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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kahl und trug eine Celtics-Jacke. Er traf den anderen mit einem weit ausholenden Schwinger, der die Lippe des Gegners aufplatzen ließ und ihn auf den Rücken warf. Als der Mann in der Celtics-Jacke gegen seinen zu Boden gegangenen Gegner vorrückte, kroch dieser weg, rappelte sich dann auf und wich weiter zurück. »Behalt's doch, du Sack!«, rief er mit starkem, weinerlichem Bostoner Akzent. »Hoffentlich erstickst du dran!«
    Als der Kahlkopf in der Celtics-Jacke so tat, als wollte er sich auf ihn stürzen, lief der andere die Rampe zur Route One hinauf. Celtics-Jacke bückte sich nach seinem Siegespreis, wurde auf Clay, Alice und Tom aufmerksam und richtete sich wieder auf. Es stand drei zu eins, er hatte ein blaues Auge und blutete aus einem schlimm eingerissenen Ohrläppchen, aber Clay sah keine Angst in seinem Blick, soweit sich das im schwächer werdenden Feuerschein des Flächenbrands in Revere beurteilen ließ. Er dachte daran, dass sein Großvater gesagt hätte, der Kerl sei in irischer Rage, und die passte natürlich zu dem großen grünen Kleeblatt auf dem Rücken seiner Jacke.
    »Scheiße, was gibt's da zu gaffen?«, sagte er.
    »Nichts - wir gehen bloß vorbei, wenn's recht ist«, sagte McCourt ruhig. »Ich wohne in der Salem Street.«
    »Meinetwegen könnt ihr in die Salem Street oder zum Teufel gehen«, sagte der Kahle in der Celtics-Jacke. »Noch sind wir ein freies Land, stimmt's?«
    »Heute Nacht?«, sagte Clay. »Zu frei.«
    Der Glatzkopf dachte darüber nach, dann lachte er ein humorloses zweifaches Ha-ha. »Scheiße, was ist passiert? Weiß das einer von euch?«
    »Es waren die Handys«, sagte Alice. »Die haben die Leute verrückt gemacht.«
    Der kahle Mann hob das Fässchen auf. Er hantierte mühelos damit und kippte es leicht, damit kein Schaum mehr austrat. »Scheißdinger«, sagte er. »Hab nie eins haben wollen. Freiminuten. Scheiße, wie kommt man zu denen?«
    Clay hatte keine Ahnung. Vielleicht wusste es McCourt - er hatte immerhin ein Handy besessen, also würde er's vielleicht wissen -, aber der sagte nichts. Vermutlich wollte er sich auf keine lange Diskussion mit dem Glatzkopf einlassen, und das war vermutlich eine gute Idee. Clay fand, dass der kahle Mann in mancher Hinsicht wie eine nicht detonierte Granate wirkte.
    »Die Stadt brennt, ja?«, sagte der Kahlköpfige. »Stimmt doch, oder?«
    »Ja«, sagte Clay. »Ich glaube nicht, dass die Celtics dieses Jahr im Fleet Center spielen werden.«
    »Die sind eh Scheiße«, sagte der Mann. »Doc Rivers könnt noch nicht mal ein Team im Polizeisportverein trainieren.« Er stand mit dem Fässchen auf der Schulter da, während ihm Blut über eine Gesichtshälfte lief. Trotzdem wirkte er inzwischen äußerst friedlich, fast heiter. »Geht ruhig weiter«, sagte er. »Ich würd allerdings nicht lange in Stadtnähe bleiben. Bevor's besser wird, wird's erst mal schlimmer. Vor allem wird's noch viel mehr Brände geben. Oder glaubt ihr etwa, dass jeder, der nach Norden abgehauen ist, daran gedacht hat, den Gasofen abzustellen? Scheiße, nie im Leben.«
    Die drei setzten sich wieder in Bewegung, aber dann blieb Alice noch einmal stehen. Sie zeigte auf das Fässchen. »War das von Ihnen?«
    Der kahle Mann sah sie verständig an. »In Zeiten wie diesen gibt's kein ›war‹, Süße. War ist keines mehr übrig. Es gibt nur jetzt und vielleicht-morgen. Na los, geht! Scheiße, seht zu, dass ihr von hier wegkommt.«
    »Wiederseh'n«, sagte Clay und hob eine Hand.
    »Möcht nicht in Ihrer Haut stecken«, antwortete der Kahlköpfige, ohne zu lächeln, aber auch er hob die freie Hand. Sie waren gerade an dem Stoppschild vorbei auf dem Weg über die Straße, die Clay für die Salem Street hielt, als der Glatzkopf ihnen etwas nachrief. »He, Hübscher!«
    Clay und McCourt drehten sich beide nach ihm um, dann lächelten sie sich amüsiert an. Der Kahlköpfige mit dem Fässchen war jetzt nur eine dunkle Gestalt auf der ansteigenden Rampe; er hätte ein Höhlenmensch mit einer Keule auf der Schulter sein können.
    »Wo sind die Irren abgeblieben?«, fragte der kahle Mann. »Ihr wollt mir doch nicht erzählen, dass sie alle tot sind, oder? Scheiße, das glaub ich nicht.«
    »Das ist eine sehr gute Frage«, sagte Clay.
    »Scheiße, da hast du verdammt Recht. Passt gut auf die süße Kleine auf.« Und ohne eine Antwort abzuwarten, wandte der Sieger aus der Schlacht um das Bierfässchen sich ab und verschmolz mit den Schatten.

6
    »Da wären wir«, sagte McCourt

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