Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)
dieser hier ist zweifellos ein Anfang.
Es fängt an zu regnen, ein leichtes Nieseln, das sie von der Seite benetzt. Als sie den Kopf wieder hebt, sieht Hadley einen Tropfen auf Olivers Stirn landen und zur Nasenspitze laufen, und ohne nachzudenken, nimmt sie die Hand von seiner Schulter und wischt ihn weg.
»Wir sollten reingehen«, sagt sie, er nickt und nimmt ihre Hand. Er hat Tropfen auf den Wimpern und schaut sie an, als sei sie die Lösung eines Rätsels. Zusammen gehen sie hinein, ihr Kleid ist schon von Regentropfen gesprenkelt, sein Anzug an den Schultern eine Spur dunkler, und ihr Lächeln wirkt, als könnten sie es nicht mehr loswerden, wie einen lästigen Schluckauf.
An der Tür zum Ballsaal bleibt Hadley stehen und zupft an seiner Hand.
»Bist du sicher, dass dir jetzt nach einer Hochzeit ist?«
Oliver schaut ihr direkt in die Augen. »Den ganzen Flug hast du nicht begriffen, dass mein Vater gestorben war. Und weißt du, warum?«
Hadley weiß nicht recht, was sie darauf sagen soll.
»Weil ich mit dir zusammen war«, erklärt er. »In deiner Gegenwart fühle ich mich besser.«
»Das freut mich«, sagt sie und überrascht sich selbst, indem sie sich auf die Zehenspitzen stellt und seine kratzige Wange küsst.
Sie können die Musik schon durch die Tür hören, ehe sie die Flügel aufdrücken. Die meisten Tische sind inzwischen leer, alle sind auf der Tanzfläche und wiegen sich im Takt eines alten Liebeslieds. Wieder nimmt Oliver ihre Hand und führt sie durch das Gewirr von Tischen, vorbei an halb leer gegessenen Kuchentellern und klebrigen Champagnergläsern und leeren Kaffeetassen, bis sie in der Mitte des Saales angekommen sind.
Hadley schaut sich um, und es ist ihr gar nicht mehr peinlich, dass so viele Augenpaare auf ihr ruhen. Die Brautjungfern zeigen nicht gerade unauffällig mit den Fingern auf sie und kichern, und Violet zwinkert beim Tanzen über Montys Schulter, als wenn sie sagen wollte: Hab ich’s dir nicht gesagt?
Am anderen Ende der Tanzfläche sind Dad und Charlotte fast zum Stillstand gekommen, beide starren sie an. Doch als sie seinen Blick erwidert, lächelt Dad wissend, und Hadley muss ihn einfach anstrahlen.
Als Oliver ihr diesmal die Hand zum Tanz anbietet, zieht er sie eng an sich.
»Was ist denn mit deiner formvollendeten Tanzhaltung?«, fragt sie an seiner Schulter. »Tanzen nicht alle englischen Gentlemen so?«
Sie hört das Lächeln in seiner Stimme. »Mein Sommerforschungsprojekt dreht sich um verschiedene Tanzstile.«
»Soll das heißen, dass wir als Nächstes noch Tango tanzen?«
»Nur, wenn du dazu bereit bist.«
»Was ist denn nun wirklich dein Thema?«
Er neigt sich zurück und schaut sie an. »Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick.«
»Sehr witzig«, sagt sie. »Jetzt mal ehrlich.«
»Das meine ich ernst.«
»Ich glaub dir kein Wort.«
Er lacht und neigt dann seine Lippen dicht an ihr Ohr. »Menschen, die sich in Flughäfen begegnen, verlieben sich zu zweiundsiebzig Prozent häufiger als Menschen, die sich woanders kennenlernen.«
»Du bist so albern«, sagt sie und legt den Kopf auf seine Schulter. »Hat dir das eigentlich schon mal jemand gesagt?«
»Ja«, antwortet er lachend. »Du, um genau zu sein. Ungefähr tausend Mal heute.«
»Na, heute ist fast vorbei«, sagt Hadley mit einem Blick auf die golden eingefasste Uhr an der gegenüberliegenden Wand. »Nur noch vier Minuten bis Mitternacht.«
»Das heißt, wir haben uns vor vierundzwanzig Stunden kennengelernt.«
»Kommt mir viel länger vor.«
»Wusstest du, dass Menschen, die sich innerhalb von vierundzwanzig Stunden drei Mal bei verschiedenen Anlässen begegnen, sich mit achtundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit wieder begegnen werden?«
Diesmal versucht sie nicht, ihn zu korrigieren. Dieses eine Mal würde sie nur zu gern glauben, dass er Recht hat.
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Jennifer E. Smith wuchs in der Nähe von Chicago auf und studierte an der Colgate University. Sie hat bisher fünf Jugendbücher veröffentlicht, die in über 20 Sprachen übersetzt wurden. Heute lebt und arbeitet Jennifer E. Smith in New York City.
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