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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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Fahrstuhl wieder abwärts, fragten ein Ehepaar, das wir am Fahrstuhlaufgang trafen. Niemand hatte etwas gesehen.
    »Wir müssen die Gegend abfahren«, erklärte ich unten. »Weit kann er ja nicht sein. Ich fahre nicht zu rasch, damit wir ihn nicht übersehen, und beobachte links. Du rufst nach ihm und beobachtest rechts.«
    Sie nickte stumm. Ich fuhr fast im Schritt. Ihr Rufen war nur ein Krächzen. Ich übernahm das Pfeifen. Nichts.
    »Fahr schneller«, sagte sie, packte gleich darauf meinen Arm: »Halt — da hat uns jemand gewinkt!«
    Ich stoppte: »Unsinn, wird irgendein Bekannter sein. Weiter.«
    Aber da war schon jemand am Wagen, den ich zunächst nicht unterbringen konnte: »Kennen Sie mich nicht mehr? Schuhmacher, Inhaber vom Café Lüddecke, wo Sie eben vorbeigefahren sind! Suchen Sie den Pucki? Der ist bei uns!« Wir starrten ihn an wie ein Gespenst. Dann waren wir aus dem Wagen, hatten ihn jeder an einem Arm gepackt: »Wo ist er?«
    Der Mann lachte über unser Ungestüm: »Wo soll er sein? Unter Cambons Tisch.« Das Café, im alten Wiener Stil mit kleinen Marmortischchen und unzähligen Zeitungen. Und ganz in der Ecke am Fenster, unter einem der kleinen Tische, saß Pucki — todestraurig mit hängenden Ohren. Sein Blick hätte mir das Herz zerreißen können, wenn ich nicht so selig gewesen wäre: »Ihr habt mich verraten und zurückgebracht!« sagte dieser Blick. Frauchen riß ihn hoch. Schuhmacher betrachtete uns väterlich-strahlend: »Hat doch Charakter, der kleine Wicht! Hat sein altes Herrchen nicht vergessen. Jeden Nachmittag fast kam Herr Cambon hierher, las die Zeitungen und nahm eine Tasse Schwarzen, Apfelkuchen und Schlagsahne. Während der ganzen Zeit saß Puck unter dem Stuhl, da, wo er eben saß. Nicht mal mit anderen Hunden hat er gerauft, wenn sie hereinkamen, hat ihnen nur die Zähne gezeigt.« Er machte das Zähnefletschen mit solcher Wildheit nach, daß ihm dabei die obere Prothese auf die Zunge fiel.
    Wir bestellten Kaffee und Kuchen. Auch Puck, durch unentwegtes Streicheln halb und halb wiedergewonnen, nahm zögernd ein Stück Kuchen. Als wir jedoch, mit vielem Dank an den guten Herrn Schuhmacher, aufstanden, war Puck mit einem Ruck hoch, zerrte uns an der Leine aus dem Lokal. Draußen gebärdete er sich wie verrückt, sprang an uns hoch und stürzte sich, um uns etwas zu bieten, auf einen Dobermann, bis er verdutzt feststellte, daß es ein Weibchen war. Dann sauste er auf den Rasen des Platzes, ging in die Knie und setzte ein Denkmal genau neben das Schild »Für Hunde verboten!«
    »Fünf Mark!« sagte eine Stimme neben mir. Es war der Parkwächter.
    Ich gab ihm zehn und haute ihm auf die Schulter: »Der Rest ist für den Abendschoppen. Mann, wir sind ja so glücklich!«
    Als wir abfuhren, sah ich ihn im Rückspiegel, er hatte den Schein in der Hand und schüttelte den Kopf.
    Als ich mich von der Gefährtin verabschiedete, um in die Redaktion zu fahren, sagte sie: »Vielleicht könnten wir schon morgen auf die Insel fahren!«
    Ich lachte: »Nun, warte noch die paar Tage.«
    »Dann lasse ich ihn während der ganzen Zeit nicht mehr von der Leine.«
    »Unsinn. Mach’s gut bis morgen früh.«
    In der Redaktion besuchte mich der Chefredakteur in meinem Zimmer. Zu meinem Erstaunen schloß er die Tür, setzte sich dann wieder mir gegenüber, druckste herum: »Sie wollen ja wohl bald in Urlaub fahren.«
    »Ja. Gott sei Dank. Heute hätte ich beinahe wieder meinen Puck verloren. Meine Nerven sind total ramponiert.«
    Der Chefredakteur betrachtete den Aschenkegel seiner Zigarre: »Dann haben Sie wohl die politische Lage in den letzten Tagen nicht sehr genau verfolgt?«
    »Nicht so genau wie sonst. Wieso?«
    Aber er beantwortete die Frage zunächst nicht: »Wo wollten Sie denn hinfahren?«
    »Ich wollte nicht nur, ich werde! Habe in Langeoog gemietet. Großartig, einsam, wunderbare Brandung und eine sehr interessante Möwenkolonie. Wäre auch ein Tip für Sie!«
    Er lächelte gequält: »Aus der Reise wird leider nichts.«
    »Was? Ist jemand krank geworden?«
    »Nein — das nicht direkt.« Für einen Moment fiel die Maske von seinem Gesicht: »Allerdings kommt’s mir manchmal so vor, als wenn der — der Gewisse — krank ist. Jedenfalls war heute nachmittag große Besprechung im Propaganda-Ministerium. Kein Journalist darf sich weiter als hundert Kilometer von Berlin entfernen.« Er stand auf, während ich ihn mit offenem Mund anstarrte: »Um mich für Ihren Tip mit Langeoog zu

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