Puerta Oscura - 01 - Totenreise
Holz.«
Die beiden traten an die Bordsteinkante und fuhren kurz darauf in einem Taxi Richtung Marai s. Während der Fahrt sagte keiner von ihnen ein Wort, der Fahrer sollte nicht aufmerksam gemacht werden …
Als sie in der dunklen Kellerwohnung waren, wo Daphne ihre Wahrsagerei betrieb, musste Pascal feststellen, dass sich seit seinem ersten Besuch eine Menge verändert hatte; die Fenster waren verschlossen und verriegelt, in sämtlichen Ecken befanden sich Kreuze und seltsame Amulette und Kerzen brannten … Dieser Ort wirkte wie ein spirituelles Hauptquartier, bereit, einer längeren Belagerung standzuhalten.
Daphne, die nicht mit Sicherheit sagen konnte, welche Gefahren drohten, hatte besondere Vorsicht walten lassen und sich vorbereitet …
Die beiden setzten sich auf ein schmuddeliges Sofa, doch gleich darauf erhob sich Daphne wieder, um sich ein großes Glas Kognak einzuschenken. Pascal brachte sie eine Cola.
»Pascal, erzähl mir von der Dunkle Pforte«, bat sie ihn, nun um einiges entspannter.
Der Junge nickte stumm und erzählte ihr dann von der unglaublichen Entdeckung im Haus von Jules Marceaux, die ihn zum Wanderer gemacht hatte. Unter den aufmerksamen Blicken der Wahrsagerin berichtete er in allen Einzelheiten.
»Ich hatte Visionen von dir«, verkündete ihm Daphne, als Pascal geendet hatte. »Schon vor Tagen habe ich herausgefunden, was passiert ist, obwohl ich es zunächst nicht zu deuten wusste, es nicht mit meiner Prophezeiung über dich in Verbindung gebracht habe. Wie konnte ich nur so blind sein? Warum bist du nicht gleich zu mir gekommen?«
Pascal zuckte mit den Schultern.
»Ich wollte ja, aber ich konnte dich nicht finden. Außerdem habe ich es zu dem Zeitpunkt noch nicht so recht glauben können, da war immer noch ein Rest Zweifel, und wirklich sicher, ob ich meine Rolle annehmen sollte, war ich mir auch nicht …«
»Herrgott, noch mal!«, schimpfte Daphne. »Was brauchst du denn noch, um es zu glauben? Hast du jenseits der Pforte die andere Welt gesehen oder nicht? Und das Zweite: Wenn man die Pforte übertritt, gibt es kein Zurück mehr. Selbst wenn du wolltest, könntest du diese neue Rolle nicht ablehnen. Und es wäre gefährlich, Pascal. Sehr gefährlich.«
Pascal wurde nervös.
»Und wenn ich nicht mehr in das Reich der Toten …?«
Daphne schnitt ihm das Wort ab.
»Täusch dich nicht. Selbst hier unter den Lebenden drohen einem Wanderer Gefahren.«
»Ja, ja, ich weiß«, sagte er. »Ein totes Wesen hat die Pforte durchquert und ist jetzt hier in Paris. Es ist ein Vampir. Er hat vermutlich einen Lehrer meiner Schule getötet.«
Daphne wiegte besorgt den Kopf hin und her.
»Ein Vampir, und er hat vielleicht schon getötet! Das Wesen, das durch die Dunkle Pforte gekommen ist, war mir unbekannt, auch wenn ich es irgendwie spüren konnte.« Sie schwieg einen Moment lang nachdenklich. »Aber das passt: Jedes Mal wenn ein Lebender durch die Dunkle Pforte tritt, kommt ein Wesen aus der anderen Welt zu uns.« … Wieder schwieg sie eine Weile. Dann sah sie Pascal fest in die Augen.
»Dieser Lehrer, Pascal, er war einfach nur Nahrung für ihn. Die schrecklichen Vampire mit ihren gelben Augen brauchen Blut in der Welt der Lebenden, um nicht zu verwesen. Doch eigentlich sucht das Monster nach dir.«
Ihre Worte trafen Pascal wie ein Hieb, und er japste nach Luft.
»Was … was sagst du da bloß …«, stammelte er und merkte, dass ihm schwindlig wurde.
»Als Wanderer bist du der Einzige, der ihn in die Finsternis zurückschicken kann, die er nie hätte verlassen dürfen«, fuhr Daphne mit ernster Miene fort. »Deshalb wird er dich aus dem Weg räumen wollen. Auch wenn er noch nicht weiß, wer du bist, was ein Vorteil für dich ist.«
»Mein Gott …!« Pascal wusste nicht, was er sagen sollte. Zum ersten Mal wurde ihm die furchtbare Gefahr bewusst, in der er geschwebt hatte, als er eben allein im Dunkeln durch die Straßen gelaufen war. »Du sagst, Vampire haben gelbe Augen? Dann, Daphne, dann hat er mich gesehen. Als ich die Dunkle Pforte durchschritten habe.«
Daphne machte ein finsteres Gesicht: »Dann erkennt er dich also. Dein Bild wird sich ihm eingebrannt haben. Zwar ist Paris eine große Stadt, aber …«
Pascal sank der Mut.
»Er wird mich finden, Daphne.«
Sie war derselben Meinung.
»Als Wanderer verströmst du eine zu starke Energie, als dass er dich nicht bemerken würde. Aber mach dir keine Sorgen, wir werden es ihm schwer machen; ich werde dich auf eine
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