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Pünktchen und Anton

Pünktchen und Anton

Titel: Pünktchen und Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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tapezierten Wand beide Arme entgegen, knickste und sagte mit zitternder Stimme: »Streichhölzer, kaufen Sie Streichhölzer, meine Herrschaften!«
    Neben dem Kind kauerte Piefke, Pünktchens kleiner brauner Dackel, hielt den Kopf ganz schief, wunderte sich und klopfte mit dem Schwanz den Takt dazu. Pünktchen erklärte kläglich: »Haben Sie doch ein Herz mit uns armen Leuten. Die Schachtel nur zehn Pfennig.« 

    Piefke, der Hund, begann sich hinterm Ohr zu kratzen. Wahrscheinlich fand er den Preis zu hoch, oder er bedauerte, daß er kein Geld bei sich hatte.
    Pünktchen streckte die Arme noch höher, knickste und stammelte: »Mutter ist völlig erblindet und noch Pünktchen stand vor der Wand und knickste so jung. Drei Schachteln fünfundzwanzig. Gott segne Sie, liebe Dame!« Anscheinend hatte ihr die Wand drei Schachteln Streichhölzer abgekauft.
    Herr Pogge lachte laut. So etwas war ihm noch nicht vorgekommen. Da stand seine Tochter in dem Wohnzimmer, das dreitausend Mark gekostet hatte, und bettelte die Tapete an. Pünktchen erschrak, als sie jemanden lachen hörte, drehte sich um, sah den Vater und riß aus. Piefke hoppelte teilnahmslos hinterher.
    »Bei euch piept's wohl?« fragte der Vater, aber er bekam keine Antwort. Da machte er kehrt und ging in sein Arbeitszimmer. Auf dem Schreibtisch lagen Briefe und Zeitungen. Er setzte sich tief in den Ledersessel, zündete sich eine Zigarre an und las.
    Pünktchen hieß eigentlich Luise. Aber weil sie in den ersten Jahren gar nicht hatte wachsen wollen, war sie Pünktchen genannt worden. Und so hieß sie auch jetzt noch, obwohl sie längst zur Schule ging und gar nicht mehr klein war. Ihr Vater, der Herr Pogge, war Direktor einer Spazierstockfabrik. Er verdiente viel Geld, und viel zu tun hatte er auch. Seine Frau, Pünktchens Mutter, war allerdings anderer Meinung. Sie fand, er verdiene viel zuwenig Geld und arbeite viel zuviel. Er sagte dann immer: »Davon verstehen Frauen nichts.« Aber das konnte sie nicht recht glauben.
    Sie wohnten in einer großen Wohnung, nicht weit vom Reichstagsufer. Die Wohnung bestand aus zehn Zimmern und war so groß, daß Pünktchen, wenn sie nach dem Essen ins Kinderzimmer zurückkam, meist schon wieder Hunger hatte. So lang war der Weg!
    Weil wir gerade vom Essen sprechen: Herr Pogge hatte Hunger. Er klingelte. Berta, das dicke Dienstmädchen, trat ein. »Soll ich verhungern?« fragte er ärgerlich.
    »Bloß nicht!« sagte Berta. »Aber die gnädige Frau ist noch in der Stadt, und ich dachte . . . «
    Herr Pogge stand auf. »Wenn Sie noch einmal denken, kriegen Sie morgen keinen Ausgang«, erklärte er.
    »Los! Essen! Rufen Sie das Fräulein und das Kind.«
    Die dicke Berta setzte sich in Trab und kugelte durch die Tür.
    Herr Pogge war der erste im Speisezimmer. Er nahm eine Tablette, verzog das Gesicht und trank Wasser hinterher. Er schluckte Tabletten, so oft sich dazu Gelegenheit bot. Vor dem Essen, nach dem Essen, vorm Schlafengehen, nach dem Aufstehen. Manchmal waren es kreisrunde Tabletten, manchmal viereckige. Man hätte vermuten können, es mache ihm Spaß. Er hatte es aber nur mit dem Magen.
    Dann erschien Fräulein Andacht. Fräulein Andacht war das Kinderfräulein. Sie war sehr groß, sehr mager und sehr verrückt. »Die hat man als Kind zu heiß gebadet«, erzählte die dicke Berta immer, und die beiden konnten einander auch sonst nicht leiden. Früher, als es bei Pogges noch kein Kinderfräulein gab und als noch das Kindermädchen Käte da war, hatte Pünktchen immer bei Berta und Käte in der Küche gesessen. Da hatten sie Schoten ausgepult, und Berta war mit Pünktchen einkaufen gegangen und hatte ihr von ihrem Bruder in Amerika erzählt. Und Pünktchen war immer wohl und munter gewesen und hatte nicht so blaß ausgesehen wie jetzt, wo die verrückte Andacht im Haus war.
    »Meine Tochter sieht blaß aus«, sagte Herr Pogge besorgt. »Finden Sie nicht auch?«
    »Nein«, erwiderte Fräulein Andacht. Dann brachte Berta die Suppe und lachte. Fräulein Andacht schielte zu dem Dienstmädchen hinüber. »Was lachen Sie denn so dämlich?« fragte der Hausherr und löffelte, als kriege er es bezahlt. Aber plötzlich ließ er den Löffel mitten in die Suppe fallen, preßte die Serviette vor den Mund, verschluckte sich, hustete entsetzlich und zeigte zur Tür.
    Dort stand Pünktchen. Aber, du grüne Neune, wie sah sie aus!
    Sie hatte die rote Morgenjacke ihres Vaters angezogen und ein Kopfkissen darunter gewürgt, so daß

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