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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sind, aber fürs Erste .«
    »Fürs Erste wollen wir uns nur die Waffen holen«, sagte Clay. »Falls es dort welche zu holen gibt. Komm schon, Alice, bringen wir's hinter uns!«
    Sie starrte ihn sorgenvoll an. »Was ist falsch? Was habe ich übersehen? Du kannst's mir ruhig sagen, ich weiß, dass ich noch längst nicht erwachsen bin.«
    Geduldig - so geduldig, wie es Nerven zuließen, die sich wie übermäßig gespannte Gitarrensaiten anfühlten - sagte Clay: »Mit deinem Plan ist alles in Ordnung, Schatz. Ich will nur endlich los. Ich glaube sowieso nicht, dass wir jemanden sehen werden. Ich glaube, dazu ist's noch zu früh.«
    »Hoffentlich hast du Recht«, sagte sie. »Mein Haar sieht nämlich schrecklich aus, und von einem Nagel ist etwas Lack abgeplatzt.«
    Die beiden sahen sie einen Augenblick lang schweigend an, dann lachten sie. Danach sollten sie sich besser verstehen, und so blieb es bis zum Ende.

20
    »Nein«, sagte Alice. Sie machte würgende Geräusche. »Nein. Nein, ich kann nicht.« Ein lauteres Würgen. Dann: »Ich muss mich übergeben. Tut mir Leid.«
    Sie stürzte aus dem blendend hellen Licht der Sturmlaterne ins Dunkel des Wohnzimmers der Nickersons, das durch einen weiten gemauerten Bogen mit der Küche verbunden war. Clay hörte einen weichen Aufprall, mit dem sie auf dem Teppich auf die Knie fiel, dann folgte weiteres Würgen. Eine Pause, ein Keuchen, und schließlich übergab sie sich. Irgendwie war er erleichtert.
    »O Jesus«, sagte McCourt. Schaudernd holte er tief Luft und sprach dann mit einem zittrigen Ausatmen, das fast ein Heulen war: »O Jeeeeesus.«
    »Tom«, sagte Clay. Er sah, wie der kleine Mann im Stehen wankte, und begriff, dass er kurz davor war, in Ohnmacht zu fallen. Und wer konnte ihm das verübeln? Die blutigen Überreste vor ihnen waren seine Nachbarn gewesen.
    »Tom!« Er trat zwischen Tom und die beiden Leichen, die auf dem Küchenfußboden lagen, zwischen Tom und den größten Teil des verspritzten Bluts, das im unbarmherzigen weißen Licht der Sturmlaterne schwarz wie Tusche erschien. Mit der freien Hand schlug er Tom leicht auf die Wange. »Nicht umkippen!« Als erkennbar war, dass Tom wieder fest auf den Beinen stand, senkte er die Stimme etwas: »Geh nach nebenan und kümmre dich um Alice. Ich kümmere mich inzwischen um die Küche.«
    »Wozu willst du da reingehen?«, fragte Tom. »Das ist Beth Nickerson, und ihr Gehirn . ihr G-Gehirn ist überall .« Er schluckte. In seiner Kehle schnalzte es hörbar. »Der größte Teil vom Gesicht ist zwar weg, aber ich erkenne ihr blaues Trägerkleid mit den weißen Schneeflocken darauf. Und das dort auf dem Fußboden bei der Kochinsel ist Heidi. Die Tochter. Ich erkenne sie, obwohl sie ...« Er schüttelte den Kopf, wie um klarer denken zu können, dann wiederholte er die Frage. »Wozu willst du da rein?«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dort sehe, was wir hier holen wollen«, sagte Clay. Er staunte, wie ruhig seine Stimme klang.
    »In der Küche?«
    Tom versuchte an ihm vorbeizusehen, und Clay machte einen halben Schritt, um ihm die Sicht zu versperren. »Verlass dich auf mich. Du kümmerst dich um Alice. Sobald sie kann, macht ihr euch auf die Suche nach weiteren Waffen. Ruft, wenn ihr was findet. Und nehmt euch in Acht. Mr. Nickerson kann auch hier sein. Das heißt, wir können hoffen, dass er in der Arbeit war, als alles passiert ist, aber wie Alice' Dad so schön sagt ...«
    »Hoffen und harren hält manchen zum Narren«, sagte Tom. Er rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Schon kapiert.« Er wollte sich schon abwenden, machte dann aber noch einmal kehrt. »Mir ist's egal, wohin wir gehen, Clay, aber hier möchte ich nicht länger bleiben als unbedingt nötig. Ich habe Arnie und Beth Nickerson nicht gerade sehr nahe gestanden, aber sie waren meine Nachbarn. Und sie haben mich verdammt viel besser behandelt als dieser Idiot Scottoni von der anderen Seite.«
    »Verstanden.«
    Tom schaltete seine Taschenlampe ein und ging ins Wohnzimmer. Clay hörte, wie er murmelnd auf Alice einsprach und sie tröstete.
    Clay atmete tief durch, dann trat er mit hochgehaltener Sturmlaterne in die Küche und achtete darauf, die Blutlachen auf dem Dielenboden zu meiden. Das Blut war inzwischen angetrocknet, aber er wollte nicht mehr davon an seine Schuhe bekommen als unbedingt nötig.
    Das neben der Kochinsel auf dem Rücken liegende Mädchen war groß gewesen, aber ihre Zöpfe und die kantigen Linien ihre Körpers ließen auf ein

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