Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)
hatte, als er vor gerade mal vier Monaten mit ihr Schluss gemacht hatte, kommt ihr diese kurze Beziehung heute wie der offensichtlichste Fehlgriff der Welt vor.
Es scheint unmöglich, dass sie jemanden wie Mitchell mögen konnte, wenn es auf der Welt einen Typen wie diesen gab, groß und schlaksig, mit verwuscheltem, dunklem Haar und erschreckend grünen Augen, und mit einem kleinen Senfklecks am Kinn, die kleine Unvollkommenheit, die das ganze Gemälde erst richtig wirken lässt.
Ist es möglich, dass du gar nicht weißt, wer dein Typ ist – nicht mal weißt, dass du überhaupt einen Typ hast – bis du ihn ganz plötzlich vor dir siehst? , denkt Hadley.
Sie zerknüllt unterm Tisch ihre Serviette. Ihr fällt auf, dass sie ihn in Gedanken bloß »den Briten« nennt, also beugt sie sich endlich über den Tisch, verstreut die Krümel ihrer Sandwiches, und fragt ihn nach seinem Namen.
»Stimmt«, sagt er und blinzelt ihr zu. »Traditionell kommt der Teil wohl zuerst. Ich bin Oliver.«
»So wie Oliver Twist?«
»Wow«, sagt er grinsend. »Und da heißt es immer, Amerikaner seien Kulturbanausen.«
In gespieltem Ärger verengt sie die Augen zu Schlitzen. »Witzig.«
»Und du?«
»Hadley.«
»Hadley«, wiederholt er nickend. »Hübsch.«
Sie weiß, dass er bloß ihren Namen meint, ist aber dennoch unerklärlich geschmeichelt. Vielleicht liegt es an seinem Akzent, oder daran, wie er sie jetzt so interessiert anschaut, aber irgendwas hat er an sich, dass ihr Herz schneller schlägt, wie sonst nur bei einer Überraschung. Vielleicht ist es ja auch bloß das: das Überraschende an der Sache. Sie hat so viel Energie auf ihr Grausen vor dieser Reise verschwendet, dass sie überhaupt nicht mit der Möglichkeit gerechnet hat, es könne auch etwas Gutes, etwas Unerwartetes dabei herauskommen.
»Magst du deine Gurken nicht?«, fragt er und beugt sich vor. Hadley schüttelt den Kopf und schiebt ihm den Teller hin. Er isst sie mit zwei Bissen auf und lehnt sich wieder zurück. »Schon mal in London gewesen?«
»Noch nie«, sagt sie etwas zu energisch.
Er lacht. » So schlimm ist es auch nicht.«
»Nein, bestimmt nicht.« Sie beißt sich auf die Lippe. »Wohnst du da?«
»Ich komme von da.«
»Und wo lebst du jetzt?«
»Connecticut«, sagt er. »Ich studiere in Yale.«
Hadley kann ihre Überraschung nicht verbergen. »Ehrlich?«
»Wieso, findest du nicht, dass ich wie ein echter Yalie aussehe?«
»Nein, aber das ist so nah .«
»Nah an was?«
Das wollte sie gar nicht sagen, und sie spürt die Hitze in ihre Wangen steigen. »Zu meinem Zuhause«, sagt sie und fährt rasch fort: »Ich dachte bloß, bei deinem Akzent, dass du –«
»So ein Londoner Gassenjunge bist?«
Schnell schüttelt Hadley den Kopf, inzwischen total verlegen, aber er lacht.
»Ich mache nur Spaß«, sagt er. »Ich habe gerade mein erstes Studienjahr hinter mir.«
»Und wieso bist du in den Sommerferien nicht nach Hause geflogen?«
»Mir gefällt es hier drüben«, sagt er achselzuckend. »Außerdem habe ich so ein Ferien-Forschungsstipendium gekriegt, deswegen habe ich sozusagen Anwesenheitspflicht.«
»Was forschst du denn?«
»Ich untersuche den Fermentationsprozess von Mayonnaise.«
»Niemals«, lacht sie, und Oliver runzelt die Stirn.
»Doch, das stimmt«, sagt er. »Das ist eine sehr wichtige Arbeit. Wusstest du, dass vierundzwanzig Prozent aller Mayonnaiseprodukte in Wirklichkeit mit Vanilleeis versetzt sind?«
»Das klingt echt wichtig«, sagt sie. »Aber was studierst du tatsächlich?«
Ein Mann rempelt im Vorbeigehen heftig gegen Olivers Stuhllehne und hastet weiter, ohne sich zu entschuldigen. Oliver grinst. »Stau- und Überfüllungsmuster auf US-amerikanischen Flughäfen.«
»Du bist albern«, sagt Hadley kopfschüttelnd. Sie schaut in Richtung des belebten Ganges. »Aber wenn du was gegen diese Massen unternehmen könntest, hätte ich nichts dagegen. Ich hasse Flughäfen.«
»Echt?«, sagt Oliver. »Ich liebe sie.«
Einen Augenblick lang glaubt sie, er würde sie immer noch veralbern, doch dann merkt sie, dass er es ernst meint.
»Es gefällt mir, dass man weder hier noch dort ist. Und dass man auch nirgendwo anders sein soll, während man wartet. Man hängt irgendwie … in der Luft.«
»Schön und gut«, sagt sie und spielt mit dem Verschluss ihrer Getränkedose, »wenn bloß die Menschenmassen nicht wären.«
Er schaut über die Schulter. »So schlimm wie heute ist es nicht immer.«
»Für mich schon.« Sie
Weitere Kostenlose Bücher