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Pulphead

Pulphead

Titel: Pulphead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Jeremiah Sullivan
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Bailey
    Momentaner Arbeitsplatz: selbstständig, Band
    Beschuldigung: Strafbefehl wg. Tätlichkeit
    Alter: 18; Größe: 175 cm; Gewicht: 67 kg; Haarfarbe: rot; Augenfarbe: grün; Körperbau: schlank; Hautfarbe: hell
     
    Und jetzt kommt, was angeblich an jenem Tag passiert ist (ich werde die Rosinen für Sie herauspicken). Ein kleiner Junge namens Scott Sheidler fuhr Fahrrad vor dem Haus eines Jugendlichen namens Dana Gregory. Scott machte Bremsspuren auf den Bürgersteig. Dana Gregory rannte raus, packte Scott unter den Achseln, trat sein Fahrrad um und befahl dem Jungen, auf Händen und Knien die Bremsspuren vom Bürgersteig zu schrubben . Der Junge rannte zu seinem Vater, Tom Sheidler, und verpetzte Dana. Tom Sheidler ging zum jungen Dana Gregory und fragte ihn, ob das, was Scotty erzählt hatte, wahr sei. Dana Gregory sagte: » Ja, und du Wichser kriegst auch gleich auf die Fresse. « Scotts Mutter Marleen kam hinzu und fing an zu schreien. Ungefähr in diesem Moment tauchte Bill Bailey auf, rothaarig, grünäugig, schlank und hellhäutig. Ab hier lasse ich den Bericht zumindest eine Zeitlang für sich selbst sprechen, denn ich brauche gar nicht erst anzufangen, seine berückende Knappheit und Autorität nachahmen zu wollen:
     
    M. Sheidler gab zu Protokoll, dass Bailey ebenfalls mit Sheidler in Streit geriet und dabei vor ihren Kindern das »F«-Wort gebrauchte. M. Sheidler sagte, dass sie zu Bailey ging, mit dem Finger auf ihn zeigte und ihn anwies, das »F«-Wort nicht vor ihren Kindern zu benutzen. M. Sheidler gab an, dass Bailey, der EINEN GIPS AM ARM trägt, sie dann mit dem Gips auf Arm und Hals schlug. Ich habe M. Sheidler untersucht und ROTE STRIEMEN auf ARM und HALS gefunden, die von Schlägen stammen könnten.
     
    Um die Frage, mit welcher Hand oder mit was geschlagen wurde, kreist der Bericht dann geraume Zeit. Marleen Sheidler
gibt an: »Mit dem Gips.« Der kleine Scott sagt: »Mit einem Gips.« Und Dana Gregorys jüngerer Bruder Chris, fünfzehn, sagt: »Mit der anderen Hand als der, an der der Gips ist.« (Und fügt an, dass Bailey Sheidler nur als Reaktion auf »Sheidlers Schläge gegen ihn« geschlagen habe.) Bill Bailey selbst gibt zu Protokoll, dass er »M. Sheidler mit seiner linken Hand, die aus dem Gips herausragte, ins Gesicht geschlagen« habe. Aber eben erst, nachdem »Marleen Sheidler ihn ins Gesicht geschlagen hatte« (wobei er zugibt, wenige Sekunden vorher zu ihr gesagt zu haben, sie solle »ihre verfickten Blagen gefälligst zu Hause lassen«). Die Geschichte endet mit einer auf merkwürdige Weise anrührenden Plötzlichkeit: »Bailey gab an, dass Sheidler ihn dann ansprang und dabei auf sein Gesicht fiel, woraufhin er, Bailey, nach Hause ging . . .«
    Während ich das las, konnte ich gar nicht aufhören, mich über ein Detail zu wundern: Warum regten sie sich so über die Bremsspuren auf? Ist es so schlimm, Bremsspuren auf den Bürgersteig zu machen? Ich glaube fast, ich habe meine halbe Kindheit lang die gesamte Nachbarschaft unwissentlich zur Weißglut getrieben.
     
    (Jeff Strange, DJ im Lokalradio, über Axls extrem kurzen, aber häufig Erwähnung findenden Austausch von Tätlichkeiten mit Tommy Hilfiger, dem zwergenhaften und, wie es heißt, eigentlich sanftmütigen Designer von Einkaufszentrumsklamotten; »Tätlichkeit« ist in diesem Fall wirklich ein starker Begriff – in den meisten Schilderungen klingt es eher so, als habe der Vorfall vor allem darin bestanden, dass Hilfiger Axl mehrfach mit der flachen Hand auf den Arm schlug, und es gibt Bilder, die Axl zeigen, wie er Hilfiger in einer fragenden Mischung aus Wut und amüsiertem Unglauben anstarrt, à la: »Soll ich . . . diesem Ding da wirklich weh tun?« Jeff Strange:
    »Als ich das gesehen hab, Mann, hab ich nur gedacht: Total Lafayette.«)
    5.
    Ich spürte Dana Gregory auf. Über einen Anruf bei seiner Stiefmutter. Dana ist Axls ältester Freund und hat früher in L. A. mal für ihn gearbeitet, nachdem Guns N' Roses groß geworden waren. Als wir uns auf der Terrasse hinter einer Kneipe namens Sgt. Preston's an einen Tisch setzten, trug er eine Sonnenbrille. Als er die hoch in seine buschig grauen Haare schob, kamen nervenaufreibend helle, azurblaue Augen zum Vorschein, die schon viele Sonnenaufgänge gesehen haben mussten. Er hatte alles mitgenommen. Das wusste man, noch bevor er den Mund aufmachte. Er hatte spektakulär viel verrückte Scheiße gemacht in seinem Leben, und den Rest seines Lebens

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