Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Problem zu lösen, gemeinsam zu lösen, müssen alle wahrnehmen, dass es ein Problem gibt, und das haben wir hier nicht.
MUTTER: Richtig, und darin liegt wahrscheinlich die Diskrepanz.
JUUL: Da liegt es nicht wahrscheinlich, da liegt es ganz sicher. VATER: Ich glaube, wir nehmen das schon alle als ein Problem wahr, aber aus unterschiedlichen Perspektiven. Für mich ist es auch so, dass es für mich ein Problem ist. Dass ich mir schwertue, das, was wir uns vorgenommen haben, durchzuhalten, dass unsere Tochter alleine entscheiden und verantworten soll, wenn dann die Lehrer anrufen und sagen, da hat es wieder disziplinarische Probleme an der Schule gegeben oder sie hat wieder schlechte Noten gehabt, von denen wir vorher noch nichts erfahren haben. Da sind wir beide uns auch nicht einig, ob wir weiter bei der Zurückhaltung bleiben oder doch intervenieren sollen. Wir hatten ja heute schon das Beispiel mit dem morgens Aufstehen. Eigentlich hatten wir schon längst ausgemacht, dass wir sie alleine aufstehen lassen. Ich kann es mir nicht verkneifen, in der Früh mindestens zweimal im Zimmer zu stehen und sie daran zu erinnern, dass jetzt schon Zeit ist. Da ärgere ich mich dann über mich selber, gleichzeitig ist es auch so, dass sie es schafft, doch in der allerletzten Minute aus dem Haus zu gehen.
MUTTER: Auch das ist anscheinend nur unser Problem.
JUUL: Das, glaube ich, kann niemand beurteilen. Was wir sagen
können, ist, es gibt eine Beobachtung, es gibt eine Geschichte, mit beiden Eltern, und beide Eltern sagen: »Wir sollten eigentlich etwas damit machen, wir würden gerne etwas damit machen.« Und dann gibt es die Tochter, die sagt: »Da gibt’s kein Problem und ich will keine Hilfe.« Jetzt kommt die große Frage: Inwieweit hat diese Entwicklung über die letzten Jahre Ihr Vertrauen in Ihre Tochter zerstört?
MUTTER: Ich will das nicht so ganz global sagen mit dem Vertrauen. Das, was Zuverlässigkeit und Schule anbetrifft, da ist das Vertrauen zerstört, da ist wenig Boden da, da ist nur Hoffnung da, aber wenig Vertrauen. Sonst würde ich sagen, was sie auch sagt, sie hat ihr Leben schon im Griff, es gibt ja noch andere Themen als Zuverlässigkeit und Absprachen. Da hab ich ein runderes Gefühl, ein stimmigeres Gefühl, dass sie die anderen Sachen schon auf Reihe kriegt, aber bei Schule nicht.
JUUL: Dann reden wir ein bisschen über Vertrauen.
MUTTER: Ok.
VATER: Bei mir ist das anders. Also ich habe das Vertrauen, dass unsere Tochter das schafft, was sie schaffen will, auch was Schule betrifft. Und ich habe auch das Vertrauen, dass sie weiterhin in die Schule geht, und ich find das schon eine ganze Menge.
JUUL: Ich möchte gerne ein bisschen über dieses Vertrauen reden. Denn sie hat sich mehr und mehr alleine gestellt in Bezug auf die Schule und andere Dinge, sich separiert und autonom gemacht, und d.h. was kann man als Eltern eigentlich noch anbieten? Dann wird Vertrauen sehr wichtig, also nicht nur in Beziehung zu gewissen Themen wie Schule etc. Sondern ein Grundvertrauen in eure Tochter als Mensch, dass sie das Beste mit ihrem Leben macht, was sie schaffen kann. Und ich höre nicht ganz klar, ob dieses Vertrauen existiert oder nicht.
MUTTER: Ich bin auch nicht ganz klar. Wenn Sie mich entscheiden lassen müssten, ich könnte es nicht. Wenn es ihr Leben bedeutet, Schule und Ausbildung, dann bin ich völlig verunsichert.
Wenn es aber heißt, mit Menschen umgehen, in die Welt hinausgehen, auf beiden Beinen stehen, dann kann ich sagen: Ja, das kriegt sie hin. Widerspricht sich das in Ihren Augen? Ich habe gerade überlegt, wie sich das anhört.
JUUL: Es widerspricht sich mit meinen Ohren. (Lachen) Da ist so teilweise Vertrauen. Und ich will eigentlich nichts darüber sagen, ob das richtig oder falsch ist. Nur aus meiner Erfahrung mit Jugendlichen ist Vertrauen das überhaupt Wichtigste. Ich brauche das Vertrauen meiner Eltern nicht, wenn alles gut geht, sondern ich brauche es, wenn es nicht gut geht. Und Vertrauen darf nicht heißen: Ich mache es jetzt, wie die beiden Alten glauben, dass ich es machen soll. Sondern es bedeutet, wie ich schon gesagt habe, Vertrauen, dass ich mit den Möglichkeiten, die ich habe, mit allem, was ich von meinen Eltern bekommen habe, mit der Summe, dass ich damit das Beste mache, was ich kann. Dieses Vertrauen ist sehr wichtig. Man kann ohne überleben. Aber dann ist es sehr hilfreich, wenn klar ist, dass es nicht zur Verfügung steht.
MUTTER: Und in meinem Fall ist das
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