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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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eingenickt sein. Ich horchte nach draußen. Stille. Nur ab und zu die Hupe eines späten Wagens. Und trotzdem war ich überzeugt, daß dieser Ruf Wahrheit war. Puck!
    Ich horchte zur Gefährtin hinüber, sie röchelte schwer im Schlaf. Da kletterte ich vorsichtig aus dem Fenster. Massig und schweigend standen die Möbelwagen jenseits der Straße. Ihre Dächer schimmerten naß unter einem hohen, kalten Vollmond. Die Regenpfützen auf dem Damm glänzten wie Silbertabletts.
    Ich horchte in die Nacht. Ganz in der Ferne bellte ein Hund. Puck? Nein, das war ein größerer Hund, die Stimme war zu tief. Etwas raschelte an mir vorbei, bewegte sich durch eine Mondbahn und verschwand wieder im Schatten, ein Igel. Willi vielleicht. Ich konnte mir nicht helfen, plötzlich fing ich an zu heulen wie ein altes Weib.

    Schon beim Morgengrauen waren wir wieder hoch. Dora, mit verweinten Augen, gab uns eine Thermosflasche voll heißen Kaffees und einen Haufen Brote mit. Dann brummten wir ab in Richtung Schloßrestaurant. Unterwegs verrenkten wir uns die Hälse. Unentwegt bildeten wir uns ein, er müßte uns entgegenkommen, eine kleine weiße Gestalt, die Nase tief am Boden. Nichts — Im Schloßrestaurant holten wir das Personal heran. Wir setzten eine hohe Summe aus für jeden, der uns eine gute Nachricht geben konnte oder aber auch nur eine richtige Nachricht, selbst wenn es die schlimmste wäre.
    Dann irrten wir wieder den ganzen Tag über im Wald herum, rufend, pfeifend, wir kannten nun schon alle Lichtungen, alle Hügel auswendig. Nichts. Meine Augen brannten, ich war weich in den Kniekehlen. Die Gefährtin war unermüdlich. Eine Art Raserei beflügelte sie. Wieder ins Restaurant zurück. Sie sprach mit dem Parkwächter. Aus irgendeinem Grunde klammerten wir uns an diesen Mann, Herr Grammel hieß er und hatte ein gutes, feines Gesicht mit tiefen Leidensfurchen, grauen Bartstoppeln. Wir aßen mit ihm zusammen Mittag. Es war wenig zu tun an diesem Tag, auch der Geschäftsführer setzte sich zu uns. Der Schmerz machte uns zu einer Familie. Schicksale entrollten sich vor uns. Der Parkwächter hatte Frau und Tochter innerhalb eines Jahres durch Krankheit verloren. Der Geschäftsführer erzählte, daß er lungenkrank sei, er schlief mit Frau und Kind in einer kleinen Kammer im Hintergebäude des Hotels, war von morgens acht Uhr bis spät in die Nacht auf den Beinen. Das Schloßcafé war eine Goldgrube, und so hatte er neulich Mut gefaßt und um eine kleine Gehaltsaufbesserung gebeten, um wenigstens ein Zimmer im Städtchen mieten zu können, damit Frau und Kind nicht im selben Raum zu schlafen brauchten. Der Pächter hatte abgelehnt, er solle froh sein, daß man ihn, einen kranken Menschen, beschäftige und er auf diese Weise gewissermaßen zu einem kostenlosen Sanatoriumsaufenthalt komme. »Die Zeit ist sehr hart, gnädige Frau«, sagte der Geschäftsführer.
    »Er ist bestimmt noch hier in der Nähe«, sagte Frauchen abwesend, »aber sagen Sie — was kann man denn noch tun?«
    Der Mann war einen Augenblick frappiert über ihre Abwesenheit, dann ging ein verstehendes und sehr gütiges Lächeln über sein Gesicht. Er dachte einen Moment nach, warf mir einen kurzen Blick zu:
    »Sie sollten Zettel schreiben, lauter kleine Zettel mit der Belohnungssumme drauf. Und sie hier überall anheften, an den Waldwegen, unten am Dampfersteg, hier oben auf dem Parkplatz...«
    »Das ist gut«, sagte der Parkwächter, während Frauchens Blicke angstvoll zwischen ihm und dem Geschäftsführer hin- und hergingen. »Aber man muß noch etwas anderes erwägen. Es gibt ja seltsame Geschichten von Hunden, die über hundert Kilometer zurücklaufen, das sind keine Märchen! Sie sagen, Ihr Hündchen sei so intelligent gewesen. Vielleicht läuft er in ihre Wohnung zurück, das sind zwar fast hundert Kilometer, aber es wäre durchaus denkbar! In zwei, drei Tagen kann er dort sein. Sie sagten auch, daß er so gern Auto fährt, vielleicht ist er mit einem anderen Wagen mitgefahren, als er sie nicht mehr fand! Ich würde inserieren und, wenn möglich, es auch über den Rundfunk durchgeben!«
    »Ich danke Ihnen«, sagte ich zu beiden Männern, »ich danke Ihnen von ganzem Herzen! Wir werden das alles sofort machen.«
    »Ich schreibe die Zettel«, sagte Frauchen.
    »Und ich fahre schnell in die Stadt und hole dich abends hier ab.«
    Gott sei Dank, man konnte etwas tun, die Lähmung dumpfer Hilflosigkeit war durchbrochen. Ich tankte und fuhr ab.
    Am frühen Nachmittag

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