Puck
Stock sinken: »Da komm i nimmer hi! Wenn i ‘s tue, dann packt er mi. Eahna Puck is erledigt.«
Ich hörte ihn nur mit einer Hälfte meines Bewußtseins. Puck ist erledigt - Puck ist erledigt — das war doch nicht möglich!
Als ich zu mir kam, war ich zu den beiden unter den Leiterwagen gekrochen. Ich sah dicht vor mir Pucks Kopf, Schleim floß ihm aus den Lefzen, und von dort, wo Ajax ihn gepackt hatte, verbreiteten sich rote Rinnsale durch sein weißes Fell. Plötzlich fühlte ich, daß Ajax seine Kette um den Nacken trug. Es gelang mir, die Finger unter die Kette zu klemmen — jetzt die ganze Hand. Mit aller Kraft drehte ich die Kette zu. Es schmerzte wie wild, aber mit der Kraft der Verzweiflung drehte ich sie in die steinern-harten Nackenmuskeln. Ajax begann zu röcheln. Ich streichelte, auf der Seite liegend, unausgesetzt seinen Kopf: »Brav, Ajax, komm, Ajax, laß doch das Puckchen los, braver Ajax!« Verwirrt sah er mich an, während sich das Röcheln verstärkte und ihm die Augen aus dem dicken Kopf quollen. Wenn nur nicht auch die Kette riß! Undeutlich nahm ich wahr, daß man um mich herum tätig war. Hebebäume wurden unter den Wagen geschoben. Die Hand tat so weh, daß mein ganzer Arm zu zittern begann. Eine bedrohliche Taubheit breitete sich im Unterarm aus. Aber da — ein Ruck, ein Erschlaffen im Körper des Bluthundes — und Pucks Leib fiel aus seinen Fängen. Der Wagen kippte plötzlich. Luft und Licht waren über mir. Jemand griff Puck und riß ihn weg. Ajax und ich lagen nun Seite an Seite — aber wir kamen nicht auseinander, denn ich konnte die Hand nicht mehr bewegen. »Braver Ajax«, murmelte ich, »braver Ajax.« Lampersberger versuchte einen Strick unter das Kettenhalsband des Bluthundes zu schieben: »Lassen S’ doch aus, sappralot, Sie bringen ‘n ja um!«
»Kann nicht — meine Hand....«
Eine andere Hand packte meinen Arm und zerrte ihn zurück. Ich schrie vor Schmerz auf. Unentwegt streichelte ich Ajax. Endlich war meine Hand frei, und in diesem Augenblick geschah etwas Unwahrscheinliches. Puck, von keinem mehr beachtet, hatte sich aufgerafft und kam schmerzverkrümmt, aber mit gefletschten Zähnen auf Ajax zu, entschlossen, den Kampf wieder aufzunehmen! Ajax röchelte nach Luft. Dieser wahnwitzige Puck! Er war noch einen Meter von Ajax entfernt, als ich ihm einen Tritt gab, daß er sich zweimal überschlug. In die noch verschleierten Augen des Bluthundes trat ein erstaunter Ausdruck: fetzt verstehe ich dich überhaupt nicht mehr!
Nun hatte man den Strick unter seiner Kette und zog ihn weg. Puck hatte sich wieder aufgerappelt, stand schwankend und brach dann in die Knie. Lampersberger nahm ihn hoch: »Du bist ja a ganz a verflixts Viech!«
Man griff mir unter die Arme, half mir hoch, klopfte an meinem Mantel. Die Bäuerin sah auf meine Hand: »Die schaugt ja sauber aus!« Ich sah sie mir an. Sie war blaurot geschwollen mit den Abdrücken der Kette ringsum. An einigen Stellen war die Haut blutig aufgebrochen. Jetzt, als langsam das Blut wieder in die zerquetschten Stellen zurückkehrte, schmerzte sie unerträglich. Ich hörte mich laut stöhnen. »Kummen S’«, sagte die Bäuerin, »i verbind’ Eahna.«
In diesem Augenblick kam das Frauchen keuchend durch den Schnee getorkelt, ein paar Meter hinter ihr die Professorin, ihren Stock schwingend: »Lebt er noch, der Kleine?«
»Ja«, stammelte ich, »er ist schuld — entschuldigen Sie, Lampersberger!«
»Is scho guet. Da wem S’ an Doktor braucha, Sie und der Kloana.«
»Und Ajax?«
»Dem macht des nix, für den is des net zum erstenmal.«
Das Frauchen wickelte mir vorsichtig das Taschentuch um die Hand: »Das muß doch entsetzlich weh tun!«
»Danke, es langt. Hat jemand einen Schnaps?«
»Bin scho da damit!« sagte Lampersberger. »Sie schaugn aus wia a frisch gekalkte Wand.«
»Schaffen Sie’s bis oben zu uns?« fragte die Professorin.
»Sicher.«
Sie wandte sich an das Frauchen: »Dann nehmen Sie den Puck. Ich gehe ‘runter und hole Dr. Liebenthal.« Und zu mir gewandt: »Halten Sie die Hand hoch, dann tut’s nicht so weh.«
Ich sah ihr nach, der zarten, alten Gestalt, um die die Kleider schlotterten. Während ich mich bergauf schleppte, hörte ich wieder das Frontgewitter.
Der Arzt kam, versorgte meine Hand und sah nach Puck: »Draufgehen wird er nicht, aber es hat ihn tüchtig erwischt. Wird ihm eine Lehre sein, dem Raufbold.«
»Foxl lernen nicht«, erwiderte ich düster. »Der ist mal um ein Haar im
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