Pulverturm
leben.«
»Bedauerlicherweise ist in diesem Paradies ein Mann erstochen worden, am Montag zwischen achtzehn und einundzwanzig Uhr, Herr Pawlicek, und wir möchten von Ihnen wissen, wo Sie zu diesem Zeitpunkt waren, was Sie gemacht haben, und wer das unter Umständen bezeugen kann. Überlegen Sie also genau. Zeit haben wir genug.«
»So ein Mord ist eine schlimme Sache. Ich habe von diesem schrecklichen Ereignis in der Zeitung gelesen. Furchtbar. Ich verstehe auch, dass Sie Ihre Arbeit tun müssen. Aber aus welchem Grund verdächtigen Sie bitte mich. Das hat mir bisher noch niemand erklären können.«
»Vielleicht wird das im Laufe unseres Gespräches deutlicher. Wir waren beim Montagabend.«
»Soweit ich mich erinnere, habe ich einen ausgedehnten Spaziergang am See unternommen. Danach war ich wieder in meinem Hotelzimmer.«
»Und wo waren Sie spazieren?«
»Ich bitte Sie. Es ist das erste Mal, dass ich hier am Bodensee bin. Ich war im Hotel Bad Schachen, das können Sie überprüfen, und habe von dort aus Ausflüge gemacht. Die jeweiligen Ortsnamen sind mir nicht geläufig, und ich könnte da durchaus etwas durcheinanderbringen. Langenargen, Kressbronn, Wasserburg, Nonnenhorn … alles wunderschön, ruhig. Einfach fantastisch. Aber das Ufer sieht für einen Fremden an allen Orten irgendwie gleich aus. Bezaubernd. Aber ich kann Ihnen leider nichts Genaues sagen. Es tut mir wirklich leid.«
Die letzten Worte hatten etwas zu überheblich geklungen, wie er fand. Aber das ließ sich wieder korrigieren.
»Kennen Sie die Insel Lindau.«
»Sicher.«
»Die unterscheidet sich ja auch einigermaßen von anderen Orten am Bodenseeufer. Wann waren Sie während Ihres Aufenthalts auf der Insel Lindau?«
»Sicher mehr als einmal.«
»Schön. Waren Sie am Montagabend zwischen achtzehn und einundzwanzig Uhr auf der Insel?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
Conrad Schielin schaltete sich jetzt erstmals ein. Er holte eine Plastikfolie hervor, in der ein schmaler weißer Zettel gut sichtbar war.
»Diesen Zettel hier haben wir in Ihrem Jaguar gefunden. Er befand sich in einer Lederbrieftasche in Ihrem Ablagefach. Auf dieser Quittung werden wir Ihre Fingerabdrücke nachweisen.«
Josef Pawlicek versuchte, zu erkennen, was auf diesem Zettelchen geschrieben stand. Es war aber zu matt gedruckt. Außerdem spiegelte die Plastikfolie.
Schielin fuhr fort: »Es ist eine Quittung für den Parkplatz auf der hinteren Insel. Die Parkzeit begann zu laufen am Montag um siebzehn Uhr vier und endete um zwanzig Uhr achtundzwanzig. Langer Spaziergang.«
Josef Pawlicek hob die Hände. Sagen wollte er im Moment überhaupt nichts.
Die Blonde sprach weiter: »Wir haben die vollständigen Maßnahmen der Spurensicherung Ihres Wagens dokumentiert. Sie können sich das bei Gelegenheit gerne einmal ansehen. Die Quittung war nicht einfach in die Brieftasche eingelegt, sondern befand sich zusammen mit anderen Belegen in einem Plastikfach. Also der Wind hat Ihnen das Ding ganz sicher nicht ins Auto geweht.«
»Wo waren Sie denn sonst noch hier am Bodensee, Herr Pawlicek. Waren Sie auch mal woanders unterwegs. Im Hinterland vielleicht? Tettnang, Ravensburg, Markdorf, oder so? Das sind sozusagen uferlose Städte, die sollten leicht zu unterscheiden sein.«
»Ich habe Ausflüge gemacht. Das kann schon sein, dass ich da durch diese Orte gekommen bin.«
Conrad Schielin holte ein Notebook und stellte es auf den Tisch. »Ich möchte, dass Sie sich folgende Aufzeichnung ansehen.«
Josef Pawlicek verfolgte die etwas zuckenden Aufnahmen auf dem Bildschirm. Er erkannte sich wieder.
»Also in Ravensburg waren Sie ja ganz sicher. Allerdings schaut das hier überhaupt nicht nach Urlaub aus, sondern nach einer Observation. Schauen Sie, es ist so – wenn wir dem Richter diese Aufnahmen zeigen, ihm erklären, dass Sie sieben Minuten nach sechzehn Uhr das Parkhaus in Ravensburg verlassen haben, dass Sie Ottmar Kinker nach Lindau bis auf die Insel gefolgt sind, dort nachweislich auf der Hinteren Insel kurz nach siebzehn Uhr Ihr Auto abgestellt haben, dass Ottmar Kinker zwischen neunzehn und einundzwanzig Uhr am Pulverturm ermordet wurde, Sie den Parkplatz kurz vor halb neun verlassen haben – was glauben Sie, wird der Richter denken. Ganz zu schweigen von der Art und Weise, wie Sie Ottmar Kinker im Elektromarkt angesehen haben. Ihnen steht der Hass ja ins Gesicht geschrieben. Wie wäre es, wenn Sie Ihr Gedächtnis etwas bemühen würden.«
Josef Pawlicek blieb
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