Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)
ihren Peiniger schnaufend rufen, als würde er etwas Schweres bewegen. Sie zuckte zusammen. Die Ereignisse der vergangenen Stunden überrannten sie, sodass sie drohte, darunter zu ersticken.
‘Doch nicht jetzt!’, befahl sie ihrem Körper, zu gehorchen und die aufsteigende Beklemmung zu unterdrücken. Sie musste jetzt jederzeit kampfbereit sein!
Soweit es ging, hob Doreen vorsichtig ihren Kopf. Ihre Handgelenke taten ihr sehr weh, weil sich das Plastik im Schlaf in die Haut hineingefressen hatte. Eng an ihren Rücken angelehnt lag Zoey und schlief. Mit den angewinkelten Beinen sah sie eher einem Embryo gleich als einer Frau, die dieser kranke Irre in ihr finden wollte.
Als es zu Doreen endlich durchgedrungen war, dass das Mädchen sie in der Nacht offenbar mit einer stinkenden Auflage zugedeckt hatte, kamen ihr Tränen der Rührung. Einen wunderbar erholsamen Schlaf wollte sie diesem verletzlichen Kind gönnen, doch sie wusste, dass sie es noch nicht durfte. So sanft, wie es nur ging, wisperte sie Zoeys Namen.
Die Kleine bewegte sich ein wenig. „Schatz! Zoey! Wach auf!“, flüsterte sie diesmal halblaut. Wie gern würde sie jetzt die Kleine zum Aufstehen sanft streicheln, wie sie es jeden Morgen bei ihrer Tochter tat. Doch ihre am Bett angebundenen Handgelenke schmerzten bereits bei der kleinsten Bewegung.
Das Mädchen streckte sich. Augenblicklich saß sie angsterfüllt auf dem Bett. Ihr gemeinsamer Entführer hatte sie offenbar schon erfolgreich zum Gehorsam trainiert. Als sie realisierte, dass keine Gefahr bestand, rieb sie sich kurz die Augen.
„Hör mal zu, Zoey! Wir werden es schaffen, hier wegzukommen! Ich verspreche es dir! Meine beste Freundin, Raffaella, sucht mit deinen Eltern bereits nach uns und wird nicht aufhören, bis sie uns beide gefunden hat!“ Sie verschwieg dem ohnehin schon verängstigten Kind, dass seine Mutter nach einem Nervenzusammenbruch in der Klinik lag. Sie mussten sich dringend motivieren, sonst waren sie beide verloren. Der imaginäre Duft von Ells Bettwäsche stieg aus der Erinnerung in ihre Nase. Es wirkte so betörend, dass sie neuen Mut fasste.
„Zoey, wenn er kommt, versuche ich ihn abzulenken. Du musst hier weglaufen und Hilfe holen! Egal, was er macht, du rennst, verstanden? Ohne dich umzudrehen, das musst du mir versprechen, Kleines! Ich werde allein mit ihm fertig! Du musst tun, was ich dir sage, dann wird alles gut, Zoey!“ Doreen fragte sich, ob ihre Stimme wenigstens das Kind überzeugen konnte. Trotz steigender Motivation war sie noch meilenweit von einer Hoffnung entfernt.
Noch ehe das Mädchen Doreens Worte nickend bestätigen konnte, ging die Tür mit einem Knall auf. Die Kleine zuckte am ganzen Körper zusammen, als hätte man sie gerade in diesem Moment geschlagen.
„Zoey, meine kleine Braut! Ich habe ein Geschenk für dich! Du bekommst an deinem wichtigsten Tag Besuch!“ Sein Grinsen wirkte verzerrt. „Meine Damen, was denkt ihr, was ich dort oben in der Wand installiert habe? Eine kleine Kamera, damit ich mich an eurem Anblick erfreuen kann. Soviel zur Privatsphäre!“
Sein früher recht gut aussehendes Gesicht verzog sich zu einer Fratze. „Zoey wird nirgendwohin wegrennen, Doreen! Sie bleibt bei mir, wie auch deine Raffaella - bis zum bitteren Schluss, meine Liebe!“ Eine böse Vorahnung ergriff Doreen bei der Erwähnung von Ells Namen, doch sie wollte nicht an das Schlimmste denken. Während ihr Peiniger das Kind in das andere Zimmer bugsierte, um es einzuschließen, kämpfte sie mit fatalen Befürchtungen, die sie geradewegs überfielen.
„Das musst du sehen, Doreen!“ Diesmal begleitete seine Stimme im Eingangsbereich ein klapperndes Geräusch, als würde er etwas Schweres die Treppe herunterrollen. Mit leisem Stöhnen hob sie erneut schwach ihren Kopf. Sie war bereit, alles zu ertragen, nur nicht das, was sie gleich zu sehen bekommen würde.
Auf dem klappernden Rollstuhl saß Raffaella, völlig reglos.
Das blanke Entsetzen, das sich in Doreens Augen abzeichnete, konnte nicht im Geringsten das Gefühl wiedergeben, das sie in ihrem Herzen empfand. Sie war unfähig, etwas zu sagen. Nicht mal zum Einatmen war sie gerade imstande.
Raffaellas Arme und Beine waren an den Rollstuhl gefesselt. Hinter ihrem Kopf stand eine Holzstange, an die ihr Kopf fixiert worden war, damit er nicht auf ihre so wundervolle Brust fiel. Ihr Blick war leer, wie bei einer Marionette.
Während
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