Psychopath
wie sie sich in ihrem Hosenbein hinaufbewegte und die Pistole griff. Er drehte McCormick mit einem Ruck auf den Rücken um und rammte ihr den Pistolenlauf in den Mund.
Er beugte sich dicht an ihr Ohr.
»Wie lautet Ihre erste Frage?«, sagte er und zog den Riemen noch fester.
Während North Anderson in seinem Wagen vor dem Ambassador Motor Inn wartete, malte er sich eine gänzlich andere Szene in Zimmer 105 aus. Er hatte McCormick beschattet, während sie einem Mann – einem sehr gut aussehenden Arzt mit einem sehr teuren Auto – zu seinem Motel gefolgt war. Sie hatte an seiner Tür geklopft, war von ihm halb nackt begrüßt worden und war dann in seinem Zimmer verschwunden.
Für Anderson sah es so aus, als habe McCormick zufällig jemanden getroffen, den sie vom College oder vom Medizinstudium her kannte, und beschlossen, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen.
Wie dem auch sei, mit einem hatte sie Recht: Es ging ihn nichts an. Und er hatte nicht vor, es Clevenger gegenüber zu erwähnen.
Und er würde sich auch nicht verziehen. Er würde sich in Zukunft besser vorsehen müssen, wenn er sie beschattete, aber das war machbar.
Er schätzte, dass ihm einige Zeit blieb, bis McCormick wieder aufbrach. Er blickte zum Cafe des Motels neben der Ausfahrt. Er war am Verhungern, und er fühlte sich etwas unbehaglich dabei, vor jenem Zimmer herumzulungern.Als Whitney McCormick aufwachte, lag sie ausgestreckt auf Jonahs Matratze, und ihre Arme und Beine waren mit Lederriemen am Bettrahmen festgebunden. Jonah saß neben dem Bett in einem Sessel und starrte sie an. Sie zerrte an ihren Fesseln, doch es war sinnlos. Sie verdrehte ihr Handgelenk, um auf die Uhr zu schauen, und sah, dass sie keine zehn Minuten bewusstlos gewesen war.
»Das FBI weiß, dass ich auf dem Weg hierher war«, sagte sie. »Damit kommen Sie nicht durch – lassen Sie mich gehen.«
Jonah lächelte. »Hätten Sie mich gehen lassen, wenn Sie mich geschnappt hätten?«
Sie antwortete nicht.
»Sie hätten mir gesagt, ich solle mich zum Teufel scheren.« Er sah sie durchdringend an. »Hab ich Recht?«
McCormick musste hilflos zuschauen, wie Jonah sein Klappmesser öffnete und die Klinge über ihr Gesicht hielt.
»Gibt es irgendetwas, dass ich Ihrem Vater in meinem nächsten Brief an die Times von Ihnen ausrichten soll, Whitney?«, fragte er sie. »Ich weiß, dass ich ihn fast wie einen Mitverschwörer betrachten sollte. Irgendein Fehler bei Ihrer Erziehung hat eindeutig dazu beigetragen, dass Sie zu einer Frau ohne jegliches Mitgefühl herangewachsen sind. Nichtsdestotrotz würde ich gern alles in meiner Macht Stehende tun, um seinen Schmerz zu lindern. Erst seine Frau zu verlieren und dann seine Tochter ...« Er atmete tief durch. »Wie kann ein Mann das verkraften?«
McCormick erkannte, dass Jonah vorhatte, sie zu töten. Betteln würde ihn nur noch mehr anstacheln, würde bestätigen, dass sie das Opfer und er allmächtig war. Sie musste die Zügel in die Hand nehmen, selbst gefesselt. »Das hier hat doch überhaupt nichts mit mir zu tun«, sagte sie. »Das ist das Tragische an der Sache.«
Jonah hielt die Schneide seines Messers an ihre Kehle. »Das klingt aber doch sehr nach Leugnung. Glauben Sie mir, wenn erst Ihr Blut zu strömen anfängt, werden Sie wissen, dass das hier Ihnen passiert und niemandem sonst.«
»Das hier geht um Ihre Mutter, Jonah. Frank hat versucht, Ihnen zu helfen, das zu erkennen. Sie sind einfach nur ein zu großer Feigling, um Ihre Augen aufzumachen. Sie war es, die kein Mitgefühl besaß – mit Ihnen. Sie hat Sie gequält.«
Er drückte das Messer fester gegen ihren Hals, so dass die Klinge sich in die Haut drückte, sie jedoch noch nicht aufritzte. »›Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich ...‹«
Angst, Wut und der Wille zu überleben brachten McCormicks Verstand auf Hochtouren, und ihre Gedanken kreisten in ihrem Kopf wie die durchdrehenden Zylinder in einem Kombinationsschloss. Sie hatte förmlich das Gefühl, ihr Gehirn laufe heiß.
»›Er erquicket meine Seele. Und ob ich schon ...‹«
Plötzlich fiel McCormick etwas ein. Der Junge, der an jenem Tag ermordet worden war, getötet von seiner Mutter. Das hatte Jonah wirklich erschüttert. »Denken Sie an Ihren Patienten, der heute ermordet wurde«, sagte sie. »Erkennen Sie denn nicht, warum das so grauenhaft für Sie war? Sie haben ihn zum Sterben nach Hause geschickt, Jonah. Sie haben ihn ermordet.«
Jonah hielt in
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