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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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Lebensmittelkarten?« fragte ich.
    »Hat er ‘n ganzen Haufen hiergelassen.«
    »Hm. Und was ist mit dem Hund? Ist das nicht die kleine Pucklhündin, die Susi?«
    »Ja. Ham se auch einfach hiergelassen. Jemeinheit!«
    Sie unterbrach sich und sah mich mißtrauisch an: »Woher wissen Se denn das?«
    »Von Ihnen. Entsinnen Sie sich nicht? Gestern ging ich vorbei, da stellten Sie Susi gerade den Napf ‘raus.«
    »Richtig! Sie ham so ‘nen weißen Foxl! Wo ham Se denn den?«
    »Hatte eine Beißerei, ist krank. Wo ist denn Susi jetzt?«
    »Bei mir in der Küche. Komm’ Sie doch ‘rein. Ick sammel’ mir jetzt noch was zusamm’, und denn werd ick sehn, wohin ick mir absetze.«
    Wir gingen zusammen in die Küche, und dort saß Susi neben ihrem Näpfchen und zitterte. Das Näpfchen war bis an den Rand mit Fleisch gefüllt.
    »Die sollte man am besten ooch eene vor ‘n Latz knalln«, sagte das Mädchen. »Quält sich ja doch bloß, det arme Luder.«
    »Warum nehmen Sie sie nicht mit? Ist doch ein wertvolles Tier.«
    »Wer nimmt denn ‘n Töle, wenn jrade de Welt unterjeht? Höchstens zum Schlachten.« Sie nahm eine Leine von einem Haken und reichte sie mir: »Wollen Se?«
    Ich sah Susi an, und sie sah mich an, mit todestraurigen Affenaugen. Ich goß den Inhalt ihres Napfes in eine der Kannen, nahm sie an die Leine und ging. >Du bist komplett verrückt<, sagte ich mir, als ich draußen war. »Findest du nicht auch, Susi? Na, wir wollen erst mal sehen, was am Bahnhof los ist.«
    Alois kam mir entgegen: »Wohi?«
    »Zum Bahnhof, Stammgericht.«
    »Was hast’n du für a arms Würschterl am Strick?«
    »Vorm Schlachten gerettet. Das ist kein Würschterl, sondern ein Rassehund. Kostet mindestens fünfhundert Mark. Willst du ihn haben?«
    Er lachte nur, zog mich am Arm seinem Hause zu: »I hob was für di. Des ko ja an Hund leid tun, wenn man deine Stadtschueh siecht.« Er verpaßte mir ein Paar steinharte Soldatenstiefel, in denen ich aussah wie Mickymaus. Aber sie waren gut genagelt. Während ich sie anprobierte, heulte wieder die Sirene. Die Jagdbomber sausten über die Dächer. Dann aber war da ein neues Geräusch. Bumbumbumbum und taktaktaktak: Bordkanonen und Maschinengewehre. Großes Geschrei vom Bahnhof her.
    Als die Jagdbomber verschwunden waren, gingen wir hin und sahen einen langen Zug im Bahnhof stehen, dessen Lokomotive zerschossen auf der Seite lag. Um den Zug herum war ein Gewimmel, die Abteile waren aufgerissen, geplatzte Koffer, aufgeschnittene Säcke mit Reis, Frauenkleider, Schuhe, Schreibmaschinen. Ein paar städtisch angezogene Mädchen standen jammernd herum, wurden umhergestoßen. Alois stieß mich an: »Schnell d’ Muli!« Ich wußte nicht, was er meinte, rannte aber hinter ihm her in seinen Hof. Dort schirrte er zwei Maulesel vor seinen Wagen. »Wo hast du denn die her?« fragte ich.
    »Von de Gebirgsjäger, de braucha s’ nimmer. Los, lang hi!« Wir warfen ein paar Säcke auf den Wagen, und los ging’s, mitten in den wachsenden Menschenhaufen hinein.
    »Holt d’ Muli!« rief mir Alois zu und warf mir die Zügel zu.
    »Mit der kaputten Hand?« rief ich hinterher. Aber er hörte mich schon nicht mehr. Das Bild um mich herum bekam immer mehr Breughelsche Züge. Der Zug lag wie ein gestrandeter Wal in dem weißen Schnee und dem schwarzen Menschengewimmel. Offenbar war es irgendeine evakuierte Behörde, die sich damit in Sicherheit hatte bringen wollen. Immer mehr Bauern kamen. Bald arbeiteten sie im Akkord und als Team. Säcke und Kisten wanderten von Hand zu Hand und füllten die Wagen. Die Fremdarbeiter, Männlein und Weiblein, konzentrierten sich mehr auf Kleidung und Flaschen. So kam man sich nicht in die Quere und arbeitete bis in die Nacht hinein friedlich nebeneinander. Es war stockdunkel, als ich mich mit einem von Alois geliehenen Handwagen den Bach entlang zum Haus hinaufquälte. Auf dem Wagen hatte ich einen Sack Mehl, mehrere Tüten Reis und meinen Rucksack, der jetzt ganz voller Fleischkonserven war. In der einen Kanne hatte ich Susis Fressen und Wurstsuppe vom Alois, in der anderen Zucker. Hinten, am Wagen angebunden, tänzelte Susi mit spitzen Füßchen über den gefrorenen Matsch längs des Baches.
    Die Frauen oben am Haus schwenkten unbekümmert um die Verdunkelung Laternen und riefen nach mir. Endlich konnte ich Atem schöpfen und so laut schreien, daß sie mich hörten. Eine Viertelstunde später saßen wir um den Tisch. Neben mir Puck in seinem Körbchen und Susi auf dem Schoß

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