Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)
Platz?«
Er zieht seine Bordkarte aus der Gesäßtasche seiner Jeans, in der Mitte geknickt und an einer Ecke eingerissen. »18 C.«
»Ich habe 18 A«, sagt sie und lächelt.
»Knapp daneben.«
Sie deutet mit dem Kopf auf seine Anzugtasche, die immer noch auf seiner Schulter liegt, vom Zeigefinger am Bügelhaken gehalten. »Fliegst du auch zu einer Hochzeit rüber?«
Er zögert, dann zuckt sein Kinn im halben Anflug eines Nickens nach oben.
»Genau wie ich«, sagt sie. »Wäre es nicht verrückt, wenn wir zu derselben gingen?«
»Sehr unwahrscheinlich«, sagt er und wirft ihr einen komischen Blick zu, worauf sie sich sofort blöd vorkommt. Natürlich ist es nicht dieselbe. Hoffentlich denkt er jetzt nicht, dass sie London für eine Art Provinznest hält, wo jeder jeden kennt. Hadley war noch nie außerhalb der USA, aber sie weiß schon, dass London riesig ist. Ihrer eingeschränkten Erfahrung nach ist London ein Ort, wo man jemanden komplett aus den Augen verlieren kann.
Der Junge sieht aus, als wollte er noch etwas sagen, dreht sich dann aber um und zeigt auf die Speisekarte. »Weißt du schon, was du möchtest?«
Weiß ich, was ich möchte? , denkt Hadley.
Sie möchte nach Hause.
Sie möchte, dass ihr Zuhause wieder so ist wie früher.
Sie möchte überallhin, nur nicht auf die Hochzeit ihres Vaters.
Sie möchte überall sein, nur nicht auf diesem Flughafen.
Sie möchte wissen, wie er heißt.
Nach einem kurzen Moment schaut sie zu ihm auf.
»Noch nicht«, sagt sie. »Ich überlege noch.«
3
19:32
EASTERN STANDARD TIME
00:32
GREENWICH MEAN TIME
Obwohl sie ihr Puten-Sandwich ohne Mayonnaise bestellt hat, sieht Hadley die weiße Soße an der Seite herausquellen, als sie das Tablett zu einem leeren Tisch trägt, und ihr Magen zieht sich bei dem Anblick zusammen. Sie wägt ab, ob sie es still leidend essen oder riskieren soll, wie eine Idiotin auszusehen, wenn sie das Zeug abkratzt, und entscheidet sich schließlich für die Idiotin und ignoriert die hochgezogenen Augenbrauen des Jungen, als sie ihre Mahlzeit wie ein biologisches Forschungsobjekt seziert. Mit krausgezogener Nase legt sie Salatblätter und Tomatenscheiben beiseite und befreit jedes Einzelteil von den klebrig weißen Klumpen.
»Wirklich saubere Arbeit«, sagt er, den Mund voller Roastbeef, und Hadley nickt sachlich.
»Ich habe eine Mayophobie, deshalb bin ich im Lauf der Jahre ganz gut darin geworden.«
»Du hast eine Mayo phobie?«
Wieder nickt sie. »Ist ganz oben auf meiner Liste, an dritter oder vierter Stelle.«
»Was ist denn auf den ersten Plätzen?«, fragt er grinsend. »Was kann denn wohl schlimmer sein als Mayonnaise?«
»Zahnärzte«, zählt sie auf. »Spinnen. Backöfen.«
»Backöfen? Dann bist du wohl keine große Köchin.«
»Und enge, geschlossene Räume«, sagt sie etwas leiser.
Er neigt den Kopf zur Seite. »Und was machst du dann im Flugzeug?«
Hadley zuckt die Achseln. »Auf die Zähne beißen und das Beste hoffen.«
»Keine schlechte Taktik«, sagt er lachend. »Funktioniert das?«
Sie antwortet nicht, weil sie ein kleiner Angstblitz durchzuckt. Wenn sie es eine Weile vergisst, ist es fast noch schlimmer, weil es unweigerlich mit größerer Heftigkeit wiederkommt, wie ein gestörter Bumerang.
»Na ja«, sagt der Junge und stützt die Ellbogen auf den Tisch. »Klaustrophobie ist nichts im Vergleich zu Mayophobie, und sieh mal, wie gut du damit fertigwirst.« Er deutet mit dem Kopf auf das Plastikmesser in ihrer Hand, das mit Mayonnaise und Brotkrümeln beschichtet ist. Hadley schenkt ihm ein dankbares Lächeln.
Beim Essen schweifen ihre Blicke zum Fernseher in der Ecke des Cafés, wo immer wieder die neusten Wettervorhersagen eingeblendet werden. Hadley versucht, sich auf ihren Teller zu konzentrieren, kann aber nicht anders als auch den Jungen gelegentlich unauffällig zu mustern, und jedes Mal macht ihr Magen einen kleinen Hüpfer, der gar nichts mit den Mayonnaiseresten zu tun hat, die immer noch in ihrem Sandwich hängen.
Sie hatte bisher nur einen richtigen Freund, Mitchell Kelly: sportlich, unkompliziert, endlos langweilig. Sie waren den größten Teil des letzten Jahres zusammen gewesen, und obwohl sie ihm sehr gern beim Fußball zugeschaut hatte (wie er ihr an der Außenlinie immer zuwinkte), obwohl sie sich immer gefreut hatte, ihm auf den Schulfluren zu begegnen (wie er sie immer hochgehoben hatte, wenn er sie umarmte), obwohl sie sich bei jeder einzelnen ihrer Freundinnen ausgeheult
Weitere Kostenlose Bücher