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Pulverfass Iran

Pulverfass Iran

Titel: Pulverfass Iran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kamran Safiarian
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Politisch eher passiv, hatte sich die Hojjatiye mit der herrschenden politischen Ordnung unter dem Schah arrangiert und eine offene Opposition zum damals herrschenden antiklerikalen Klima vermieden. Sie konzentrierte sich darauf, Schlüsselpositionen zu übernehmen und auf diese Weise das System langsam von innen zu islamisieren. Diese Strategie trug Früchte – bis zum Ausbruch der Islamischen Revolution. Denn die Hojjatiye war zwar islamistisch orientiert, aber nicht der Herrschaftsdoktrin Chomeinis zugetan. So verlor die quietistische Hojjatiye-Bewegung Anfang der 80er-Jahre an Bedeutung. Unter dem Revolutionsführer Chomeini war die Hojjatiye ins Abseits geraten. Die Abneigung des Revolutionsführers war nicht nur religiös begründet, denn die Hojjatiye lehnten zudem die Islamische Republik als Vorwegnahme des Werks des verborgenen Imams ab. Nur dem Mahdi, der als Fünfjähriger verschollen ging, stehe die Errichtung des „gerechten islamischen Staates“ zu. Nach dem Tod von Ajatollah Chomeini 1989 schlossen sich einige der Hojjatiye der islamischen Revolution an. Manche von ihnen bekleideten sogar hohe Ämter. Die zunehmende Akzeptanz der Hojjatiye kommt nicht von ungefähr. Ajatollah Chomeini hatte den Gläubigen nicht nur Heil im Jenseits versprochen, sondern auch das Glück im Diesseits. Nach mehr als 25 Jahren klerikaler Herrschaft im Iran kann aber von diesseitigem Glück keine Rede sein. Das einfache Volk, enttäuscht von der Herrschaft der Mullahs, wendet sich den Heilsversprechungen der traditionellen Schia zu. Auf dieser Welle wollen auch Ahmadinedschad und seine Hintermänner reiten. Der Präsident betont immer wieder, die Hauptaufgabe der Revolution |35| sei es, die Rückkehr des verborgenen Imam Mahdi vorzubereiten. Eigenmächtig beruft er Sitzungen ein, die man auf der Internetplattform YouTube sehen kann, und erklärt seine Vorstellungen einer Wiederkehr des verborgenen Imams. Er trifft konkrete Vorkehrungen und lässt Karten mit einer Route erstellen, auf der sich dieser Messias den Gläubigen wieder zeigen werde. Unter Exiliranern macht eine Anekdote die Runde, nach der Ahmadinedschad bei Sitzungen oder auch bei Essenseinladungen immer einen Stuhl neben sich freihält und ein zweites Glas Wasser bestellt. Auf die Frage, für wen der Stuhl und das Wasser bestimmt seien, antwortet der Präsident: „Für eine mögliche Rückkehr des zwölften Imams“. In solchen Augenblicken sollen selbst Ahmadinedschads Unterstützer den Kopf schütteln.
    Auch als Ahmadinedschad im September 2010 die üppigen Subventionen abbauen will, bemüht er die Theologie. Die Rückkehr des entrückten zwölften Imams, des schiitischen Messias, stehe bevor, verkündet er den Iranern und fügt hinzu, diesem allein gehöre das Öl und das Gas Irans. Daher dürfe es nicht verschwendet werden. Mit dem Verweis auf den Messias will Ahmadinedschad dem Volkszorn vorbeugen.
    Die größte Angst des Westens indes besteht darin, dass sich eine Atombombe in den Händen des iranischen Präsidenten befinden könnte, der diesen sektiererischen Gedanken verfallen ist. Denn es erscheint manchem möglich, dass der Präsident die Periode schrecklicher Kriege und gesellschaftlicher Dekadenz, nach der der Mahdi zurückkehren soll, am Ende selbst herbeiführen könnte – durch den Gebrauch der Atombombe.
    Der Weltmachtanspruch Ahmadinedschads
    Der Iran sei die zweite Weltmacht, sagte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad anlässlich eines Besuches bei den Vereinten Nationen im September 2010. Man brauche |36| zwar noch ein bisschen Zeit, um zur Großmacht USA aufzuschließen, doch man arbeite daran. Die USA seien unbestritten die globale Wirtschaftsmacht, sagte Ahmadinedschad. Sie seien aber damit gescheitert, das politische Weltgeschehen zu lenken, wie die Konflikte im Irak und in Afghanistan gezeigt hätten. Der Iran sei im Gegensatz zu den USA dazu in der Lage und erfreue sich zudem dank seiner „Politik des Friedens, der Freundschaft und Gerechtigkeit“ weltweiter Anerkennung. Ist das die Überschätzung, der Größenwahn eines Einzelnen oder muss man Ahmadinedschad ernst nehmen?
    Im Iran gab und gibt es schon immer ein hohes Kulturbewusstsein, das auch auf die vorislamische Geschichte des Landes wie die Kultur der persischen Völker insgesamt zurückgreift.
    Schon der Schah orientierte sich am Vorbild der persischen Großkönige Kyros und Dareios. 1971 hatte der „Schahinschah“ („König der Könige“), wie sein Titel

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