Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
nicht so, da muss man ein Buffet haben. Dann kommt er, wenn er Hunger hat, und dann wählt er, was er will.
Es gibt ja viel Wertvolles in Kopf und Herz, bei beiden Eltern. Aber es steht eurem Sohn nicht zur Verfügung. Wenn ich das ein bisschen deutlicher sagen darf (und das sage ich nicht, um romantisch zu sein): Der Prozess der Liebe funktioniert eigentlich nicht zwischen euch. Es funktioniert manchmal, jeder weiß, dass es da ist, aber es hat viel mehr Potenzial. Es gibt sehr viel
mehr in beiden Eltern, was er gut gebrauchen könnte, und es gibt viel mehr in ihm, das er zurückgeben könnte. Dabei muss man sich aber wirklich vorstellen, dass er ein Erwachsener ist. Wenn ich sage, dass es im Allgemeinen mit zwölf für Erziehung zu spät ist, dann war es hier eigentlich immer zu spät. Als Eltern von anderen Kindern kann man weitermachen, und es wird nur für ein paar Jahre unangenehm werden. Aber hier muss es aufhören. Es ist genau so, als würde man ihm jeden Morgen Cornflakes geben, und genau Cornflakes kann er nicht verdauen, davon wird ihm schlecht. Ich kann noch mehr Bilder verwenden, aber ich möchte gerne jetzt wissen: Wie hört sich das für euch beide an, passt es irgendwie oder passt es nicht?
MUTTER: Für mich passt es sehr gut. Es ist ein Grundgefühl, wo ich die letzten Wochen auch gespürt habe, dass es in die Richtung geht.
JUUL: Ich habe ein bisschen darüber geschrieben in dem Buch Nein aus Liebe , da geht es über Kinder, die so auf die Welt kommen. Man kann sich immer auch als Elternteil überlegen: War ich auch so ein Kind?
MUTTER: Ich war so!
JUUL: Du warst so ein Kind! Ok, dann ist es ja wenigstens kein Mysterium. Und was haben deine Eltern gemacht? Ist es deinen Eltern gelungen, dich »zu knicken«?
MUTTER: Ich glaube nicht. Meine Mutter hat vor zwei, drei Jahren mal gesagt: »Es war immer schwierig, dich in die Familie zu integrieren.« Und ich habe vor zwei Jahren angefangen, Yoga zu machen, und seitdem kann ich vieles viel besser einordnen und für mich selber klären.
JUUL: Was deine Mutter sagt, ist: »Ich hab’ dich eigentlich nicht richtig verstehen können.«
MUTTER: Das kann sie wohl manchmal heute noch nicht. Aber das erwarte ich auch nicht.
JUUL: Das muss sie auch nicht.
MUTTER: Ja, das muss sie auch nicht.
JUUL: Aber als Eltern eines kleinen Kindes möchten wir das natürlich gerne. Und das ist genauso hier. Er lässt sich nur integrieren, wenn er spürt: »Ich kann sein, wie ich bin, und man soll mir nicht sagen, ich soll anders sein. Man soll mich überhaupt nicht ›benennen‹.« Man kann ehrlich sein, also offen sein, und sagen: »Jetzt machst du mich wahnsinnig« oder »Jetzt gehe ich, sonst haue ich dir eine runter.« Das kann man sagen, aber man kann ihn nicht definieren und sagen: »Du bist so und du bist so.« Dann »päng«, haut er zurück. Dieser Druck kann ( kann , sag ich,) ein Teil einer Erklärung sein, weshalb er dauernd an seinem kleinen Bruder dran ist. Er muss diesen Druck irgendwie verteilen. (Zum Sohn) Erst einmal muss ich sicher sein und dich deshalb fragen: Wenn ich über dich rede, erkennst du dich wieder in dem, was ich sage?
SOHN (12): Eigentlich schon.
JUUL: Das heißt: ja, fast total?
SOHN (12): So könnte man es sagen.
JUUL: Ja, ok. - Damit kann man jetzt spielen. Ihr habt ja alle Humor, und man kann sagen: Jetzt, ab dem heutigen Tag, haben wir ein neues Kind. Dieses Kind müssen wir kennenlernen. Der Junge hat es so weit mit unserer Unterstützung und eigentlich wenig von dem, was wir anzubieten hatten, geschafft. Er schafft es in der Schule usw., die Noten sind momentan nicht sehr gut, das ist etwas anderes, aber stellt euch mal vor, was er schaffen könnte, wenn er alles zur Verfügung hätte? Wenn er nicht immer kämpfen müsste? Dann gibt’s viele, viele Möglichkeiten.
Man kann ihm als Eltern durchaus sagen: »Ich weiß, was der Jesper gesagt hat, ich weiß, ich sollte es nicht sagen (den Sohn nicht »benennen« oder sagen, wie er ist) , aber ich muss es jetzt sagen, weil es gerade so in meinem Mund brennt. Ich muss sagen (und du musst es nicht hören, aber ich muss es sagen), dass so und so und so …« Wir müssen uns ja auch als Eltern als wertvoll
erleben! Wir können nicht nur sagen: Ok, dann macht er es halt selber … Er braucht dringend diese Beziehung, aber eine Beziehung, in der er nicht als schwieriges Kleinkind behandelt wird. Sondern als 32-Jähriger, ich kann es nicht besser sagen. Sich das vorzustellen ist
Weitere Kostenlose Bücher