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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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zu ducken, als ich Gas gab, und schoß dahin, der Wind pfiff, Wagen nach Wagen wurde überholt, der Motor brummte Stunde um Stunde sein Lied. Öldruck — Kühlwasser normal — guter Boxi — guter Boxi...
    Zunächst fuhr das Frauchen. Ich saß neben ihr, hatte Puck auf dem Schoß und merkte, wie schwierig es war, diese kleine, widerspenstige Fellschlange zu bändigen. Ununterbrochen trat er in höchster Spannung von einem Hinterbein auf das andere wie ein Tanzbär, dauernd richtete er sich hinten auf und steckte mir den Schwanz abwechselnd in Mund oder Nase. Dauernd wollte er seitwärts aus dem Wagenfenster hinausgucken, oder er preßte die Nase gegen eine Luftlücke in der Windschutzscheibe. Seine Augen waren ganz groß, zwei flammende Lichter, starr und raubtierhaft, die unermüdlich das Gelände absuchten, ob nicht irgendwo eine Kuh oder Ziege zum Anbellen stand. Kam längere Zeit nichts dergleichen in Sicht, dann nahm er auch mit Pferden und Radfahrern vorlieb, um an ihnen seine überschäumende Erregung und Lebenskraft auszulassen.
    Und dann tauchten am Horizont die Berge auf. Vor dem Paß fand Steuerwechsel statt. Ich war froh, daß ich den kleinen Zappelfloh los war. Immer höher schraubten wir uns. Einmal strich ein Raubvogel dicht über den Wagen weg, einmal mußten wir halten, weil ein Betrunkener den Berg im Zickzack abwärts lief und uns fast auf den Kühler fiel. Puck beachtete ihn überhaupt nicht und starrte nur gebannt und pausenlos geradeaus. Endlich waren wir dann oben. Die Sonne stand fast senkrecht über unseren Köpfen, beleuchtete eine smaragdgrüne Wiese. Eine große Kuhherde zog läutend über die Alm und umschritt geruhsam die riesigen grauen Felsblöcke, die mitten in dieser grünen Idylle hockten. Wir hielten an einer Wegausbuchtung und kühlten die Reifen mit eisigem Quellwasser — eine völlig dilettantische Maßnahme, wie mir später alle Fachleute versicherten. Dann verpusteten wir etwas, und Puck war mit einem Satz drin in der Almwiese. Das hohe Gras verschluckte ihn, Dutzende von riesengroßen Heuschrecken schwirrten unter seinen federnden Sprüngen auf und entfalteten knatternd purpurrote Flügel. Puck bemerkte sie nach einer Weile und glotzte ihnen verwundert nach. Plötzlich saß ihm eine dieser Monsterschrecken auf der Nase. Er schüttelte sie ab, sprang nach, tatzte zurück, beroch sie und schauderte mit gefletschten Zähnen entsetzt nach hinten, während ihm Ekelspeichel aus dem Maul rann.
    Dann aber hatte er die Kühe entdeckt. Wie ein Springbock hob er sich aus dem tiefen Gras, in langen, hohen Sätzen, wild bellend, sauste er auf die Herde zu, die erschrocken kehrtmachte, Puck hinterher. Die Ohren flogen, der Leib war langgestreckt, die kurze Rute unternehmungslustig in die Höhe gestellt, und nun hatte er tatsächlich die letzte Kuh erreicht und in den Schwanz gezwickt. Diese Aggressivität jedoch hatte unerwartete Folgen: Die Kuh, ein altes und mißlauniges Tier, blieb stehen, machte kehrt, die anderen liefen noch etwas weiter, folgten aber dann ihrem Beispiel, und nun senkte die ganze Gesellschaft die Hörner und stürmte auf den kleinen, hin und her sausenden weißen Punkt zu. Puck war einen Augenblick wie versteinert, dann aber verstand er und ergriff in wilden Sätzen die Flucht. Er rannte so schnell, daß seine Vorder- und Hinterbeine durcheinanderflogen, die Ohren waren angstvoll ganz an den Kopf gelegt Ich sprang auf, daß die Thermosflasche mit dem Kaffee umkippte: »Der Kerl bringt den ganzen Verein mit!« In Sekundenschnelle saßen wir im Wagen, konnten gerade noch Puck an Bord nehmen, bis die mißmutige Kuh als erste bei uns war. Sie schnüffelte unsere Gesichter und dann den Wagen ab, während Puck zu Frauchens Füßen schlotternd in Deckung gegangen war.
    »Es ist wirklich kein reines Vergnügen, mit dir zu reisen«, sagte Frauchen ärgerlich. Dann kraulte sie die Mißmutige hinter den Hörnern. Der Erfolg war, daß sie und der ganze Verein es sich um uns herum gemütlich machten. Es rupfte, mahlte, roch nach warmer Milch. Ab und zu hob man den Kopf, sah uns aus großen Augen ruhig an: Ihr seid noch da? Na, fein.
    »Hup doch mal«, sagte die Gefährtin. »Vielleicht gehen sie weg.«
    Ich hupte, und sofort kamen alle zu uns und berochen Boxi, warum er denn so geschrien habe. Quer über den Weg standen zwei Kälbchen. Wenn ich die wegbekäme — ich fuhr langsam an, drückte sie mit der Stoßstange vorsichtig zur Seite. Das eine wich, das andere schlug wütend

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