Puck
So friedlich.«
Wir schwammen, brieten, stöberten umher. Puck — immer auf Ordnung bedacht — holte einen Zweig aus dem See, stieg, spindeldürr in nassem Fell, damit ans Ufer, schüttelte sich unmittelbar neben uns, die wir eben wieder trocken waren. Dann begann er uns den schleimigen Knüppel auf die Gesichter zu werfen, bellte wütend, als wir — faul vor uns hin dösend — nicht mit ihm spielen wollten.
»Du bist ein Ungeheuer und ein Tyrann«, sagte Frauchen. Und zu mir: »Nun wirf ihm den Stock schon, damit wir Ruhe haben.«
»Dann ist er gleich wieder bei uns. Ich werde ihn zerbrechen.«
Ich stand auf, packte den Stock, sofort hing Puck daran, aber sozusagen nur pro forma. Ich zerbrach den Stock über dem Knie, es war ein zäher Kiefernstock, und ich holte mir oberhalb des Knies eine blaue Stelle. Dann warf ich die Reste, um die Sache für Puck zu komplizieren, nach zwei verschiedenen Richtungen und legte mich wieder nieder. Zehn Sekunden später war er mit dem größeren Stück erneut bei mir. Ich stellte mich schlafend, er warf mir den immer noch ansehnlichen Knüppel genau auf die Nase. Ich fluchte, nahm den Stock und legte mich darauf. Es drückte. Aber, dachte ich, wenigstens ist Ruhe. Puck bellte und schnüffelte, als ich nicht reagierte, an meinem Gesicht. Er roch nach Fisch und nassem Hund. Stöhnend richtete ich mich auf und tat so, als ob ich den Stock würfe. Puck verschwand. Ich legte mich wieder auf den Stock. Nach zwei Minuten war Puck bei mir — mit der zweiten Stockhälfte.
»Geh zu Frauchen«, brummte ich. Puck legte sich auf den Rücken und hielt den kostbaren Stock zwischen den Vorderpfoten über sich.
»Ist er nicht süß?« fragte Frauchen, die plötzlich wach war.
»Du hast ja geschlafen!« sagte ich vorwurfsvoll.
Sie richtete sich auf, sah, die Hände vor den Beinen, über den See. Von der Dorfuhr her schlug es Mittag. Wir sahen Häfner und Sohn in einer kleinen Staubwolke dem Hof zuradeln. In Frauchens Augen trat ein träumerischer Ausdruck: »Es gibt Eisbein mit Sauerkraut, Erbspüree und gebratenen Zwiebeln«, sagte sie.
Mit einem Ruck war ich hoch: »Woher weißt du das?«
»Von Frau Häfner.«
Ich ergriff das Ruder: »Nichts wie hin.«
Als wir am Boot anlangten, saß das Ungeheuer auf der Hinterbank und pedikürte sich den rechten Latschen. Den anderen hatte es nonchalant über den linken Flügel gehängt. Es fühlte sich vollkommen zu Hause und fauchte mich sehr nebenbei an.
Diesmal aber, da es um Eisbein ging, fühlte ich mich beflügelt. Ich schob ihm das Ruderblatt unter den Hintern und versuchte, ihn vom Boot zu kippen. Er nahm das zweite Bein in Betrieb und sah mich drohend an. Dann biß er ins Ruder. In diesem Augenblick war Puck an ihm, fuhr ihm in den Stiez, daß die Federn stoben. Der Schwan breitete die riesigen Flügel aus und platschte schäumend ins Wasser.
»Schnell«, rief ich, »‘rein ins Boot!«
Puck war als erster drin, dann das Frauchen. Ich stieß ab. Da kam er auch schon wieder an, wie ein Nelsonsches Linienschiff mit vollen Segeln, zischend vor Wut. Erst biß er ein ganzes Stück aus dem Ruder, dann wollte er ins Boot steigen und sich Puck herausreißen. Der aber, im Vollgefühl seines Sieges, schnappte nach ihm. Nachdenklich sah sich der Schwan seine gefletschten Hauer an, wandte uns verächtlich den zerrupften Stiez zu und schwamm in Richtung Schilf.
»Schade«, meinte das Frauchen.
Puck nieste Schwanenfedern, daß die Vorderbeine unter ihm wegflogen.
Wir genossen das Eisbein, bis wir nur noch stöhnen konnten, sehr zur Freude der guten, dicken Frau Häfner. Auf das Schlafen verzichteten wir wegen Bauch und wankten statt dessen zum alten Brömmel auf einen Korn. Aus dem einen wurden mehrere. Wir schnäpselten bis zur Kaffeezeit und gingen nachher mit Puck in den Wald. Dabei stellten wir fest, daß er sich nie weit entfernte und uns ständig im Auge behielt. Er hatte gelernt. »Das ist direkt ein Geschenk«, sagte das Frauchen.
»Es ist überhaupt himmlisch«, verkündete ich. »In dem dämlichen Langeoog hätten wir uns bestimmt nicht so erholt. Was treiben wir denn abends?«
»Weiter Korn«, erklärte sie. »Nur nicht mischen.«
»Dafür sind wir schließlich auf Urlaub!« erklärte ich, nicht ganz logisch.
In diesem Augenblick kam Puck mit angelegten Ohren und eingezogenem Hinterteil zu uns. Wir standen gerade auf einem Weg, und diesen Weg entlang kam ein riesiger Hirsch mit seinem Harem von weiblichen Tieren. Als er uns sah,
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