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Pulverturm

Pulverturm

Titel: Pulverturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Spuren untersucht werden.
    Er hatte Marja kurz angerufen. Zu seiner Überraschung waren alle noch auf, als er ins Haus kam. Marja döste auf dem Sofa im Wohnzimmer. Laura und Lena lagen daneben und schliefen tief und fest. Es wunderte ihn, dass Albin Derdes nicht irgendwo in der Ecke saß, mit einer Flasche Birnenbrand.
    Sie hatten sich also Sorgen gemacht. Dabei hatte er völlig ohne Aufregung berichtet, dass er länger unterwegs sein werde, da sie wohl kurz vor einer Festnahme stünden. Aber die Tatsache, dass er mit seinem geliebten alten Passat und dem noch geliebteren Ronsard auf Verbrecherjagd ging, ließ sie eine dramatische Dimension erahnen, die es so nicht gegeben hatte. Dieser Pawlicek war sehr umgänglich, ja geradezu freundlich gewesen.

Eine Heirat
    Als er am nächsten Tag in den Hof der Lindauer Kripo einfuhr, sah er schon zwei in weiße Overalls gekleidete Gestalten, die sich am Fahrzeug von Pawlicek zu schaffen machten. Sie mussten sehr früh in Kempten losgefahren sein. Fast zeitgleich mit ihm kamen Kimmel, Funk und Gommert an. Lydia Naber war schon im Büro und unterhielt sich mit Wenzel, dem sie von den Ereignissen der letzten Nacht berichtete.

    Im Gebäude gegenüber saß Josef Pawlicek in seiner Zelle und frühstückte. Danach sollte er vernommen werden. So jedenfalls hatte man es ihm gesagt. Es gab frischen Kaffee im Pappbecher. Sie hatten ein paar Servietten dazugegeben, weil die Pappe zwar die Flüssigkeit, nicht jedoch die Hitze abhalten konnte. Die Croissants wie auch die Butterbrezn waren auf hohem, fast österreichischem Niveau, wie er fand. Die höfliche Behandlung überraschte ihn, und die Situation war ihm in keiner Weise unangenehm.
    Er hatte allerdings auch dazugelernt. Vor Jahren noch hätte er sich fürchterlich aufgeführt, wäre keiner Auseinandersetzung mit den Polizisten aus dem Wege gegangen und hätte provoziert, wo immer es ging, um seinem Ruf gerecht zu werden. Aber diese Zeiten waren vorbei. Die Kurse in Bad Aibling und Salzburg hatten ihm geholfen, sich sicherer außerhalb seines Milieus zu bewegen. Er zog sich danach anders an, vermied gewisse Worte und wusste über gutes Essen, Wein und Musik Bescheid.
    Er war gespannt, wie es weitergehen würde. Er tunkte das Croissant vorsichtig ein. Diese blonde Polizistin und ihr dunkelhaariger Kollege schienen zu wissen, was sie taten. Bisher war alles sehr koordiniert verlaufen, und er hätte gerne gewusst, was sie bereits wussten. Er würde schweigen, erst einmal abwarten und versuchen, zu erfahren, auf welchem Stand sie waren. Dann würde er Heinrich und Jelena anrufen.
    *
    Der Duft von frischem Kaffee durchzog auch die Dienststelle der Kripo, und die Polizistendroge zog alle wie magisch in die Seelenstube der Dienststelle. Heute roch es besonders aromatisch und kräftig, was daran lag, dass Lydia Naber dem Wasser ein, zwei Löffel mehr von dem schwarzen Pulver gönnte, was Gommerts schwäbische Genügsamkeit sonst nicht zuließ. Manchmal schob sie oder Wenzel heimlich noch ein, zwei Löffel nach, wenn er es nicht mitbekam.
    Schielin und Lydia berichteten von der vergangenen Nacht. Die anderen hörten gespannt zu.
    Funk fragte: »Es deutet ja alles ziemlich eindeutig auf diesen Pawlicek hin. Die Überwachungsaufnahme, seine Anwesenheit hier in Lindau zur Tatzeit und das, was Walther in Bregenz herausgefunden hat. Sollen wir überhaupt noch einen anderen Weg verfolgen, oder setzen wir voll auf Pawlicek?«
    Schielin wollte schon erwidern, dass Pawlicek ihr Mann sei. Doch Funk hatte die Formulierung Weg gewählt. Ihm fiel seine Wanderung mit Ronsard wieder ein. Da war er auch Spuren gefolgt, die scheinbar den rechten Weg wiesen, und war schließlich in einer Sackgasse gelandet. So hielt er kurz inne und überlegte.
    »Lydia und ich nehmen uns den Pawlicek vor. Ihr macht mit euren Spuren weiter wie bisher. Wir fahren weiterhin mehrgleisig.«
    Funk nickte zufrieden. Kimmel war etwas irritiert, sagte aber nichts. Er hätte alles auf Pawlicek angesetzt.

    Nach beendeter Morgenbesprechung versammelten sich alle im Gang, um von Gommert in das neue digitale Druckerwunderwerk eingewiesen zu werden. Es war beeindruckend, in welcher Geschwindigkeit und mit wie wenig Lärm das neue Teil die Seiten herausschmiss.
    Gommert war glücklich. Er zeigte die schier unendlichen Einstellungsmöglichkeiten, die so ein Gerät des einundzwanzigsten Jahrhunderts bot. Wenzel war völlig begeistert von dem Ding. Schielin und Funk nahmen es ohne Euphorie zur

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