Psychose: Thriller (German Edition)
Spiegelscherbe in der Hand und schob sie durch den Türspalt Millimeter für Millimeter vor, bis sich der Gang darin spiegelte.
Leer.
Wieder wurde eine Tür zugeschlagen.
Zwischen dem Türenschlagen hörte er das Geräusch von Gummisohlen auf dem Boden, sonst nichts. Eine der Glühbirnen in der Nähe war defekt und flackerte in unregelmäßigen Abständen, wodurch der Gang mal heller und mal dunkler wurde.
Er sah erst den Schatten, eine schwache dunkle Silhouette auf dem Boden in der Nähe des Schwesternzimmers, bevor Schwester Pam zu sehen war.
Sie blieb an der Stelle, an der sich die vier Korridore kreuzten, reglos stehen und hielt etwas in der rechten Hand, das Ethanaus dieser Entfernung nicht erkennen konnte, auch wenn es an einem Ende das Licht zu reflektieren schien.
Dreißig Sekunden vergingen, dann drehte sie sich um und marschierte in Ethans Gang, wobei sie sich vorsichtig und mit Bedacht bewegte, mit kurzen, kontrollierten Schritten, und so breit grinste, dass es in ihrem Gesicht irgendwie deplatziert wirkte.
Nach einigen Schritten blieb sie stehen und kniete sich hin, um etwas auf dem Linoleum zu untersuchen. Sie wischte mit einem Finger ihrer freien Hand über den Boden und hielt ihn dann hoch, und Ethan erstarrte erschreckt, als er begriff, worum es sich dabei handelte und was der Schwester verraten hatte, in welchen Gang sie geflohen waren.
Wasser von Beverlys Regenmantel.
Und das würde sie direkt zu der richtigen Tür und zu Beverly führen.
Schwester Pam stand auf.
Langsam ging sie weiter, den Blick stets auf den Boden gerichtet.
Ethan erkannte, dass sie eine Spritze in der Hand hielt.
»Mr. Burke?«
Er hatte nicht erwartet, dass sie etwas sagen würde, und der Klang ihrer hellen, bösartigen Stimme, der durch die leeren Gänge des Krankenhauses hallte, bewirkte, dass ihn ein eisiger Schauer durchfuhr.
»Ich weiß, dass Sie in der Nähe sind und mich hören können.«
Sie kam ihm jetzt viel zu nahe und Ethan befürchtete, sie könnte jeden Moment die Spiegelscherbe in seiner Hand entdecken.
Er zog die Hand wieder zurück und drückte die Tür sehr langsam und vorsichtig zu.
»Da Sie mein neuer Lieblingspatient sind«, fuhr die Krankenschwester fort, »möchte ich Ihnen ein besonderes Angebot machen.«
Ethan merkte, dass sich an seiner Schädelbasis etwas veränderte: Wärme breitete sich entlang seines Rückgrats aus, zog inseine Arme und Beine, selbst seine Finger- und Zehenspitzen schienen sich zu erwärmen.
Er konnte es auch hinter den Augen spüren.
Das Betäubungsmittel zeigte langsam Wirkung.
»Seien Sie ein guter Verlierer und kommen Sie jetzt raus, dann bekommen Sie auch ein Geschenk.«
Er konnte ihre Schritte nicht mehr hören, aber ihre Stimme wurde nach und nach lauter, während sie immer näher kam.
»Das Geschenk ist ein Anästhetikum für Ihre Operation, Mr. Burke. Ich hoffe, Sie verstehen, dass das letzte, das ich Ihnen vor zehn Minuten verabreicht habe, jetzt jeden Moment dafür sorgen wird, dass Sie bewusstlos werden, falls das nicht längst geschehen ist. Und wenn ich erst eine Stunde lang jedes einzelne Zimmer durchsuchen muss, bis ich Sie finde, werde ich sehr wütend! Und Sie möchten nicht, dass ich sehr wütend werde, denn wissen Sie, was dann passiert? Wenn wir Sie schließlich finden, werden wir Sie nicht sofort in den OP bringen. Wir werden warten, bis die Betäubung nachlässt. Sie werden auf dem OP-Tisch aufwachen. Keine Fesseln, keine Handschellen, aber Sie werden sich trotzdem nicht bewegen können. Der Grund dafür ist, dass ich Ihnen eine riesige Dosis Suxamethonium verabreicht habe, ein lähmendes Mittel. Wollten Sie schon immer mal wissen, wie sich eine OP anfühlt? Tja, Mr. Burke, bald werden Sie es herausfinden.«
An der Art, wie ihre Stimme durch den Gang hallte, erkannte Ethan, dass sie jetzt etwa in der Mitte und somit gerade mal eineinhalb Meter von ihm entfernt auf der anderen Seite der Tür stehen musste.
»Das Einzige, was Sie dann noch machen können, ist blinzeln. Sie werden nicht einmal schreien können, wenn Sie das Schneiden, Sägen und Bohren spüren. Wenn unsere Finger in Ihnen stecken. Die Operation wird mehrere Stunden dauern und Sie werden lebendig, wach und bei vollem Bewusstsein sein und jede schmerzhafte Sekunde davon mitbekommen. So was liest man sonst nur in Horrorromanen.«
Ethan legte die Hand auf den Türgriff, während das Mittel immer stärkere Wirkung zeigte, sein Gehirn umwölkte und bis in die Ohrläppchen
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