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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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aufnehmen und jugendgerechte Kampagnen starten.
    Aber es wäre zu simpel, das Rauschtrinken und deren Prävention auf staatliche Institutionen zu beschränken. Das Elternhaus kann entscheidend mithelfen, das Kampftrinken, wenn schon nicht zu verhindern, so doch einzugrenzen:
Elterliche Präsenz und Anteilnahme an der Entwicklung des Jugendlichen sind unabdingbar. Nicht selten erleben Polizisten und Mitarbeiter des Jugendamtes, dass Vater und Mutter nicht anwesend sind, wenn der volltrunkene Jugendliche zu Hause abgegeben wird. Oder sie sind nicht erreichbar, wenn das Klinikpersonal bei den Eltern anruft. Erzieherische und emotionale Gleichgültigkeit können die Flucht in den Alkoholkonsum verstärken.
Kommt das Kind betrunken nach Hause, ist von überzogenen Strafen oder Verboten abzusehen. Das berührt die Eltern-Kind-Beziehungen nur negativ. Wichtig ist vielmehr ein klares, aber auch behutsames Gespräch – nicht in der Nacht, wenn alle Beteiligten gefühlsmäßig aufgeladen sind, sondern am Tag danach. Und bedenken sollte man: Auch das betrunkene Kind bleibt das eigene Kind und möchte von den Eltern vor allem dann angenommen sein, wenn es Grenzen überschritten hat.
Hat man oder bekommt man keinen Kontakt zum Kind, kann man das Gespräch an eine dem Jugendlichen vertraute Person delegieren. Oder auch an einen Arzt. Nicht selten nehmen Jugendliche von Außenstehenden den einen oder anderen Tipp an – meist nur nicht auf der Stelle.
     
    Ihr Adrian, so erzählte mir eine Mutter, habe zwischen dem 15. und 17.   Lebensjahr seine «Alkoholexzesse gepflegt». Der habe uns richtig fertiggemacht, und man wäre auch nicht an ihn herangekommen.«Ich habe ihn dann zum Hausarzt geschickt, und Adrian hat eingewilligt.» Er wäre dann nach Hause gekommen, habe etwas von «einem blöden Typen gemurmelt, noch schlimmer als ihr». Dann habe er sich vor ihr aufgebaut und geschrien: «Ich mache doch, was ich will. Das ist mein Leben!» Der habe danach jedoch keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken, wäre 14   Tage später zu ihr gekommen und habe gemeint: «Danke für den Tipp!»

SCHULE, AGGRESSION UND GEWALT
    Psychoterror
    Michaela, 13   Jahre, und die gleichaltrige Daniela sind an ihrer Hauptschule gefürchtet. Sie setzen ihre Mitschüler und -schülerinnen unter Druck – mal körperlich, mal sprachlich. Als Jonas nicht tut, was er Michaela versprochen hat, bricht sie ihm mit einem kurzen Schlag das Nasenbein. Das hat Michaela von ihrem 1 9-jährigen Bruder gelernt. Selber hatte sie erfahren: Als sie einmal ihrem Vater widersprach, holte der kurz und heftig aus und versetzte seiner Tochter, «nur weil der Arsch besoffen war», wie sich Michaela erinnert, einen Schlag.
    «Aber», so Daniela, «das lernt man auch im Fernsehen. Also Karatefilme, die mögen Michaela und ich. Und nur ansehen ist nicht gut. Das muss man auch ausprobieren!»
    Jonas ist ein bevorzugtes Opfer der beiden Mädchen. «Der lässt sich alles gefallen, der macht sogar die Hausaufgaben für uns. Wenn nicht», so Michaela grinsend, «dann setzt es was, oder wir drohen ihm.» Als Jonas wieder mal nicht pariert, schickt Daniela drei ältere Jungen bei Jonas’ Vater vorbei, die ihm das Auto zerkratzen.
    Ein anderes Opfer ist Isabel. Ihr wird ständig das Pausenfrühstück weggenommen. Oder man fordert Geld von ihr, damit sich die beiden Mädchen davon etwas Eigenes kaufen können. Daniela und Michaela haben Isabel in der Hand. Im Landschulheim war nachts Michaelas Bruder aufgetaucht. Sie zwangen Isabel, mit ihm zu knutschen. Dabei fotografierte man Isabel und erpresste sie: «Wenn du etwas sagst, zeigen wir die Bilder deinen Eltern. Keiner wird dir dann glauben, und wir werden sagen, dass du Geld dafür genommen hast.»
    Angst war der Grund, warum Jonas und Isabel nicht zu ihren Eltern oder den Lehrern gegangen sind und sich offenbarten. Andere Mitschüler ahnten oder wussten von den Vorgängen, aber sie schwiegen, weil sie Angst davor hatten, die nächsten Opfer der Mädchen zu werden.
    Auch die Lehrer bemerkten nichts, deuteten offenkundige Signale falsch oder gaben sich nachsichtig, hatte es doch Michaela nun wahrlich nicht leicht. Die Mutter war in unregelmäßigen Abständen auf Alkoholentzug, der Vater arbeitsmäßig ständig auf Achse, die Großeltern mit der Erziehung komplett überfordert.
    Als Daniela und Michaela anfingen, Julia zu nötigen, diese sich aber weigerte, den Erpressungen und Nötigungen nachzukommen, und man sie deshalb krankenhausreif

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