Puls
Außerdem ist es ganz wichtig, sich von den Schwärmen fern zu halten.«
»Was bedeutet, dass wir möglichst schnell in den Westen von New Hampshire und dann nach Vermont müssen«, sagte Ray. »Raus aus den besiedelten Gebieten.« Er richtete seine Lampe auf Denise, die auf den Schlafsäcken liegend ruhte. »Alles klar, Darling?«
»Alles klar«, sagte sie. »Wenn ihr mich doch auch nur etwas tragen lassen würdet.«
»Du trägst dein Kind«, sagte Ray freundlich. »Das genügt. Außerdem können wir die Schlafsäcke zurücklassen.«
»Es gibt vermutlich Gebiete, in denen man etappenweise fahren kann«, sagte Dan. »Ray glaubt, dass manche Nebenstraßen bis zu zehn, zwölf Meilen am Stück frei sein könnten. Wir haben gute Straßenkarten.« Er ließ sich auf ein Knie nieder, nahm seinen Rucksack auf den Rücken und sah dabei mit einem schwachen, bitteren Halblächeln zu Clay auf. »Ich weiß, dass unsere Chancen nicht sonderlich gut stehen; ich bin kein Dummkopf, falls du dich das gefragt haben solltest. Aber wir haben zwei ihrer Schwärme vernichtet, haben hunderte von ihnen erledigt, und ich will nicht auf einem dieser Podeste enden.«
»Und noch etwas ist günstig für uns«, sagte Tom. Clay fragte sich, ob Tom bewusst war, dass er sich soeben auf Hartwicks Seite geschlagen hatte. Vermutlich. Er war durchaus nicht dumm. »Sie wollen uns lebend.«
»Richtig«, sagte Dan. »Wir können es tatsächlich schaffen. Für sie ist das jetzt noch die Anfangsphase, Clay - sie sind erst dabei, ihr Netz zu weben, und ich wette, dass es noch viele Löcher hat.«
»Verdammt, sie haben noch nicht mal ihre Kleidung gewechselt«, sagte Denise. Clay bewunderte sie. Sie schien im sechsten Monat zu sein, vielleicht sogar etwas weiter, aber sie war ein zähes kleines Ding. Er wünschte sich, Alice hätte sie kennen lernen können.
»Wir könnten durchschlüpfen«, sagte Dan. »Aus Vermont, vielleicht aus dem Staat New York nach Kanada gelangen. Fünf sind besser als drei, aber sechs wären besser als fünf - drei würden schlafen, drei tagsüber Wache halten, böse Telepathie abwehren. Unser eigener kleiner Schwarm. Also, was sagst du?«
Clay schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich muss meinen Sohn suchen.«
»Überleg's dir noch mal, Clay«, sagte Tom. »Bitte.«
»Lasst ihn in Ruhe«, sagte Jordan. »Sein Entschluss steht fest.« Er schlang die Arme um Clay und drückte ihn an sich. »Ich hoffe, dass du ihn findest«, sagte er. »Aber selbst wenn du das tust, wirst du uns wohl nie wiederfinden.«
»Klar tue ich das«, sagte Clay. Er küsste Jordan auf die Wange, dann trat er einen Schritt zurück. »Ich schnappe mir einen Telepathen und benütze ihn als Kompass. Am besten den Lumpenmann persönlich.« Er wandte sich Tom zu und streckte ihm die Hand hin.
Tom ignorierte sie und umarmte Clay. Er küsste ihn erst auf die eine, dann auf die andere Wange. »Du hast mir das Leben gerettet«, flüsterte er Clay ins Ohr. Sein heißer Atem kitzelte leicht. Seine Bartstoppeln waren kratzig. »Lass mich jetzt deins retten. Komm mit uns.«
»Ich kann nicht, Tom. Ich muss die Sache durchziehen.« Tom trat zurück und sah ihn an. »Ich weiß«, sagte er. »Ich weiß, dass du das musst.« Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Verdammt, ich bin eine Niete, wenn's ums Abschiednehmen geht. Ich konnte mich nicht mal von meiner gottverdammten Katze verabschieden.«
11
Clay stand neben dem Kreuzungsschild und beobachtete, wie ihre Lichter schwächer wurden. Sein Blick blieb auf Jordans Lampe gerichtet, die zuletzt verschwand. Einige Augenblicke lang war sie allein auf dem Kamm des ersten Hügels im Westen zu sehen: ein einzelner kleiner Funke im Dunkel, als wäre der Junge dort stehen geblieben, um sich noch einmal umzudrehen. Er schien zu winken. Dann war auch er verschwunden, und die Dunkelheit war vollständig. Clay seufzte - ein unsicherer, weinerlicher Laut -, dann schwang er sich den Rucksack auf den Rücken und machte sich auf dem Seitenstreifen der Route 11 auf den Weg nach Norden. Gegen Viertel vor vier überschritt er die Stadtgrenze von North Berwick und ließ Kent Pond hinter sich zurück.
TELEFONBINGO
1
Es gab keinen Grund, nicht zu einem normaleren Leben zurückzukehren und tagsüber zu wandern; Clay wusste, dass die Handy-Leute ihm nichts tun würden. Er war tabu, und sie wollten ihn sogar dort oben in Kashwak haben. Das Problem war nur, dass er sich an eine nächtliche Existenz gewöhnt hatte. Ich brauche
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