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Pulphead

Pulphead

Titel: Pulphead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Jeremiah Sullivan
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lassen«, es sei seine »Rache« gewesen, und Jesus habe ihm, Baldwin, aufgetragen, das an uns weiterzugeben. Er sagte weiter, dass 9/11 auf das Konto des Teufels gehe. Er sagte, Gott erwarte von ihm, dass er »ultracoole christliche Filme« mache. Er sagte, im November sollten wir den Kandidaten mit dem stärksten Glauben wählen. Die Menge rastete aus; das Wohnmobil wackelte nahezu.
    Als Jake und Bub an die Tür klopften, hatte ich es seit Stunden nicht verlassen, war immer schwächer geworden und hatte mehrfach The Silenced Times und das Festivalprogramm durchgelesen. Im Programm stand, dass am Abend die Kerzenzeremonie stattfinden sollte, mit das Coolste am Creation Festival, wie mir die Jungs schon erzählt hatten. Man kam vor der Bühne zusammen, und die Mitarbeiter verteilten an jeden eine Kerze. Die Pressebetreuer hatten von einem Aussichtspunkt auf einem Berg über der Bühne gesprochen, zu dem man hochwandern könne. Man müsse sich das Ganze von dort oben ansehen, hatten sie gesagt.
    Als ich die Tür öffnete, wedelte Jake mit einer Zeitung. Bub stand hinter ihm und grinste breit.
    »Schau mal«, sagte Jake. Es war die Mittwochsausgabe des Valley Log , der Zeitung für Southern Huntingdon County. »Solange es nicht im Valley Log stand, ist es nichts als ein Gerücht.«
    Die Schlagzeile lautete: Puma anscheinend keine Gefahr für Festival-Camper .
    »Und, was haben wir gesagt?«, fragte Bub.
    »Immerhin ist er nicht gefährlich«, sagte ich.
    »Zumindest nicht für uns«, sagte Jake.
    Schweigend erklomm ich mit ihnen den Anstieg zu ihrem Zeltplatz. Darius saß auf einer Kühlbox, hatte das Kinn in die
Hände gelegt und suchte den Horizont ab. Er wirkte nachdenklich. Josh und Ritter sangen Lieder. Pee Wee hörte zu, nur für sich; mit den jüdischen Mädchen hatte er es vermasselt.
    »Hey Darius«, sagte ich. Er stand auf. »In ungefähr zehn Minuten wird's hier regnen«, sagte er. Ich trat zu ihm und versuchte zu sehen, was er sah.
    »Willst du wissen, woher ich das weiß?«, fragte er.
    Er erklärte es mir. Der Wind, die Anmutung des Himmels, die Blätter, die sich in der Krone der Ahornbäume zusammenrollen und weiß werden, wenn sie Regen kommen spüren, diese »tote« Farbe, die das Licht annimmt. Er las mir die Landschaft vor wie ein Kinderbuch. »Schau mal, das Tal da drüben«, sagte er, »das ist ganz neblig, da hat es noch nicht gegossen. Und das dahinter, da ist es schon wieder klar – das heißt, der Regen kommt in unsere Richtung.«
    Minuten später fing es an zu regnen, in großen, alles durchnässenden, trommelnden Tropfen. Die Jungs rafften ihre Sachen zusammen. Ich schlug vor, dass wir uns ins Wohnmobil setzen könnten. Sie sahen sich an, als sei diese Idee eventuell irgendwie bedenklich. Dann aber schrie Ritter: »Auf sie mit Gebrüll!« Mit den Gitarren und – in Joshs Fall – einer Bratpfanne in der Hand, in der das Fleisch eines mir noch unbekannten Waldwesens brutzelte, rannten wir den Abhang hinunter.
    Der Platz reichte für alle. Ich stellte meine Laterne auf den Esstisch und schob die Fensterscheiben auf, um Luft hereinzulassen. Darius machte Kartentricks. Wir tranken Quellwasser. Jemand furzte; die Auseinandersetzung darüber, wer es gewesen war (Pee Wee), dauerte gut zwanzig Minuten. Der Regen trommelte unablässig aufs Dach. Die Jungs waren beeindruckt von meiner Unterkunft. Sie meinten, ich solle sie verticken. Mit dem Geld könnte ich mir in Braxton County ein hübsches Häuschen kaufen.
    Wir spielten Gitarre. Das Wohnmobil schaukelte vor und zurück. Jake hatte es nicht so mit Christenrock, stand als gu
ter Baptist aber auf alte Gospelsongs und forderte, Gott segne ihn, immer mal wieder einen ein. Der, den Ritter sang, machte mich völlig fertig. Keine Ahnung, was anders war, aber plötzlich konnte man die Jungs auch für säkulare Sachen begeistern. Pee Wee stellte sich als großer Neil-Young-Fan heraus; er hatte zwar noch nie etwas von Neil Young gehört, aber als ich »Powderfinger« für ihn spielte, rollte er sich zusammen wie ein kleines Kind und wünschte sich nach dem ersten Durchlauf noch einen zweiten. Er sagte, ich hätte eine schöne Stimme.
    Jeder sagte jedem, wie gut er sei und dass er wirklich über eine Musikerkarriere nachdenken solle. Josh spielte »Stairway to Heaven«, und wir sangen richtig laut mit. Darius sagte: »Macht mal halblang! Es muss ja nicht jeder gleich denken, dass wir hier ein Sündenpfuhl sind.«
    Der Regen hörte auf. Zeit zum

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