Psychose: Thriller (German Edition)
dann nichts aufgeschrieben?«
»Das habe ich doch.«
»Mit unsichtbarer Tinte?«
Jetzt ist es an Ethan, zu grinsen. Er muss seine ganze Kraft zusammennehmen, um das Zittern zu unterdrücken, das durch seine Hände fährt.
Er hält die Linke hoch.
»Ich habe das hier geschrieben«, sagt er und zeigt das Tattoo, das er mit der Spitze des Kugelschreibers in seine Handfläche geritzt hat. Es ist dunkelblau und amateurhaft und an einigen Stellen blutet seine Hand noch. Aber angesichts der Zeit, die er dafür zur Verfügung hatte, und der Umstände war es das Beste, was er hinbekommen konnte. »Ich weiß, dass ich bald schreien werde. Weil ich furchtbare Schmerzen haben werde. Immer, wenn Sie sich fragen, was ich gerade denke, können Sie sich einfach meine Hand ansehen und sich diese Worte zu Herzen nehmen. Das ist ein amerikanisches Sprichwort. Ich hoffe, Sie kennen seine ganze Bedeutung?«
»Sie haben ja keine Ahnung, was Sie erwartet«, flüstert Aashif, und zum ersten Mal erkennt Ethan unverhüllte Emotionen in den Augen des Mannes. Trotz seiner Angst spürt er eine gewisse Befriedigung darüber, die Coolness dieses Monsters ins Wanken gebracht zu haben, und er weiß, dass das sein einziger Sieg in dieser brutalen Transaktion sein wird.
»Da irren Sie sich«, erwidert Ethan. »Sie werden mich foltern, mich brechen und mich letzten Endes umbringen. Ich weiß genau, was mich erwartet. Ich habe nur eine Bitte.«
Seine Worte werden mit einem feinen Lächeln quittiert.
»Und die wäre?«
»Hören Sie auf, mir zu erzählen, was für ein toller Hengst Sie sind, Sie Arschloch. Legen Sie endlich los und zeigen Sie’s mir.«
Und Aashif zeigt es ihm den ganzen Tag lang.
Einige Stunden später kommt Ethan wieder zu Bewusstsein.
Aashif stellt die Flasche mit Riechsalz auf den Tisch neben die Messer.
»Willkommen zurück. Haben Sie sich selbst gesehen?«, fragt er ihn.
Ethan weiß schon längst nicht mehr, wie lange er schon hier unten in dem fensterlosen Raum mit den braunen Wänden festgehalten wird, der nach Tod und ranzigem Blut riecht.
»Sehen Sie sich Ihr Bein an.« Aashifs Gesicht ist schweißgebadet. »Ich sagte: Sehen Sie sich Ihr Bein an.«
Als sich Ethan weigert, steckt Aashif seine blutigen Finger in ein Tongefäß und holt eine Handvoll Salz heraus.
Er wirft es gegen Ethans Bein.
Ethan schreit trotz des Knebels.
Diese Schmerzen.
Bewusstlosigkeit.
»Ist Ihnen klar, dass Sie ganz mir gehören, Ethan? Dass Sie mir immer gehören werden? Hören Sie mich?«
Wahrere Worte sind nie gesprochen worden.
Ethan hat sich in eine andere Welt versetzt, versucht, einem Gedankengang zu seiner Frau zu folgen, die ihren Erstgeborenen zur Welt bringt, stellt sich vor, bei ihr im Krankenhaus zu sein, aber der Schmerz holt ihn immer wieder in die Realität zurück.
»Ich kann es zu Ende bringen«, säuselt ihm Aashif ins Ohr. »Ich kann Sie aber auch noch tagelang am Leben lassen. Ich kann tun,was immer ich will. Ich weiß, dass es wehtut. Ich weiß, dass Sie größere Schmerzen haben, als ein Mensch Ihrer Meinung nach überhaupt ertragen kann. Aber vergessen Sie nicht, dass ich erst ein Bein bearbeitet habe. Ich bin sehr gut in dem, was ich tue. Ich werde nicht zulassen, dass Sie verbluten. Sie werden erst dann sterben, wenn ich es will.«
Es besteht zweifellos eine Intimität zwischen ihnen.
Aashif schneidet.
Ethan schreit.
Zuerst hatte Ethan nicht hingesehen, aber jetzt kann er den Blick nicht mehr abwenden.
Aashif zwingt ihn, Wasser zu trinken, und schaufelt ihm lauwarme Bohnen in den Mund, während er sich beiläufig mit ihm unterhält, als wäre er nur ein Friseur und Ethan sein Kunde.
Später sitzt Aashif in der Ecke, trinkt Wasser und beobachtet Ethan. Er begutachtet sein Werk mit einer Mischung aus Belustigung und Stolz.
Er wischt sich die Stirn und steht auf, sodass der Saum seines Dischdaschas in Ethans Blut getaucht wird.
»Morgen werde ich Sie als Erstes kastrieren, die Wunde mit einer Lötlampe verätzen und mich dann mit Ihrem Oberkörper beschäftigen. Sie können sich ja schon mal überlegen, was Sie zum Frühstück haben wollen.«
Er schaltet das Licht aus und verlässt den Raum.
Die ganze Nacht hängt Ethan in der Dunkelheit.
Er wartet.
Manchmal hört er Schritte vor der Tür, aber sie geht nie auf.
Der Schmerz ist unerträglich, aber es gelingt ihm, an seine Frau und das Kind zu denken, das er niemals sehen wird.
Er flüstert Theresa aus seinem Kerker etwas zu und fragt
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