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Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Kenntnis, Lydia blieb aus Höflichkeit dabei, und Kimmel war froh, endlich auch so ein Ding zu haben.

    Gommerts Finger hüpften über den Konfigurationsbildschirm, der sich touchen ließ. Man konnte zoomen, beschneiden, scannen, drucken, vervielfältigen, sogar Vorderund Rückseiten bedrucken lassen, was wirklich sinnvoll war, da es ja Papier sparte.
    Und das Ding war polyglott. Es kannte fast alle Sprachen dieser Welt. Gommert zeigte die Auswahl, und alle waren von der Vielfalt beeindruckt. Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Serbokroatisch und … Japanisch und Chinesisch. Wenzel glaubte es gar nicht und fragte: »Der kann wirklich Chinesisch?«
    »Ha jo«, antwortete Gommert stolz und touchte Chinesisch auf dem wunderbaren Konfigurationsbildschirm an. Alle sahen gebannt zu, wie sich die Darstellung der lateinischen Buchstaben augenblicklich veränderte und sich wunderbare chinesische Schriftzeichen über dem Display ausbreiteten. Es war faszinierend!
    Gommert hüpfte von einem Punkt zum anderen, und es war eine Freude, zu sehen, wie sich die grafischen Impressionen änderten. Das war fast schon eine Performance. Beeindruckend!
    Nach einer Weile des Spiels löste Kimmel die Runde auf, indem er sich verabschiedete. Zeichen für die anderen, nun wieder ihrer Arbeit nachzugehen.
    Gommert blieb alleine zurück, am neuen Drucker, noch ganz im Endorphinbad der gelungenen Präsentation. Das änderte sich schnell, als er versuchte, dem Drucker wieder Deutsch beizubringen. So schön chinesische Schriftzeichen auch waren, für jemanden, der nicht Chinesisch lesen konnte, blieb der Informationsgehalt von Hütchen, Strichchen, Kästchen und Pünktchen auf grauenvolle Weise verborgen.
    Es wäre nicht so schlimm gewesen, hätte Erich Gommert nicht während seines furiosen Spiels mit chinesischen Konfigurationseinstellungen dem Drucker das Drucken verleidet.
    Wenzel war der Erste, der es zu spüren bekam. Sein Ermittlungsbericht wurde zwar gedruckt. Allerdings verwendete das Hightechgerät für die DIN-A^Seite lediglich ein Sechzehntel des Blattes. Es war in der Tat sehr, sehr klein.
    Gommert – draußen im Gang – schwitzte bereits heftig. Er schaltete das Ding mehrfach aus und wieder ein, doch es wollte vom Chinesischen nicht mehr lassen.
    Es kam der Zeitpunkt, wo sich das Problem nicht mehr geheim halten ließ und bis zu Kimmel durchdrang. In Abständen bildeten sich kleine Gruppen vor dem Drucker, allesamt im ernsten Bemühen, den fremden Schriftzeichen eine erkennbare Bedeutung abzuringen. Es half alles nichts.
    Es war schließlich Wenzel, der eine realistische und umsetzbare Strategie entwickelte. Ein Chinese oder eine Chinesin musste her, so schnell wie möglich und gleich wie. Die chinesischen Restaurants der Stadt waren telefonisch nicht erreichbar, so wurde ein anderer, viel verwegenerer Weg beschritten. Die Streifen, die im Stadtgebiet unterwegs waren, wunderten sich zwar über den seltsamen Auftrag ihrer Kollegen von der Kripo, setzten diesen aber nach bestem Wissen und Gewissen um.
    So kam es, dass an diesem Freitagvormittag vier Japaner, drei Koreaner, ein Vietnamese, ein thailändisches Ehepaar und zwei Inder chinesischen Aussehens vor den Drucker der Kripo Lindau verschleppte wurden. Es waren sehr freundliche Menschen, die auf sehr freundliche Polizisten trafen. Sie zeigen sich alle sehr erfreut über den noch riechbar sehr neuen Drucker und lächelten höflich. Keiner sprach oder verstand Chinesisch.

    Gommert war nach außen hin still und wirkte in sich gekehrt. Allein, er war zu keinem vernünftigen Gedanken mehr fähig. Die anderen entzogen sich zusehends jeglicher Verantwortung, schließlich waren sie in schweren Ermittlungen gebunden.
    Das Auto von diesem Österreicher war durchsucht worden, und man hatte tatsächlich etwas gefunden. Kimmel war ganz aufgeregt mit der Nachricht in Schielins Büro geeilt und erwischte ihn noch, bevor der im Vernehmungszimmer verschwand, wo der Österreicher vernommen werden sollte.
    Funk telefonierte ständig mit irgendwelchen Leuten. Es ging um eine Firma, Häuser, Grundstücke und Wohnungen, wie Gommert wie von weit entfernt mitbekam, so, als sei er von allem Geschehen um ihn herum durch eine graue Nebelwand getrennt. Die Tür zu Kimmels Büro war geschlossen. Ein schlechtes Zeichen zwar, wenn auch im Moment kein großer Nachteil.
    Es war wieder Wenzel, dem Gommert leidtat und der seine Geheimwaffe hinzuzog. Die Neue von der Polizeiinspektion drüben,

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