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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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den Sinn, dass er diesen Teil besonders genoss. Und ich wusste nicht, ob sein Vergnügen reiner Sadismus oder teilweise sexueller Natur war. Ich schätze, ich wollte es nicht wissen und will es wahrscheinlich noch immer nicht.
    Nüchtern war er sogar noch einfallsreicher und bediente sich psychischer statt physischer Folter. Eins seiner Lieblingsspielchen war es, meine Mutter und mich hereinzulegen, indem er uns versprach, wir würden zu einem Rummelplatz gehen oder zum Strand fahren oder den Hund kaufen, den ich mir so sehnsüchtig wünschte. Wir fuhren die Straße entlang und kamen sogar bis zum Parkplatz eines Jahrmarkts. Und dann schüttelte er seinen Kopf und lachte. Nur die Pointe wechselte:
    »Denkst du wirklich, dass du dich hier amüsieren und auf den Karussells fahren kannst, wo dein Zimmer immer so unordentlich ist? Das glaubst du doch selbst nicht.«
    »Denkst du, ich lass dich auf einen Hund aufpassen, wo du noch nicht mal auf dich selbst Acht geben kannst? Das glaubst du doch selbst nicht.«
    »Denkst du, du könntest am Strand herumlümmeln, wenn deine Hausaufgaben auf dich warten? Das glaubst du doch selbst nicht.«
    Rückblickend ist das Seltsamste an dieser ganzen abgedroschenen Masche, wie oft ich darauf hereingefallen bin, wie sehr ich an eine verborgene Güte glauben wollte, wie groß meine Hoffnung war, dass meine Welt froh und sonnig werden würde – und wenn auch nur für einen Tag.
    Ich hasste ihn. Auf gewisser Ebene tue ich das immer noch, obgleich ich weiß, dass er ein gebrochener Mann war und selbst schwer litt.
    Als Kind habe ich mir mehr als einmal vorgestellt, ihn umzubringen. Ist dieser Mörder noch immer in mir?
     
    Clevenger legte seinen Kugelschreiber hin und lehnte seinen Kopf wieder gegen die Nackenstütze.
    Der Ruck, mit dem das Flugzeug auf der Landebahn des Canyonlands Field Airport aufsetzte, weckte ihn. Er traf sich mit Whitney McCormick in der Kaserne der Wayne County State Police. Sie fuhren in einem Transporter der State Police die Route 70 entlang, zusammen mit zwei State Troopers und Dr. Kent Oster, dem Leichenbeschauer des Bezirks.
    Dem Eisregen vom Vormittag folgte am Nachmittag strahlender Sonnenschein. Auf dem Weg nach Moab passierten sie die flirrenden Panoramen der Route 70, die sich durch die San-Rafael-Wüste zog, an den majestätischen Books Cliffs und dem Arches National Park vorbei, und dann in einem weiten Bogen nach Norden auf die Canyons von Colorado zuführte.
    An der Abfahrt 42 hielten sie an. Nach nur fünfzehnminütiger Suche rief Trooper Gary Novick die anderen zu sich herüber.
    Als Clevenger hinkam, war McCormick bereits dort.
    »Es ist ziemlich schlimm«, sagte sie und starrte auf einen unkrautüberwucherten Pfad.
    Clevenger blickte in dieselbe Richtung wie McCormick und sah eine verweste Frauenleiche, vollständig bekleidet in einem schlichten geblümten Kleid und einer mintgrünen Strickjacke. Er ging darauf zu, blieb jedoch schon nach drei Schritten wieder stehen. Der Kopf war vom Körper abgetrennt worden. Clevenger schaute sich um und entdeckte ihn ein paar Meter entfernt in einem Laubhaufen. Die Augen waren offen und starrten ihn an, dünne graue Haarsträhnen flatterten im Wind. »Mein Gott«, murmelte er.
    Dr. Oster kniete neben der Leiche und reckte seinen Hals, um die Wunde in Augenschein zu nehmen. »Unser Mann muss ziemlich kräftig sein«, erklärte er. »Die Wirbelsäule ist glatt durchtrennt worden.« Er beugte sich dichter darüber. »Sie liegt mindestens schon einige Monate hier«, sagte er. Er zog sich Chirurgenhandschuhe an, spähte in den Halsausschnitt von dem Kleid der Frau, schaute hinüber zu dem ledrigen, körperlosen Gesicht. »Siebzig. Vielleicht fünfundsiebzig.« Er stand auf, ging zu dem Kopf hinüber und ging daneben in die Hocke. »Eindeutige traumatische Verletzungen im Gesicht. Mehrfache Brüche – Kiefer, Jochbogen. Die Stirnhöhlen sind zertrümmert.«
    »Das hier ist nicht der freundliche, sanfte Highwaykiller«, feixte Jackie McCune, einer der State Troopers, augenzwinkernd. »Diesmal sind ihm wohl ein bisschen die Pferde durchgegangen.«
    »Vollkommene Raserei«, sagte McCormick. »Diese Frau ist ihm unter die Haut gegangen.«
    Die Troopers begannen, die Umgebung nach Spuren zu durchkämmen.
    Clevenger ging zur Leiche. Er starrte auf die entblößtenArme der Frau. »Ich sehe keine Anzeichen, dass er ihr Blut abgenommen hat«, bemerkte er.
    Oster trat zu ihm. Er hob sacht nacheinander beide Arme an und

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