Erster erkannt hat, dass man die erkrankte Saphena gefahrlos entfernen kann – und sie sogar entfernen muss, wenn man die Abflusssituation von Blut in den Beinen verbessern will. Man entfernt die oberflächlichen Adern und lässt die tief liegenden ungeschoren. Babcock hat sich außerdem eine pfiffige Methode einfallen lassen, wie man eine Ader herausreißen kann: Nämlich, in dem man einen Katheter durch die Ader schiebt, am anderen Ende einen dicken Knopf aufschraubt und dann den Katheter wieder herauszieht. Durch den Knopf bleibt die Ader am Katheter haften, und alle venösen Verbindungen reißen ab, wenn man den Katheter in einem Schwung herauszieht. Unter Chirurgen wird es über viele Jahre keine bessere Methode der Krampfadertherapie geben, und das Interessante daran: Sie ist selbst bis zum heutigen Tag durch kein wirklich besseres chirurgisches Verfahren ersetzt worden. Zumindest gilt das für die öffentliche Wahrnehmung, und das ist auch die Perspektive der Krankenkassen, die die OP bezahlen, sonst aber jede alternative Form der Krampfaderentfernung ablehnen.
Über 100.000 Fälle, bei denen Krampfadern zwischen 1911 und den 1960er Jahren mit Kochsalzlösung aufgelöst wurden, ändern nichts daran, dass die meisten Phlebologen heute weiterhin auf die Operation setzen und die Kochsalztherapie ablehnen. Wie konnte es soweit kommen? Ein großes Problem für die Kochsalztherapie war in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens das Arbeitsmaterial. Wo ein Chirurg mit scharfem Skalpell und Nadel arbeitete, musste das Kochsalz bei der Injektion unter der Haut in die Ader eingebracht werden. Das ist schwieriger, als man auf den ersten Blick vermuten würde, und dass man es damals meist anstandslos zuwege brachte, spricht sehr für die Kollegen, die sich daran versuchten. Heute sind die Nadeln sehr klein geworden, und die Adern wirken im Vergleich sehr groß. Für den Erfahrenen ist es nicht mehr so schwer, in eine Ader zu spritzen. Eigentlich erahnt man ja schon mit dem freien Auge die Spitze der Nadel im Gewebe, und kann beurteilen, ob man im Inneren der Ader angekommen ist. Man kann durch das zurückströmende Blut beim Anziehen des Spritzenkolbens erkennen, ob man tatsächlich „intravasal“ ist und die Injektion gefahrlos durchführen. Das klingt einfach in der Praxis, ist aber in der Durchführung für viele Menschen auch heute noch nicht so leicht und der Grund dafür, warum sich die Kochsalztherapie früher gar nicht durchsetzen konnte und auch heute noch das Betätigungsfeld der wenigen geblieben ist.
Therapien, bei denen man etwas in eine Ader spritzt, sind noch gar nicht so alt. Seit der Erfindung der Injektionsspritze durch Charles-Gabriel Pravaz im Jahr 1843 und der Hohlnadel durch Alexander Wood im Jahr 1853 werden Arzneien erst im späten 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert zunehmend direkt in die Blutbahn eingebracht. Man genießt es bald, Arzneien dadurch sofort in den Körper hinein spritzen zu können. Dadurch wurde die Notfallmedizin überhaupt erst möglich, da der Wirkungseintritt innerhalb von Sekunden erfolgt. Diese Form der Anwendung hat sich zu Beginn des 20. Jahrhundert auch in Tübingen in der Dermatologie durchgesetzt, obwohl die dabei verwendeten Nadeln noch recht stumpf sind und einen recht großen Durchmesser von zwei Millimetern (!) aufweisen, wie man heute noch in Museen zur Geschichte der Medizin sehen kann. Auch Paul Linser und seine Mitarbeiter sind bei ihren intravenösen Behandlungen auf ein erhebliches Geschick der Person angewiesen, die diese Therapie durchführt. Und ihre Patienten müssen leidensfähig sein, denn die Injektionen sind sehr schmerzhaft. Die Behandlung von
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