Puls
wachrüttelte. Clay öffnete die Augen und sah, dass Tom, der Jeans und ein graues Arbeitshemd trug, sich über ihn beugte. Die Veranda wurde durch blasses, intensives Tageslicht erhellt. Clay warf einen Blick auf seine Armbanduhr, als er die Beine von der Couch schwang, und sah, dass es zwanzig nach sechs war.
»Ich muss Ihnen was zeigen«, sagte McCourt. Er sah blass und sorgenvoll aus und hatte auf beiden Seiten seines Schnurrbarts graue Bartstoppeln. Das Hemd hing ihm auf einer Seite aus dem Hosenbund, und seine Haare standen hinten ungekämmt in alle Richtungen.
Clay blickte auf die Salem Street hinaus, sah eine halbe Häuserzeile weiter westlich einen Hund, der etwas in der Schnauze trug, an einigen liegen gebliebenen Autos vorbeitrotten, konnte sonst aber keine Bewegung erkennen. In der Luft lag ein schwacher brandiger Rauchgeruch, der aus Boston oder Revere herüberzukommen schien. Vielleicht von beiden, aber wenigstens hatte der Wind sich gelegt. Er sah zu Tom auf.
»Nicht hier draußen«, sagte McCourt. Er sprach nur halblaut. »Hinter dem Haus. Ich bin in die Küche gegangen, um Kaffee zu kochen, bevor mir eingefallen ist, dass es, zumindest fürs Erste, keinen mehr gibt. Vielleicht hat es ja nichts zu bedeuten, aber . Mann, mir gefällt das gar nicht.«
»Schläft Alice noch?« Clay wühlte unter der Steppdecke nach seinen Socken.
»Ja, und das ist auch gut so. Vergessen Sie Schuhe und Socken, wir sind hier nicht im Ritz. Los!«
Er folgte Tom, der bequem aussehende Filzpantoffeln trug, durch den Hausflur in die Küche. Auf der Esstheke stand ein halb leeres Glas Eistee.
»Also, ohne Koffein komme ich morgens nicht in die Gänge«, sagte McCourt. »Deshalb habe ich mir ein Glas von diesem Zeug eingegossen - bedienen Sie sich übrigens, er ist noch immer kalt und schmeckt -, und dann habe ich den Vorhang über der Spüle aufgezogen. Ohne bestimmten Grund, ich wollte nur wieder Kontakt zur Außenwelt. Und draußen habe ich . Aber sehen Sie selbst hinaus.«
Clay spähte durch das Fenster über der Spüle. Hinter dem Haus lag eine hübsche kleine Klinkerterrasse, auf der ein Gasgrill stand. Jenseits der Terrasse begann Toms Garten: halb Rasen, halb Blumen- und Gemüsebeete. Hinten wurde er durch einen hohen Bretterzaun begrenzt, in den eine Tür eingelassen war. Die Zauntür stand offen. Der Riegel, der sie sonst geschlossen hielt, musste vorgeschoben gewesen sein, denn jetzt hing er schief herab und erinnerte Clay an ein gebrochenes Handgelenk. Er sagte sich, dass Tom auf dem Gasgrill hätte Kaffee kochen können, wäre der Mann nicht gewesen, der in seinem Garten neben etwas saß, das ein zur Dekoration dienender Schubkarren zu sein schien, das weiche Innere eines zerteilten Kürbisses aß und die Kerne ausspuckte. Er trug einen Mechanikeroverall und eine speckige Mütze mit dem verblassten Buchstaben B über dem Schirm. Auf der linken Brustseite des Overalls stand in ausgebleichter Schrift George. Clay konnte das schmatzende Geräusch hören, welches das Gesicht des Mannes jedes Mal machte, wenn es wieder in den Kürbis eintauchte.
»Scheiße«, sagte Clay leise. »Das ist einer von denen.« »Ja. Und wo einer ist, da sind auch andere.« »Hat er die Tür aufgebrochen, um reinzukommen?« »Natürlich hat er das«, sagte McCourt. »Ich habe ihn zwar nicht dabei beobachtet, aber als ich gestern weggefahren bin, war sie verriegelt, darauf können Sie sich verlassen. Ich habe nicht das allerbeste Verhältnis zu Scottoni, dem Kerl, der auf der anderen Seite des Zauns sein Haus hat. Er kann ›Typen wie mich‹ nicht leiden, wie er mir bei mehreren Gelegenheiten versichert hat.« Er machte eine Pause, dann sprach er gedämpft weiter. Da er zuvor nur halblaut gesprochen hatte, musste Clay sich jetzt zu ihm hinüberbeugen, um ihn verstehen zu können. »Wissen Sie, was verrückt ist? Ich kenne diesen Kerl da draußen. Er arbeitet bei Sonnys Texaco-Tankstelle im Zentrum von Malden. Das ist die einzige Tankstelle hier, die noch Reparaturen ausführt. Oder ausgeführt hat. Er hat mir einmal den Kühlwasserschlauch ersetzt. Hat mir erzählt, wie sein Bruder und er letztes Jahr einen Ausflug ins Yankee Stadium gemacht und miterlebt haben, wie Curt Schilling dort Big Unit besiegt hat. Hat einen ganz netten Eindruck gemacht. Aber sehen Sie ihn sich jetzt an! Sitzt in meinem Garten und frisst einen rohen Kürbis!«
»Was geht hier vor, Leute?«, fragte Alice auf einmal von hinten.
McCourt drehte sich um und
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