Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Ich muss dich fragen: Wenn du so aufgeregt bist, dann kannst du eigentlich nicht hören. Ist das richtig?
TOCHTER (14): Ja.
JUUL: Also hilft es nicht, wenn jemand Nein sagt.
TOCHTER (14): Dann wird es noch schlimmer.
JUUL: Ja.
TOCHTER (14): Aber es ist schon besser geworden, finde ich. Ich war vor einem halben Jahr noch schlimmer, glaube ich.
JUUL: Ja, ja, das weiß ich, und ich weiß auch, wenn du 50 bist, ist es auch nicht so schlimm. (Lachen) Aber es geht nicht darum, dass du schlimm bist, es geht darum, dass es für deinen Vater schlimm ist. Und darum, was er machen kann. Er kann natürlich dich fragen und kann sagen: »Kannst du mich bitte davor schützen?« Die Antwort ist: »Nein, wenn es so heiß wird, dann kann ich nicht.« Er bittet dich sozusagen, und du sagst: »Leider kann ich das nicht versprechen.« (Tochter nickt) Deshalb muss er sich selber schützen.
TOCHTER (14): Das kann er ja.
JUUL: Bis jetzt nicht!
VATER: Nein, nicht immer.
JUUL (ZUR TOCHTER): Das kann er nur in deiner Fantasie.
TOCHTER (14): Ich sehe das halt so, weil er ist erwachsen, 37, und ich bin 14. Er hat viel mehr Erfahrung, der muss das doch irgendwie selber können. Ich mein, ich kann mich ja auch vor ihm schützen.
JUUL: Ja, machst du ja auch, oder nicht?
TOCHTER (14): Aber ich versteh nicht, warum er das dann nicht
kann? Es ist eigentlich nicht so schlimm, ich probier’ eh schon immer, vor ihm lieb zu sein.
JUUL: Das musst du auch nicht notwendigerweise verstehen, du musst es nur wissen. So ist es: Das kann er nicht. Jetzt haben wir gesagt: Er kann versuchen wegzugehen, wenn es ein bisschen wehtut, sodass es nicht so ganz groß wird. Aber deine Idee, dass Menschen über 30 sich selber schützen können, ist falsch. So ist es nicht. Das heißt, wenn es möglich für dich ist, musst du auch diese alten Leute schützen. (Lachen) Ich verstehe, dass du die Vorstellung hast: »Ich bin erst 14 und deshalb habe ich freien Spielraum. Ich muss noch nicht richtig verantwortlich sein und so lange spiele ich.« - Da kann ich nicht mitmachen und will ich auch nicht mitmachen. Ich will dir nur sagen, dass es so nicht ist. Man kann als Kind oder Jugendlicher etwas sagen oder etwas tun, wo Eltern, aber auch andere Erwachsene, sich überhaupt nicht schützen können und leider auch oft Gedanken oder Gefühle haben, die sagen: »Aber ich kann meinem Kind die Wahrheit über mich nicht sagen. Ich kann meinem Kind nicht sagen, wie weh das eigentlich tut« oder »Ich kann vor meinem Kind nicht heulen« oder so. Diese Illusion, wie es ist, erwachsen zu sein, teilen die meisten Erwachsenen ja auch, du bist nicht allein. Aber hier reden wir über Schadensbegrenzung, denn wenn das nicht passiert, wenn der Vater das nicht macht (sich schützen) , dann wird es ein Problem in eurer Beziehung. Nicht notwendigerweise ein sehr großes Problem, aber es wird ein Problem. Das nicht sein muss. Du hast eben eine interessante Frage gestellt: Kann man das erben?
TOCHTER (14): Vielleicht nicht erben, sondern abkucken.
JUUL: Das ist oft so eine Mischung. 14 Jahre hast du mit deiner Mutter zusammengelebt, elf Jahre mit diesem Mann, und siehst du deinen leiblichen Vater? Kaum.
TOCHTER (14): Selten.
JUUL: War das immer so?
TOCHTER (14): Nein, früher hat sich noch die Mama drum gekümmert, aber inzwischen bin ich älter. Aber es ist gibt viele Probleme mit ihm.
JUUL: Jetzt kommt eine schwierige Frage. Wem glaubst du, so von Natur, Persönlichkeit usw., bist du ähnlicher, deiner Mutter oder deinem Vater?
TOCHTER (14): Eher noch dem Papa.
JUUL (ZUR MUTTER): Was glaubst du?
MUTTER: Ich sehe viele Ähnlichkeiten, die sie mit mir hat, und dann wechselt es. Im Moment hat sie selbst gesagt, dass sie ihrem leiblichen Vater tatsächlich sehr ähnlich ist. Ich habe ihr das auch schon gesagt, ein- bis zweimal.
TOCHTER (14): Ja, im Moment, aber nicht immer.
MUTTER: Im Moment schon, es wechselt so. Es ist schon so, dass du mit deinem leiblichen Vater viel Ähnlichkeit hast.
JUUL: Mit dem Vater?
MUTTER: Mit ihrem leiblichen Vater, ja. Wo ich auch ein großes Problem in unserer Familie sehe, die Ähnlichkeit, die sie eben hat, und das ist so anders mit meinem jetzigen Mann, und das macht es auch so schwer bei uns.
JUUL: Ich glaube auch, das wird zwischen den beiden Vätern ein bisschen ungerecht verteilt. Also deinen leiblichen Vater solltest du ein bisschen mehr »rumhauen« und deinen Stiefvater vielleicht ein bisschen weniger.
TOCHTER (14): Ich hau’ ihn
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