Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)
versuchte sie sich zu beruhigen. Nichts half. Um sich abzulenken, stellte sie sich in der Schlange am Eingang an. Wenn sie schon so spät dran waren, konnte sie die Zeit im Zoo wenigstens etwas verlängern, indem Raffaella bereits die Karten kaufte.
Das Handy klingelte plötzlich. Keine Nummer wurde gesendet. ‘Doreens Akku war wahrscheinlich leer und sie hat sich eins von jemandem geliehen!’ Die Anspannung wich sichtlich von ihr.
Bereit, Doreen eine kleine Szene wegen der großen Angst zu machen, hob sie ab.
„Hallo?“
„Guten Tag, hier ist Mary Goodwin vom NYPD. Könnte ich mit Frau Bertani sprechen?“ Schon bei dem Klang dieser vier bekannten Buchstaben wich sämtliche Farbe aus Raffaellas Gesicht.
„Ich bin dran! Worum geht’s?“ Auf einmal produzierte ihr Körper viel mehr Spucke, als sie es hätte verarbeiten können. Sie schluckte.
„Wo sind Sie gerade? Können wir zu Ihnen?“
„Ich befinde mich am Eingang des Brooklyn-Zoos. Ich bin eine Psychologin im Dienste der Polizei. Falls Sie die Absicht haben, mich abzuholen, brauchen Sie es nicht tun. Meine Identifikationsdaten kann ich Ihnen weitergeben, wenn Sie sie wollen.“
Die Polizistin schwieg einen Moment, bevor sie fortfuhr. Doch sie schien Raffaella zu glauben. „Cassy Bertani, ein kleines Mädchen, befindet sich im Boerum Hospital Center. Man fand sie bewusstlos neben der Tasche einer Frau mit dem gleichen Nachnamen liegen. Sind Sie verwandt?“
Raffaella war plötzlich unfähig, einen einzigen Ton herauszubringen. ‘Cassy, bewusstlos, Tasche, Boerum Park’ waren die einzigen Wort, die bei ihr durchdrangen.
Die Polizistin wiederholte die Frage. „Sind Sie mit irgendjemandem davon verwandt?“
„Ähm...Ja...ähm...Ich bin die Mutter von Cassy und die Ehefrau von Doreen Bertani! Wie geht es meiner Tochter? Was ist mit meiner Frau?“
„Ihrer Tochter geht es gut. Sie bekam einen Schlag gegen den Kopf und fiel bewusstlos zu Boden. Es geschah auf dem Parkplatz vom Park. Neben Ihrer Tochter lag die Tasche Ihrer... ähm... Ehefrau. Mit dieser Handynummer. Im Park, wo vor Kurzem ein Kind entführt wurde, schließen wir keine Zusammenhänge aus. Während Ihr Kind zur Beobachtung im Hospital gehalten wird und keinerlei Erinnerung an den Vorfall zu haben scheint, durchforsten wir jeden Winkel des Parks – auf der Suche nach der Frau. Einer der Parkbesucher sah jemanden, der einen Rollstuhl schob, mit einer nicht ansprechbaren Person darauf. Wie gesagt, das ist alles, was wir zurzeit wissen.“ Es zahlte sich manchmal doch aus, mit Cops zu arbeiten. In welchem Beruf sonst bekam man noch sämtliche Informationen?
„Wo liegt meine Tochter?“
„Im Boerum Hospital Center. Sie wird im Moment von der Notaufnahme verlegt. Vielleicht melden Sie sich dort? Man wird Sie dann an die richtige Stelle verweisen! Frau Bertani, kann ich Ihnen irgendwie helfen? Vor Ort, bei Ihrer Tochter, befinden sich bereits mehrere Polizeibeamte.“
„Danke, nicht nötig! Ich bin gleich da!“, rief Raffaella verwirrt in den Hörer und machte sich auf den Weg zu ihrem Kind. Sie merkte nicht einmal, wie ihr die gerade gekauften Karten aus der Hand rutschten und sich auf dem Boden im schönsten Durcheinander verteilten.
Auf einen Schlag hörte ihre heile Welt einfach auf zu existieren!
*****
„Cassy Bertani war doch der Name?“ Die Krankenschwester am Empfang des Boerum Hospital Centers schaute Raffaella zerstreut an. „Ihre Tochter wurde bereits verlegt. Sie befindet sich auf Station 4, Raum 402. Folgen Sie bitte den Schildern!“
„Danke!“ Ell drehte sich energisch um und rannte den Korridor entlang. Die Beschilderung war tatsächlich selbsterklärend, daher fand sie das Zimmer ihrer Tochter auf Anhieb. Als sie leise die Tür aufschloss, schossen ihr die Tränen in die Augen.
Cassy lag auf einem für sie viel zu großen Bett. Ihr Brustkorb, der unter der weißen Decke versteckt war, hob und senkte sich als Zeichen dafür, dass sie schlief. Wie ein kleiner Engel sah sie aus. Ihre kastanienbraunen Locken bahnten sich einen Weg aus den Bandagen, die man ihr um den Kopf gewickelt hatte. Tröpfchenweise konnte man etwas Blut sehen.
‘Wer konnte meinem Kind so etwas antun?’, fragte sie sich und spürte eine unbändige Wut aufsteigen. Sie küsste ihr Kind sanft an einer freien Stelle auf der Stirn und nahm ihre warme, kleine Hand in die eigene. Die Tür fiel ganz leise ins
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