Pubertät – Loslassen und Haltgeben
prügelte, änderte sich die Lage. Julia vertraute sich einem Beratungslehrer der Schule an, der auf der Stelle handelte. Daniela und Michaela wurden sofort von der Schule verwiesen.
Sachbeschädigungen
Die Jungen sind zwischen 14 und 16 Jahre alt und sind durch sprachliche Aggressionen und Sachbeschädigungen in der Schule aufgefallen.
«Scheiße», erzählt Roman etwas zerknirscht, «aber wenn du so auf der Toilette stehst, die ist dunkel und die stinkt nach Pisse, du bist gefrustet über irgendetwas, dann juckt es dich in den Fingern, du hältst den Strahl nach links und nach rechts, pisst einfach mal daneben. Tja, oder du stopfst Klopapier ins Waschbecken, lässt das volllaufen.» Er zuckt mit den Achseln. «Gibt ’ne schöne Sauerei.»
«Und wie», lacht Pit. «Nur nicht mit Ökopapier. Das weicht sofort auf. Aber dieses harte Papier, das dir den Arsch zerkratzt.Sauerei, dieses Papier! Alles nur wegen der Sparmaßnahmen!» Er grinst. «Wofür soll man das sonst verwenden, eh?» Pit überlegt. «Und wenn du dann aus der Schule nach Hause gehst, kommst du an so ’nem Papierkorb vorbei, du kickst dagegen und der fällt gleich auseinander.» Er runzelt die Stirn. «Keine deutsche Wertarbeit mehr, geht alles den Bach runter.»
«Dann kommt es zum Wettbewerb: Wer schafft es mit einem Stoß? Wer mit zwei Stößen?», meint Jannik. «Und schon liegen vier, fünf Papierkörbe auf dem Gehweg. Oder nachts die Laternen: Kurzer kräftiger Stoß unten, und schon gehen die Lichter aus und du stehst im Dunkeln. Und keiner sieht dich. Das ist volle Action!»
Ihm mache es mehr Spaß, andere zu ärgern, schmunzelt der etwas kleinwüchsige Hannes: «Diese brutale Gewalt gegen Sachen, die kann ich nicht ab. Was kann der Papierkorb dafür, dass du da stehst und voll geladen bist?» Er mache es lieber mit Worten. Andere ein bisschen ärgern, so kleine Stiche, bis die hochgehen. Zicken ärgern, das wäre zurzeit angesagt. «Und die kann man schnell ärgern. Brauchst nur ein bisschen beleidigend zu sein, und schon gehen die hoch wie eine Rakete.» Patrizia wäre zurzeit seine «Zielscheibe. Die hat große Titten, absolut große Titten. Wenn ich die sehe, rufe ich: ‹Da kommen die Glocken von Notre-Dame!› Dann rastet sie völlig aus! Völlig, kann ich Ihnen sagen!»
Leistungsdruck
Annika ist 13, geht seit einiger Zeit nur ungern zur Schule. Sie klagt morgens über Kopfschmerzen, über Probleme mit dem Magen. Bei einer ärztlichen Untersuchung findet man nichts heraus. Organisch scheint Annika völlig gesund zu sein.
Gleichwohl sieht man ihr an, dass sie sich nicht wohlfühlt.Ein graues Gesicht, das durch eine zu grelle Schminke zugedeckt ist, ein schleppender Gang wie bei einer alten Frau, nach vorn gebeugten Schultern, ein flackernder, unsicherer Blick, eine leise, kaum zu verstehende Stimme. Schon seit Wochen hat Annika den Sportunterricht nicht mehr besucht. Sie zieht sich immer mehr zurück, lässt auch ihre Eltern nicht mehr an sich heran. Nur zu einer Freundin besteht noch Kontakt. Sie igelt sich regelrecht in ihrem Zimmer ein.
Und dies, obwohl ihre schulischen Leistungen über dem Durchschnitt liegen, sie von ihren Lehrern geschätzt wird. «Aber», so beobachtet die Klassenlehrerin, «sie ist mit ihren Gedanken ständig woanders. Ich habe selten einen Blick gesehen, der so ins Leere starrt. Als ob sie in der Ferne etwas sieht.»
Nun besucht Annika schon seit Wochen nicht mehr die Schule: Sie klagt über Schwindelanfälle, Bauchkrämpfe, hat Einschlafprobleme, die dazu führen, dass sie morgens völlig unausgeschlafen ist und «komplett neben sich steht!».
Nach einigen Beratungsgesprächen wird deutlich, warum Annika zunächst die körperlichen Symptome zeigte und in der Folge die Schule nicht mehr besuchte.
«Meine Eltern», so erzählt Annika im Lauf der Beratung, «wollen sich trennen. Mein Vater hat eine Freundin. Meine Mutter rennt dauernd heulend durch die Wohnung: ‹Bleib du wenigstens bei mir! Versprichst du’s mir?›» Annika sieht mich mit großen Augen an: «Ich kann sie doch nicht alleinlassen, oder?»
Schulklima
Ausschnitte aus einem Gespräch mit 12- bis 1 4-jährigen Schülern und Schülerinnen über das Schulklima und das Verhältnis von Lehrern und Schülern.
«Im Allgemeinen kommen wir mit den Lehrern klar», meintYvonne, «die sind völlig in Ordnung. Man kann mit denen reden, diskutieren.»
«Bei den meisten», sagt Paul, «weißt du, woran du bist. Gut, es gibt immer ein paar
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